Leitsatz (amtlich)
Das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse des klagenden Wohnungseigentümers, der im Wege der Anfechtungs- und Beschlussersetzungsklage die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Verwalter erreichen will, bemisst sich nach seinem - im Zweifel nach Miteigentumsanteilen zu bestimmenden - Anteil an der Schadensersatzforderung; ebenso beschränkt sich das wirtschaftliche Interesse daran, eine Kostenmehrbelastung (hier durch die beschlossene Erhöhung einer Kostenobergrenze) zu verhindern, auf den Anteil des Wohnungseigentümers an den Mehrkosten.
Normenkette
EGZPO § 26 Nr. 8
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 10.03.2016; Aktenzeichen 1 S 22602/15 WEG) |
AG München (Entscheidung vom 27.11.2015; Aktenzeichen 481 C 11952/15 WEG) |
Tenor
Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des LG München I - 1. Zivilkammer - vom 10.3.2016 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 6.800 EUR.
Gründe
I.
Rz. 1
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Eigentümerversammlung vom 25.3.2013 wurde eine Kostenobergrenze für die Hausreinigung aller Treppenhäuser von 40.000 EUR beschlossen. Mit Wirkung zum 1.1.2014 schloss der Verwalter mit drei Reinigungsfirmen Dienstverträge über die Treppenhausreinigung ab, die Kosten von 46.800 EUR jährlich verursachen. In der Eigentümerversammlung vom 19.5.2015 wurde zu TOP 4 Antrag 1 beschlossen, die Kostenobergrenze rückwirkend zum 1.1.2014 auf 46.800 EUR anzuheben. Dagegen fand der zu TOP 4 gestellte Antrag 2, einen Rechtsanwalt damit zu beauftragen, Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter wegen der gegenüber der ursprünglich beschlossenen Kostenobergrenze eingetretenen jährlichen Mehrbelastung geltend zu machen und die Verpflichtung zum Ersatz weiterer Schäden feststellen zu lassen, keine Mehrheit.
Rz. 2
Gegen diese beiden Beschlüsse wendet sich die Klägerin mit der Anfechtungsklage. Zugleich will sie im Wege der Beschlussersetzung erreichen, dass der zweite Antrag zu TOP 4 beschlossen wird; hilfsweise verlangt sie die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zu dem insoweit beantragten Vorgehen. Das AG hat die Klage abgewiesen. Das LG hat die Berufung durch Beschluss zurückgewiesen. Gegen die damit verbundene Nichtzulassung der Revision richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin.
II.
Rz. 3
Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 EUR nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
Rz. 4
1. Der in wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren gem. § 49a GKG bestimmte Streitwert entspricht in der Regel nicht der für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels maßgeblichen Beschwer. Maßgebend ist das Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung des angefochtenen Urteils, das unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten ist (vgl. BGH, Beschl. v. 17.11.2016 - V ZR 86/16, WuM 2017, 62 f.; Beschl. v. 9.2.2012 - V ZB 211/11, ZWE 2012, 224 Rz. 4 m. w. N.). Um dem Revisionsgericht die Prüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung zu ermöglichen, muss der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen und glaubhaft machen, dass er mit der beabsichtigten Revision das Berufungsurteil in einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 EUR übersteigt, abändern lassen will (vgl. nur Senat, Beschl. v. 12.11.2014 - V ZR 59/14, juris Rz. 2 m. w. N.).
Rz. 5
2. Daran gemessen ist die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig. Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es nicht auf die Mehrbelastung aller Wohnungseigentümer bzw. auf die Gesamtforderung gegen den Verwalter an. Das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse des klagenden Wohnungseigentümers, der im Wege der Anfechtungs- und Beschlussersetzungsklage die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Verwalter erreichen will, bemisst sich vielmehr nach seinem - im Zweifel nach Miteigentumsanteilen zu bestimmenden - Anteil an der Schadensersatzforderung; ebenso beschränkt sich das wirtschaftliche Interesse daran, eine Kostenmehrbelastung (hier durch die beschlossene Erhöhung der Kostenobergrenze) zu verhindern, auf den Anteil des Wohnungseigentümers an den Mehrkosten. Die Höhe des jeweils auf sie entfallenden Anteils hat die Klägerin in ihrer Beschwerde nicht dargelegt; auch lässt sich die Höhe ihres Miteigentumsanteils weder der angefochtenen Entscheidung noch der Beschwerdebegründung entnehmen. Angesichts der Größe der Wohnungseigentümergemeinschaft (ausweislich des Protokolls der Eigentümerversammlung 351 Stimmen) dürfte im Übrigen auszuschließen sein, dass der klägerische Anteil insgesamt die Grenze von 20.000 EUR überschreitet, selbst wenn - wie die Klägerin meint - entsprechend § 9 ZPO ein Zeitraum von 3,5 Jahren und damit eine Gesamtforderung von 47.600 EUR (jeweils 23.800 EUR für die hinsichtlich TOP 4 Antrag 1 und TOP 4 Antrag 2 gestellten Klageanträge) zugrunde zu legen sein sollte.
III.
Rz. 6
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Bei der Festsetzung des Streitwerts gem. § 49a Abs. 1 GKG übernimmt der Senat die Schätzung der Vorinstanzen von jeweils 6.800 EUR für das Gesamtinteresse der Parteien an den hinsichtlich TOP 4 Antrag 1 und TOP 4 Antrag 2 gestellten Klageanträgen. Dieses ist aber jeweils nur zu 50 % zu berücksichtigen. Dass das Interesse der Klägerin über 6.800 EUR liegt bzw. ihr fünffaches Interesse diesen Betrag unterschreitet (§ 49a Abs. 1 Satz 2 GKG), kann der Senat mangels Bezifferung des klägerischen Kostenanteils nicht feststellen.
Fundstellen
Haufe-Index 10472749 |
NJW 2017, 2767 |
NJW 2017, 8 |
NJW-RR 2017, 913 |
NZM 2017, 529 |
ZMR 2017, 13 |
ZMR 2017, 905 |
ZfIR 2017, 258 |
JZ 2017, 323 |
MDR 2017, 13 |
MDR 2017, 637 |
WuM 2017, 237 |
NJW-Spezial 2017, 291 |
IWR 2017, 83 |