Verfahrensgang
LG Detmold (Urteil vom 26.06.2019; Aktenzeichen 31 Js 401/18 21 KLs 6/19) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten H. wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 26. Juni 2019 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit
- der Angeklagte im Fall II. 2. b. aa. (1) der Urteilsgründe wegen Betruges zu der Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt sowie gegen ihn die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 22.647 EUR angeordnet worden ist;
- über den Anrechnungsmaßstab für die im Ausland erlittene Freiheitsentziehung und eine dort etwa vollstreckte Geldstrafe nicht entschieden worden ist.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil, auch soweit es den Nichtrevidenten D. betrifft, im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 75.000 EUR dahin abgeändert, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen als Gesamtschuldner in Höhe von 45.000 EUR angeordnet wird; in Höhe von 30.000 EUR entfällt die Einziehung gegenüber dem Angeklagten und dem früheren Mitangeklagten D..
3. Im Umfang der Aufhebung (Ziff. 1) wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen Betruges in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Ferner hat es gegen ihn und die früheren Mitangeklagten D. und L. „die gesamtschuldnerische Einziehung von Wertersatz in Höhe von 75.000 EUR angeordnet”, darüber hinaus „die gesamtschuldnerische Einziehung von Wertersatz gegen die Angeklagten D. und H. in Höhe von 22.647 EUR”. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der nicht näher ausgeführten Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Betruges im Fall II. 2. b. aa. (1) der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil die Feststellungen des angefochtenen Urteils keinen auf eine mittäterschaftliche Begehung dieses Betruges mit dem früheren, insoweit bereits rechtskräftig verurteilten Mitangeklagten D. gerichteten Tatentschluss des Angeklagten ergeben.
Rz. 3
a) Nach den Feststellungen trat der frühere Mitangeklagte D. im „Februar/März 2018” mit der K. in Kontakt und spiegelte ihr vor, Mitarbeiter für seine Autoaufbereitungsfirma zu suchen. Er forderte sie am 8. März 2018 in Lü. auf, mit ihm nach B. zu fahren, um dort einen Arbeitsvertrag zu unterzeichnen. Zu diesem Zweck müsse jedoch ein Fahrzeug für die Fahrt von ihr angemietet werden. K. begab sich daraufhin gemeinsam mit D. zur Firma S. in Lü. und mietete dort einen Pkw BMW 320d im Wert von 22.647,06 EUR. Sie übergab D. die Schlüssel zu dem Fahrzeug; D. fuhr mit ihr sodann nach B. und übergab dort das Fahrzeug an den Angeklagten H.. Dieser verbrachte das Fahrzeug nach Serbien, wo es anschließend „von den dortigen Hintermännern” veräußert wurde.
Rz. 4
b) Diese rechtsfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Feststellungen ergeben in subjektiver Hinsicht keinen auf die gemeinschaftliche Begehung des (Anmiet–)Betruges mit D. gerichteten Tatentschluss des Angeklagten H.. Dies vermag der Senat auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht zu entnehmen; insbesondere in dem vom Landgericht der Schilderung der Einzelfälle vorangestellten Vorspann (II. 2. b. der Urteilsgründe) finden sich hierzu keine Anhaltspunkte. Allein der Umstand, dass der Angeklagte H. in B. das Fahrzeug übernommen hat, genügt nicht. Anders als in den beiden anderen, als mittäterschaftlich begangenen Betrug abgeurteilten Fällen hat der Angeklagte in diesem Fall auch keinen Tatbeitrag im Vorfeld der Anmietung des nach Serbien zu verbringenden Fahrzeugs geleistet.
Rz. 5
c) Von der Aufhebung der Verurteilung des Angeklagten im Fall II. 2. b. aa (1) erfasst werden der Schuldspruch, die insoweit verhängte Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten sowie die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 22.647 EUR (so der im Tenor genannte Betrag), soweit diese Maßnahme gegen ihn angeordnet ist.
Rz. 6
2. Rechtsfehlerhaft hat es das Landgericht unterlassen, entgegen § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB den Maßstab für die Anrechnung der in Serbien erlittenen Freiheitsentziehung und der dort – nach den eigenen Angaben des Angeklagten (III. 2. b. der Urteilsgründe) – von seinem Vater für ihn gezahlten Geldstrafe in Höhe von 4.500 EUR zu bestimmen. Insoweit hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 31. Oktober 2019 Folgendes ausgeführt:
„Der Strafausspruch ist insoweit rechtsfehlerhaft, als eine Entscheidung über die Anrechnung der in Serbien erlittenen Freiheitsentziehung und der in Serbien verhängten und vollstreckten Geldstrafe in Höhe von 4.500 Euro gemäß § 51 Abs. 3, Abs. 4 Satz 2 StGB unterblieben ist.
Die Kammer hat festgestellt, dass der Angeklagte wegen der Tat vom 18. Mai 2018 (Ziffer 4 der Anklage) in Serbien festgenommen wurde, dort sechs Monate in Untersuchungshaft verbrachte (UA SA Bd. III Bl. 644 RS) und mit einer ‚nach serbischem Recht verhängten Geldstrafe’ in Höhe von 4.500 Euro belegt wurde, die er bezahlte (UA SA Bd. III Bl. 649). Die Kammer hat das Verfahren bezüglich dieser Tat gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Die in Serbien erlittene Untersuchungshaft und die bezahlte Geldstrafe hat sie im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt, indem sie zum einen die gebildete Gesamtstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten im Wege des Härteausgleichs um drei Monate verringert (UA aaO) und zum anderen die schlechten Haftbedingungen in Serbien bei der Bemessung der Einzelstrafen zugunsten des Angeklagten gewertet hat (UA SA Bd. III Bl. 648 RS). Eine Entscheidung gemäß § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB hat sie nicht getroffen.
