Verfahrensgang
LG Kaiserslautern (Urteil vom 23.05.2007) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 23. Mai 2007 im Strafausspruch aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Rz. 2
Der Strafausspruch hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Erwägung des Landgerichts, dass eine Strafe zu verhängen sei, die das „arithmetische Mittel von achteinhalb Jahren” maßvoll überschreite (UA 76), ist – wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift an den Senat vom 10. Oktober 2007 zutreffend ausgeführt hat – rechtlich bedenklich. Eine solche „mathematisierende” Berechnungsweise wird dem Vorgang der Strafzumessung grundsätzlich nicht gerecht (vgl. Senat, Beschluss vom 23. Juni 1998 – 4 StR 245/98; Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 46 Rdn. 115). Der Senat kann auch nicht ausschließen, dass hierauf der Strafausspruch beruht.
Rz. 3
Dem Antrag des Generalbundesanwalts, die Strafe gemäß § 354 Abs. 1 a Satz 2 StPO auf fünf Jahre sechs Monate Freiheitsstrafe herabzusetzen, vermag der Senat nicht zu folgen. In Ansehung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 354 Abs. 1 a StPO (Beschlüsse vom 14. Juni 2007 – 2 BvR 136, 1447/05 – NStZ 2007, 598 – und vom 14. August 2007 – 2 BvR 760/07 – StV 2007, 561) hätte der Senat auch Bedenken, dass § 354 Abs. 1 a Satz 2 StPO dem Revisionsgericht eine so weit reichende Befugnis zu eigener Sachentscheidung einräumt, wie sie dem bezifferten Antrag des Generalbundesanwalts zu Grunde liegt. Mit dieser Vorschrift wollte der Gesetzgeber ebenso wie mit Satz 1 der Vorschrift die Kompetenz des Revisionsgerichts bei Mängeln der Rechtsfolgeentscheidung behutsam erweitern (BTDrucks. 15/3482 S. 22). Eine eigene Sachentscheidung des Revisionsgerichts kommt dabei aber regelmäßig dann nicht in Betracht, wenn ihm die tatsächlichen Grundlagen für eine Strafzumessung fehlen (BVerfG StV 2007, 561). Gleiches muss grundsätzlich gelten, wenn dafür eine umfassende neue Gesamtabwägung mit eigener Gewichtung aller maßgeblichen Strafzumessungsgesichtspunkte erforderlich ist. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn – wie hier – der Strafzumessung im angefochtenen Urteil allgemein ein rechtsfehlerhafter Maßstab zu Grunde liegt. In einem solchen Fall hat das Revisionsgericht regelmäßig die gebotene Gesamtabwägung dem Tatrichter zu überlassen (vgl. BVerfG aaO).
Rz. 4
Der Senat verweist die Sache deshalb an den Tatrichter zurück, der über den Strafausspruch neu zu befinden hat. Die zugehörigen Feststellungen können bestehen bleiben, da der aufgezeigte Rechtsfehler allein in der Anwendung eines falschen Maßstabes für die Strafbemessung liegt. Ergänzende Feststellungen, die zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen, bleiben möglich.
Rz. 5
Der Senat ist durch den engeren Antrag des Generalbundesanwalts nicht gehindert, durch Beschluss wie geschehen zu entscheiden (vgl. Meyer-Goßner StPO 50. Aufl. § 354 Rdn. 29 m.N.).
Unterschriften
Tepperwien, Maatz, Kuckein, Solin-Stojanović, Sost-Scheible
Fundstellen
Haufe-Index 2553578 |
NStZ 2008, 233 |
StV 2008, 175 |