Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Beamten im Innenverhältnis. Abschließende Regelung in Beamtengesetzen. Rechtsweg Verwaltungsgerichte
Leitsatz (amtlich)
Die Vorschriften über die Schadensersatzansprüche des Dienstherrn nach den Beamtengesetzen regeln die Haftung des Beamten im Innenverhältnis abschließend und lassen den Rückgriff auf die Vorschriften des allgemeinen Rechts, insb. auch auf die deliktsrechtlichen Anspruchsgrundlagen des bürgerlichen Rechts nicht zu. Zur Entscheidung über diese Ansprüche sind gem. § 126 Abs. 2 BRRG bzw. § 54 Abs. 1 BeamtStG die VG berufen (im Anschluss an BVerwG NVwZ 1999, 77; 1996, 182).
Normenkette
GVG § 13; BRRG § 46 Abs. 1, § 126 Abs. 2; BeamtStG §§ 48, 54 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen OLG vom 31.7.2008 - 5 U 176/06 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Streitwert: 75.000 EUR
Gründe
[1] Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).
[2] Insbesondere macht die Beschwerde im Ergebnis zu Unrecht geltend, das Berufungsurteil sei bereits deshalb aufzuheben, weil die Vorinstanzen verfahrensfehlerhaft über die Zulässigkeit des Rechtswegs durch Endurteil und nicht gem. § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG im Vorabverfahren entschieden hätten.
[3] Allerdings ist die Annahme des Berufungsgerichts, der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten sei zulässig, der Sache nach unzutreffend. Für die Beurteilung, ob ein Rechtsstreit bürgerlich- oder öffentlich-rechtlichen Charakter hat, ist die wahre Natur des geltend gemachten Anspruchs maßgeblich, wie er sich nach dem Sachvortrag des Klägers darstellt, unabhängig davon, ob dieser eine zivil- oder öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage für einschlägig hält (z.B.: Senatsbeschlüsse BGHZ 162, 78, 80; v. 17.9.2008 - III ZB 19/08, WM 2008, 2153 Rz. 9 jew. m.w.N.). Deshalb ist es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts unbeachtlich, dass sich die Klägerin zur Begründung ihres Anspruchs auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 Abs. 1 StGB bezogen hat. Der Schadensersatzanspruch des Dienstherrn gegen einen Beamten ist nach der Rechtsprechung des BVerwG ausschließlich öffentlich-rechtlicher Natur. Die Vorschriften über die Schadensersatzansprüche des Dienstherrn nach den Beamtengesetzen (hier: § 44 Abs. 1 BbgLBG; s. auch die inhaltsgleichen § 46 Abs. 1 BRRG bzw. - seit 1.4.2009 - § 48 BeamtStG und § 75 Abs. 1 BBG in der ab dem 12.2.2009 geltenden Fassung = § 78 Abs. 1 BBG a.F.) regeln die Haftung des Beamten im Innenverhältnis abschließend und lassen den Rückgriff auf die Vorschriften des allgemeinen Rechts, insb. auch auf die deliktsrechtlichen Anspruchsgrundlagen des bürgerlichen Rechts, nicht zu (BVerwG NVwZ 1999, 77, 78 m.w.N. zu § 78 BBG a.F.; BVerwG NVwZ 1996, 182, 183 zu § 78 BBG a.F., § 34 ZDG und § 24 SG; so auch OVG Rheinland-Pfalz NVwZ-RR 2005, 477, 478; OVG Nordhein-Westfalen, Urt. v. 10.2.2000 - 12 A 739/97 - juris Rz. 6 zu den jeweiligen Landesbeamtengesetzen; s. ferner BVerwGE 52, 255, 256). Zur Entscheidung über diese Ansprüche sind die VG berufen (§ 126 Abs. 2 BRRG bzw. § 54 Abs. 1 BeamtStG).
[4] Indes ist die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs gem. § 17a Abs. 5 GVG nicht mehr zu prüfen. Diese Vorschrift käme zwar dann nicht zur Anwendung, wenn es die Vorinstanzen versäumt hätten, nach einer rechtzeitig erhobenen Rüge das nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG zwingende Vorabentscheidungsverfahren einzuleiten (z.B.: BGHZ 121, 367, 370 f.; 132, 245, 247; BGH, Beschl. v. 18.9.2008 - V ZB 40/08, NJW 2008, 3572, 3573 Rz. 12; Urt. v. 18.11.1998 - VIII ZR 269/97, NJW 1999, 651 jew. m.w.N.). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Für die Rüge nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG gilt § 282 Abs. 3 ZPO (BGHZ 121, 367, 369; BGH, Urt. v. 18.11.1998, a.a.O.; MünchKomm/ZPO/Zimmermann, 3. Aufl., § 17a Rz. 12; Musielak/Wittschier, ZPO, 6. Aufl., § 17a Rz. 12; Zöller/Lückemann, ZPO, 27. Aufl., § 17a Rz. 6). Der Beklagte hat - ebenso wie der frühere Beklagte zu 2) - Einwendungen gegen die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs nicht innerhalb der ihm gesetzten Klageerwiderungsfrist vorgebracht (§ 282 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Vielmehr hat er eine - zudem unklar gefasste - Rüge erst mehrere Monate nach Fristablauf erhoben, nachdem das LG auf Bedenken gegen seine Rechtswegzuständigkeit hingewiesen hatte.
[5] Das Unterlassen der rechtzeitigen Rüge führt zwar nicht zum Rügeverzicht nach § 295 ZPO. Jedoch muss das Gericht nicht mehr nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG zwingend vorab über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs entscheiden. Vielmehr greift Satz 1 dieser Bestimmung ein, wonach eine solche Entscheidung im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts liegt (MünchKomm/ZPO/Zimmermann und Musielak/Lückemann jew., a.a.O.).
[6] Da das LG das - ihm hiernach freigestellte - Vorabverfahren nicht eingeleitet hat, war bereits das OLG nicht mehr befugt, das landgerichtliche Urteil auf die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs hin zu überprüfen (§ 17a Abs. 5 GVG).
[7] Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gem. § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO ab.
Fundstellen
Haufe-Index 2160668 |
BGHR 2009, 723 |
EBE/BGH 2009 |
NVwZ 2009, 928 |
ZAP 2009, 670 |
DÖV 2009, 640 |
MDR 2009, 804 |
VersR 2010, 790 |
BayVBl. 2009, 737 |
KommJur 2009, 396 |