Die Vorgehensweise der Kammer hält rechtlicher Prüfung nicht stand, da gemäß § 51 Abs. 3, Abs. 4 Satz 2 StGB sowohl hinsichtlich der in Serbien erlittenen Untersuchungshaft als auch bezüglich der in Serbien verhängten und vollstreckten Geldstrafe eine Ermessensentscheidung über den Maßstab der Anrechnung zu treffen war. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine im Ausland vollstreckte Strafe auch dann gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 StGB auf eine inländische Strafe anzurechnen, wenn die ausländische Strafvollstreckung eine selbständige prozessuale Tat betrifft, die im Inland – etwa aus Opportunitätsgründen gemäß §§ 153c, 154 StPO – nicht abgeurteilt wird, aber Gegenstand des inländischen Verfahrens war (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Dezember 2016 – 3 StR 440/16, juris Rn. 4, und vom 19. Februar 1997 – 5 StR 33/97, NStZ 1997, 337; BGH, Urteil vom 22. Dezember 1987 – 1 StR 423/87, BGHSt 35, 172, 177; Theune in LK–StGB, 12. Aufl., § 51 Rn. 9, 12). Dies war vorliegend hinsichtlich der angeklagten Tat vom 18. Mai 2018 der Fall. Gemäß § 51 Abs. 3 Satz 2 StGB gilt Entsprechendes für die Anrechnung der im Ausland erlittenen Untersuchungshaft.
Der Angeklagte ist durch den Rechtsfehler auch beschwert, da der von der Kammer vorgenommene Härteausgleich in Höhe von drei Monaten Freiheitsstrafe und die Berücksichtigung der serbischen Haftbedingungen bei Bemessung der Einzelstrafen den Angeklagten nicht so stellt, wie es § 51 Abs. 3 StGB vorschreibt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Februar 1997 – 5 StR 33/97, NStZ 1997, 337). Darüber hinaus kann dem Urteil nicht entnommen werden, ob der Härteausgleich die Anrechnung nach § 51 Abs. 3 StGB ersetzen sollte oder aber der Vermeidung eines unbilligen Strafübels diente, das auf der Unmöglichkeit der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe beruhte (zur grundsätzlich möglichen Kumulation von Härteausgleich und Anrechnung gemäß § 51 Abs. 3 StGB bei ausländischen Strafen vgl. BGH, Beschluss vom 5. November 2014 – 1 StR 299/14, juris).
Mangels ausreichender Grundlage im Urteil kann die unterlassene Bestimmung des Anrechnungsmaßstabs nach § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB auch nicht gemäß § 354 Abs. 1 StPO durch das Revisionsgericht nachgeholt werden. Hinsichtlich der nach serbischem Recht ausgesprochenen Geldstrafe in Höhe von 4.500 Euro bedarf es unter anderem Feststellungen zur Frage, welcher Freiheitsstrafe diese Strafe nach serbischem Recht entspricht (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 1981 – 1 StR 648/81, BGHSt 30, 282).”
Dem tritt der Senat bei.
Rz. 7
3. Der Maßnahmenausspruch im angefochtenen Urteil bedarf weiterhin insoweit der Korrektur, als das Landgericht gegen den Angeklagten H. – in gesamtschuldnerischer Haftung mit den früheren Mitangeklagten D. und L. – die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 75.000 EUR angeordnet hat. Fehlerhaft ist in diesen Betrag auch der Wert des im Fall II. 2. b. ee. (1) der Urteilsgründe betrügerisch erlangten Fahrzeugs in Höhe von 30.000 EUR eingeflossen. In diesem Fall stellte der Angeklagte H. zwar der mit der Anmietung beauftragten … Sc. die hierfür notwendige Kaution zur Verfügung. Er übte jedoch zu keinem Zeitpunkt (Mit–)Verfügungsgewalt über das Fahrzeug aus, weil nach den getroffenen Feststellungen lediglich der frühere Mitangeklagte L. bei der Anmietung anwesend war und das Fahrzeug anschließend nach Serbien überführte. Insoweit fehlt es an der zumindest erforderlichen faktischen Mitverfügungsgewalt des Angeklagten (vgl. Fischer, StGB, 67. Aufl., § 73 Rn. 29 f. mwN).
Rz. 8
Die Höhe der angeordneten Einziehung des Wertes von Taterträgen ist daher um 30.000 EUR zu reduzieren; dies kann der Senat gemäß § 354 Abs. 1 StPO analog selbst aussprechen. Insoweit ist die Entscheidung auf den früheren Mitangeklagten D. zu erstrecken, da bei ihm der nämliche Rechtsfehler ebenfalls vorliegt (§ 357 Satz 1 StPO). In Höhe des Betrages von 30.000 EUR haftet der Angeklagte L. allein.
Rz. 9
4. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Unterschriften
Sost–Scheible, Cierniak, Bender, Quentin, Bartel
Fundstellen
Haufe-Index 13702213 |
StV 2020, 585 |