Verfahrensgang
LG Lübeck (Urteil vom 19.12.2002) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 19. Dezember 2002 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten, die allgemein die Verletzung materiellen Rechts rügt und des näheren beanstandet, daß die Versagung der Strafaussetzung unzureichend begründet sei, zeigt keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf.
Es könnten allerdings Bedenken bestehen, die gemäß § 267 Abs. 4 Satz 3 StPO ergänzte Fassung des Urteils zur Grundlage der revisionsgerichtlichen Überprüfung zu machen. Die Ergänzung ist allem Anschein nach nicht innerhalb von fünf Wochen (§ 267 Abs. 4 Satz 3 i. V. m. § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO) nach Erlaß des Wiedereinsetzungsbeschlusses zu den Akten gelangt. Sie wäre mithin, wenn die Frist für die Ergänzung – entsprechend verbreiteter Auffassung (BayObLGSt 1979, 148; OLG Düsseldorf OLGSt Nr. 3 zu § 267 StPO; Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 267 Rdn. 144; Engelhardt in KK 5. Aufl. § 267 Rdn. 39; Meyer-Goßner, StPO 46. Aufl. § 276 Rdn. 30; Pfeiffer, StPO 4. Aufl. § 267 Rdn. 23) – mit diesem Ereignis zu laufen begänne, verspätet und könnte damit möglicherweise nicht berücksichtigt werden.
Solche Bedenken wären indes von vornherein unbegründet, wenn die Frist zur Ergänzung des Urteils nach § 267 Abs. 4 Satz 3 StPO erst dadurch in Gang gesetzt wird, daß die Akten nach Erlaß des Wiedereinsetzungsbeschlusses bei dem für die Urteilsergänzung zuständigen Gericht eingehen (so Rieß NStZ 1982, 441, 445 Fußnote 101; vgl. auch BGH NStZ-RR 2002, 261 für den Sonderfall der Urteilsergänzung nach festgestellter Unwirksamkeit der Revisionsrücknahme). Dieser Auffassung neigt der Senat zu. Denn die Annahme des Fristbeginns bereits mit dem Erlaß des Wiedereinsetzungsbeschlusses würde selbst für den Fall einer äußerst zügigen Rückleitung der Strafakten dazu führen, daß die Ergänzungsmöglichkeit, die das Gesetz gerade im Interesse der Vermeidung von Urteilsaufhebungen geschaffen hat, die als Folge der verspäteten Rechtsmitteleinlegung und der durch sie bedingten Urteilsabkürzung drohen, ohne sachlichen Grund beschränkt wird; Verzögerungen bei der Rücksendung der Akten und späte Kenntnis des Tatgerichts von der Wiedereinsetzung könnten sogar zur Folge haben, daß eine fristgerechte Ergänzung des Urteils von vornherein unmöglich wäre.
Die Frage des Fristbeginns für die Urteilsergänzung braucht hier indes – ebenso wie die Frage, ob das Vorliegen der Voraussetzung für eine Ergänzung der Urteilsgründe sowie die Rechtzeitigkeit der Ergänzung vom Revisionsgericht bereits auf die Sachrüge hin überprüft werden muß (vgl. OLG Köln VRS 1982, 460; vgl. auch BGH NJW 1955, 510) oder ob es hierzu einer Verfahrensrüge bedarf – nicht entschieden zu werden. Denn bereits die ursprüngliche, gemäß § 267 Abs. 4 Satz 1 StPO abgekürzte Fassung des Urteils hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Landgericht hat bei der Zumessung der Strafe ausdrücklich hervorgehoben, daß der Angeklagte eine zuvor erfolgte Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe nicht zum Anlaß genommen habe, sein Verhalten zu ändern. Die Entscheidung, dem Angeklagten die Strafaussetzung zur Bewährung zu versagen, bedurfte unter diesen Umständen keiner weiteren Begründung.
Unterschriften
Tolksdorf, Winkler, Pfister, von Lienen, Hubert
Fundstellen
Haufe-Index 2558855 |
NStZ 2004, 508 |
wistra 2004, 113 |