Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 02.05.2018) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Limburg an der Lahn vom 2. Mai 2018 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben
- im Fall II.2 der Urteilsgründe,
- im Ausspruch über die Gesamtstrafen.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Tatbestand
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls und versuchter Körperverletzung unter Einbeziehung von Geldstrafen aus zwei Strafbefehlen zu einer ersten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und wegen Diebstahls in zwei Fällen sowie Bedrohung zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es dessen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts.
Rz. 2
Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
I.
Rz. 3
1. Nach den Feststellungen zu Fall II.2 der Urteilsgründe wurde der Angeklagte, der zuvor das Fahrrad des Geschädigten H. entwendet hatte, von diesem angesprochen und aufgefordert, das Rad zurückzugeben. „Da der Angeklagte hierauf nicht reagierte, hielt der Zeuge H. das Fahrrad fest und zog daran. … Als der Angeklagte bemerkte, dass der Zeuge H. an dem Fahrrad zog, reagierte er verärgert und holte mit der linken Faust aus, in der Absicht, den Zeugen H. mit einem linken Haken im Gesicht zu treffen und ihm so Schmerzen zuzufügen. Der Zeuge H. erkannte dies jedoch rechtzeitig und wich dem Schlag des Angeklagten aus, so dass der Angeklagte ihn mit der Faust im Gesicht lediglich berührte, ohne dass der Geschädigte hierdurch Schmerzen oder Verletzungen erlitt. Den Zeugen H. und K. gelang es schließlich, das Fahrrad wieder an sich zu nehmen.”
Rz. 4
2. Das Landgericht hat den Angeklagten im Fall II.2 der Urteilsgründe wegen versuchter Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und insoweit ausgeführt: „Im Fall 2 scheidet ein Rücktritt des Angeklagten nach § 24 Abs. 1 StGB aus, da der Versuch zu dem Zeitpunkt, in dem der Angeklagte mit seiner Faust das Gesicht des Geschädigten H. berührte, bereits beendet war.”
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 5
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchter Körperverletzung hat keinen Bestand. Die Urteilsgründe weisen insoweit einen Erörterungsmangel auf, als sich aus ihnen nicht ergibt, ob der Angeklagte strafbefreiend zurückgetreten ist. Die Wertung des Landgerichts, es habe ein beendeter Versuch vorgelegen, ist nicht belegt. Das Urteil verhält sich nicht zur Vorstellung des Angeklagten nach dem Ende seiner letzten Ausführungshandlung (sog. Rücktrittshorizont, vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Mai 1993 – GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 227; vom 13. März 2018 – 4 StR 531/17, NStZ 2018, 468), insbesondere dazu, ob er davon ausging, er könne die von ihm beabsichtigte Verletzung des Geschädigten etwa durch weitere Faustschläge noch erreichen. Daher bleibt offen, ob der Versuch der Körperverletzung fehlgeschlagen, unbeendet oder beendet war. Dies durfte indes nicht dahinstehen, da im Fall eines unbeendeten Versuchs der Angeklagte gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 StGB bereits durch freiwilliges Abstandnehmen von weiteren Ausführungshandlungen vom Versuch der Körperverletzung strafbefreiend zurückgetreten wäre (vgl. Senat, Urteil vom 2. November 1994 – 2 StR 449/94, BGHSt 40, 304, 306).
Rz. 6
2. Bereits der Wegfall der für den Fall II.2 der Urteilsgründe festgesetzten Einzelstrafe entzieht der ersten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr die Grundlage. Aber auch die Verhängung der zweiten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat deshalb zwei gesonderte Gesamtstrafen gebildet, weil es die Geldstrafen aus zwei Strafbefehlen, denen es Zäsurwirkung beigemessen hat, gemäß § 55 StGB einbezogen hat.
Rz. 7
Angesichts der lückenhaften Feststellungen zu den beiden früheren Verurteilungen – hinsichtlich beider Strafbefehle wird der Vollstreckungsstand nicht mitgeteilt, bezüglich des Strafbefehls des Amtsgerichts Frankfurt am Main fehlt es an der Angabe des Tatdatums – vermag der Senat nicht zu prüfen, ob das Landgericht zu Recht die Voraussetzungen des § 55 StGB angenommen hat.
Rz. 8
3. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ist hingegen aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Unbeschadet der Teilaufhebung zu Fall II.2 der Urteilsgründe ist die Verhängung der Maßregel bereits aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung in den verbliebenen vier Fällen gerechtfertigt.
Unterschriften
Schäfer, Appl, Eschelbach, Bartel, Wimmer
Fundstellen
Dokument-Index HI12317305 |