Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 12.12.2018; Aktenzeichen 200 Js 26951/17 10 Ks) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 12. Dezember 2018 dahin ergänzt, dass von der verhängten Jugendstrafe von zwei Jahren ein Monat Strafe als Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer als vollstreckt gilt.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Es wird davon abgesehen, dem Beschwerdeführer die Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens aufzuerlegen, er hat jedoch die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten bleibt aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 24. März 2020 im Wesentlichen ohne Erfolg; das Urteil war lediglich um eine Kompensation für einen Konventionsverstoß zu ergänzen.
Rz. 2
1. a) Nachdem das Landgericht die Zustellung der Revisionsbegründung an den Nebenklägervertreter am 29. März 2019 bewirkt und die Verfahrensakten der Staatsanwaltschaft Darmstadt am 9. April 2019 übersandt hatte, ist es zu einer Verletzung des Gebots zügiger Verfahrenserledigung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) gekommen. Bis zur Weiterleitung der Akten durch die Staatsanwaltschaft Darmstadt am 6. März 2020 an den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof ist das Revisionsverfahren des Angeklagten nicht sachgerecht gefördert worden. Die am 23. April 2019 von der Staatsanwaltschaft verfügte und in der Folge ausgeführte wiederholte Aktenversendung zur Einleitung der Vollstreckung gegen weitere Verurteilte ist kein sachlicher Grund, mit der Weiterleitung der Akten im Revisionsverfahren des Angeklagten zuzuwarten; vielmehr wären im erforderlichen Umfang Doppelakten anzulegen gewesen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2019 – 5 StR 578/19, juris Rn. 7; Urteil vom 6. März 2008 – 3 StR 376/07, juris Rn. 2).
Rz. 3
b) Der dargelegte Verfahrensgang hat nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist insgesamt zu einer Verfahrensverzögerung von etwa zehn Monaten geführt, die auf die Sachrüge hin von Amts wegen zu berücksichtigen ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2016 – 1 StR 617/16, juris Rn. 5; Beschluss vom 12. Februar 2015 – 4 StR 391/14, wistra 2015, 241 f.; Beschluss vom 16. Juni 2009 – 3 StR 173/09, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 20 mwN). Über die Kompensation kann der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1a Satz 2 StPO selbst entscheiden (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Juli 2013 – 2 StR 179/13, juris Rn. 2 mwN). Auf der Grundlage der Vollstreckungslösung (vgl. Senat, Urteil vom 13. November 2019 – 2 StR 217/19, juris Rn. 14 mwN) stellt der Senat fest, dass ein Monat der verhängten Jugendstrafe als Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer als vollstreckt gilt.
Rz. 4
2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 74, 109 Abs. 2 Satz 1 JGG und § 473 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 StPO. Der geringe Teilerfolg des Rechtsmittels lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten mit den gesamten Kosten des Nebenklägers zu belasten.
Unterschriften
Franke, Krehl, Zeng, Schmidt, Wenske
Fundstellen
Haufe-Index 13938060 |
NStZ-RR 2022, 165 |