Verfahrensgang
LG Neuruppin (Urteil vom 18.08.2020; Aktenzeichen 3414 Js 3527/19 11 KLs (1/19)) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten H. wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 18. August 2020, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben; hierüber ist eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 460, 462 StPO zu treffen, auch über die Kosten des Rechtsmittels.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unterlassener Hilfeleistung unter Einbeziehung zweier Vorstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
Der Ausspruch über die Gesamtstrafe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Antragsschrift ausgeführt:
„Die Strafkammer hat aus der Einzelfreiheitsstrafe für die verfahrensgegenständliche Tat und den zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung noch nicht erledigten Geldstrafen aus den Strafbefehlen des Amtsgerichts Perleberg vom 19. Oktober 2018, rechtskräftig seit dem 23. November 2018, und vom 16. Mai 2019, rechtskräftig seit dem 7. Juni 2019, eine nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe gebildet. Nach den Feststellungen wurden die den einbezogenen Geldstrafen zugrunde liegenden Taten am 19. Juni 2018 beziehungsweise am 25. November 2018 begangen. Damit bestand aber nur zwischen der vom Amtsgericht Perleberg für die Tat vom 19. Juni 2018 ausgeurteilten Geldstrafe und der hier vom Landgericht verhängten Freiheitsstrafe für die Anfang September 2017 begangene Tat eine Gesamtstrafenlage im Sinne von § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB; denn die unerledigte Vorverurteilung aus dem Strafbefehl vom 19. Oktober 2018 entfaltete – anders als die bereits vollstreckte Geldstrafe aus dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Perleberg vom 30. Januar 2018 – Zäsurwirkung dahin, dass die nach dieser Vorverurteilung verübte Tat vom 25. November 2018 nicht in eine Gesamtstrafe mit den von der Vorverurteilung erfassbaren Taten einfließen konnte und deshalb selbstständig bestehen bleiben musste (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1983 – 1 StR 148/83, BGHSt 32, 190, 193; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafverteidigung, 6. Aufl., Rdnr. 1244). Mit der Strafe aus der zweiten unerledigten Vorverurteilung vom 16. Mai 2019 hätte daher keine Gesamtstrafe gebildet werden dürfen. Angesichts der Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe ist der Angeklagte durch diesen Rechtsfehler auch beschwert.
Der Senat kann von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO Gebrauch machen, die neu zu treffende Entscheidung über den Gesamtstrafenausspruch dem Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO zuzuweisen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Oktober 2004 – 5 StR 430/04, NStZ 2005, 163; und vom 12. September 2019 – 4 StR 40/19 Rdnr. 14.”
Rz. 3
Der Senat schließt sich dem an und verfährt entsprechend.
Unterschriften
Sander, Schneider, Feilcke, Tiemann, Fritsche
Fundstellen
Dokument-Index HI14373112 |