Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 11.06.2020; Aktenzeichen 1204 Js 58006/19 5 Ks 2/20) |
Tenor
Die Revisionen des Angeklagten und des Nebenklägers gegen das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 11. Juni 2020 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Eine wechselseitige Auslagenerstattung findet nicht statt (s. BGH, Beschluss vom 12. Mai 2004 – 5 StR 51/04 mwN).
Gründe
Zur Revision des Nebenklägers ist folgendes ergänzendes Bemerken veranlasst:
Der Senat neigt zu der Ansicht, dass eine (vollendete) gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht von einer (vollendeten) schweren Körperverletzung nach § 226 Abs. 1 StGB im Wege der Gesetzeskonkurrenz verdrängt wird (so aber BGH, Urteil vom 8. November 1966 – 1 StR 450/66, NJW 1967, 297, 298; ferner BGH, Urteil vom 7. Februar 1967 – 1 StR 640/66, BGHSt 21, 194, 195 mwN), sondern dass auch insoweit – entsprechend dem Verhältnis von § 224 Abs. 1 Nr. 4 und 5 StGB zu § 226 Abs. 1 StGB (s. BGH, Beschlüsse vom 21. Oktober 2008 – 3 StR 408/08, BGHSt 53, 23, 24; vom 17. Juni 2009 – 1 StR 241/09, juris; vom 26. November 2013 – 3 StR 301/13, NStZ 2014, 269) – Tateinheit (§ 52 StGB) besteht (ähnlich BGH, Beschluss vom 14. März 2017 – 4 StR 646/16, NStZ-RR 2017, 173 mit Hinweis auf „überzeugende Stimmen im Schrifttum”). Denn die Annahme von Gesetzeseinheit dürfte das spezifische Tatunrecht, das mit dem wissentlichen und willentlichen Einsatz einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs verbunden ist, nicht angemessen zum Ausdruck bringen. § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfasst als ein die Körperverletzung qualifizierendes konkretes Gefährdungsdelikt die Gefährlichkeit der Verwendung eines solchen Gegenstands im Einzelfall (s. BeckOK StGB/Eschelbach, Ed. 48, § 224 Rn. 6 f.). Da die schwere Folge im Sinne des § 226 Abs. 1 StGB nicht zwingend mit einem solchen Tatmittel verursacht worden sein muss, trägt die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung der Klarstellungsfunktion des Schuldspruchs Rechnung.
Allerdings kann hier im Ergebnis dahinstehen, ob sich die vom Landgericht vorgenommene konkurrenzrechtliche Beurteilung, die gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB trete hinter die schwere Körperverletzung nach § 226 Abs. 1 StGB zurück, als rechtsfehlerhaft zum Vorteil des Angeklagten erweist. Denn es hat ihn der tateinheitlich begangenen gefährlichen Körperverletzung schuldig gesprochen, weil er auch die in den Nummern 4 und 5 normierten Varianten des Qualifikationstatbestands verwirklichte. Das Hinzutreten weiterer Tatbestandsvarianten eines ohnehin abgeurteilten Delikts betrifft indes den Schuldumfang und daher den Strafausspruch (s. BGH, Beschluss vom 23. August 2011 – 1 StR 153/11, juris Rn. 52), auf dessen Rechtsfehlerhaftigkeit sich die Nachprüfung des Revisionsgerichts bei der Nebenklagerevision nicht erstreckt (s. BGH, Urteil vom 25. November 2010 – 3 StR 364/10, NStZ-RR 2011, 73, 74).
Unterschriften
Schäfer, Wimmer, Berg, Hoch, Erbguth
Fundstellen
Haufe-Index 14392408 |
NStZ-RR 2021, 138 |
NJW-Spezial 2021, 250 |
RÜ 2022, 513 |
StV 2022, 157 |