Verfahrensgang
OLG Köln (Beschluss vom 18.07.2002) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Köln vom 18. Juli 2002 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die der Antragsgegnerin im Beschwerderechtszug entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I. Am 12. September 1997 wurde bei dem Antragsteller, der seit 1977 Rechtsanwalt und seit Februar 1984 Notar in E.-B. ist, durch die Antragsgegnerin eine Sonderprüfung seiner notariellen Amtsgeschäfte durchgeführt. Anlaß hierfür war eine telefonische Mitteilung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm, daß der Antragsteller Beurkundungen für den Firmenkreis der Sch.-G. vorgenommen habe. Die Sch.-G. – ein Geflecht aus einer Vielzahl von Gesellschaften und Personen – befaßte sich insbesondere im Gebiet der neuen Bundesländer mit dem Handel und der Vermarktung von Grundstücken sowie Bauleistungen; dabei ging sie in der Regel so vor, daß sie mittels zur Gruppe gehörender Gesellschaften größere Grundstücke kaufte und durch entsprechende Planung und Teilung in Einzelparzellen die Baureife herbeiführte, um sodann die einzelnen Parzellen an Enderwerber zu verkaufen. Dabei wurden teilweise Unternehmen oder Personen der Gruppe zwischengeschaltet, die dann gegenüber den Enderwerbern als Verkäufer auftraten. Im Rahmen dieser Geschäftstätigkeit übertrug die Sch.-G. die erforderlichen Beurkundungen häufig Notaren aus Nordrhein-Westfalen, die dann jeweils eine Vielzahl von solchen Urkundsgeschäften vornahmen; dabei kam es auch zu Amtspflichtverletzungen der beurkundenden Notare mit der Folge nicht unerheblicher Schäden für Vertragsbeteiligte, die durch die zuständige Notarkammer reguliert werden mußten.
Durch Verfügung vom 5. März 1998 leitete die Antragsgegnerin wegen der im Rahmen der Sonderprüfung bekannt gewordenen Sachverhalte gegen den Antragsteller disziplinarische Vorermittlungen ein und verhängte schließlich mit Disziplinarverfügung vom 23. Oktober 2000 eine Geldbuße von 10.000,00 DM gegen ihn; über die dagegen vom Antragsteller eingelegte Beschwerde ist noch nicht entschieden. In einem Bericht an den Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. März 1998 über die Einleitung der disziplinarischen Vorermittlungen gegen den Antragsteller regte die Antragsgegnerin u.a. an, die im Zusammenhang mit der Sonderprüfung ermittelten Personen und Gesellschaften des sog. Sch.-Komplexes in eine mit Verfügung vom 1. Oktober 1996 (Geschäfts-Nr. 38 36 1.26) übersandte Liste betreffend „Beurkundungen unter Beteiligung von Firmen und Einzelpersonen, die zur sog. Sch.-G. gehören oder mit dieser Gruppe in Verbindung stehen”, aufzunehmen.
Der Antragsteller, der die durchgeführte Sonderprüfung für rechtswidrig hält und sich in seiner Unabhängigkeit als Notar verletzt sieht, hat mit Schriftsatz vom 20. November 2000 beantragt, im gerichtlichen Verfahren nach § 111 BNotO festzustellen, daß die bei ihm durchgeführte Sonderprüfung rechtswidrig gewesen sei. Hilfsweise hat er die Feststellung begehrt, daß die Antragsgegnerin bei der Sonderprüfung die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens überschritten oder zumindest von ihrem Ermessen nicht in einer dem Ermächtigungszweck entsprechenden Weise Gebrauch gemacht habe. Ferner hat der Antragsteller beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm die Verfügung vom 1. Oktober 1996 (Geschäfts-Nr. 38 36 1. 26) samt einer dazugehörenden Liste zur Kenntnis zu geben. Das Oberlandesgericht hat die Anträge zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II. Die gemäß § 111 Abs. 4 BNotO i.V.m. § 42 Abs. 4 BRAO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Feststellungsbegehren
Das vom Antragsteller mit dem Antrag zu 1 einschließlich der beiden Hilfsanträge verfolgte Feststellungsbegehren ist – wie das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat – bereits unzulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist in dem Verfahren nach § 111 BNotO ein Feststellungsantrag, auch in Form eines Fortsetzungsfeststellungsantrags (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) grundsätzlich unstatthaft; eine Ausnahme gilt nur, wenn andernfalls die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG leerliefe (vgl. zuletzt Sen.Beschlüsse v. 20. Juli 1998 – NotZ 4/98, NJW-RR 1999, 208, 209, sowie NotZ 36/97, BGHR BNotO § 111 Abs. 1 Feststellungsantrag 7, jew. m.w.N.). Eine derartige Ausnahme hat der Senat dann bejaht, wenn ein Antragsteller sonst in seinen Rechten beeinträchtigt wäre und die begehrte Feststellung eine Rechtsfrage klären hilft, die sich der Landesjustizverwaltung künftig ebenso stellen wird. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Da es sich bei der Anordnung der Sonderprüfung um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 111 BNotO handelte, hätte der Antragsteller sie mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung anfechten können. Soweit aufgrund der in der Sonderprüfung festgestellten Sachverhalte disziplinarische Vorermittlungen eingeleitet wurden und anschließend durch die Disziplinarverfügung vom 23. Oktober 2000 eine Geldbuße verhängt wurde, standen dem Antragsteller die im Disziplinarverfahren gegebenen Rechtsbehelfe zur Verfügung, von denen er auch Gebrauch gemacht hat. Daher liegt hier schon keine Rechtsschutzlücke in bezug auf die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG vor.
Abgesehen davon würde die begehrte Feststellung aber auch keine Rechtsfrage klären helfen, die sich künftig ebenso stellen könnte. Ob für die bei dem Antragsteller auf der Grundlage des § 32 Abs. 1 DONot durchgeführte Sonderprüfung „besondere Gründe” vorgelegen haben, ist für die von den Landesjustizverwaltungen künftig bei derartigen Zwischenprüfungen zu beobachtende Praxis nicht mehr von Bedeutung; denn nach der jetzt geltenden Neuregelung des § 93 Abs. 1 Satz 2 BNotO sind Zwischenprüfungen und Stichproben ohne besonderen Anlaß zulässig.
Auf die Hilfserwägungen des Oberlandesgerichts, nach denen das Feststellungsbegehren jedenfalls unbegründet wäre, kommt es danach nicht mehr an.
2. Verpflichtungs- bzw. Leistungsbegehren
Das Oberlandesgericht hat auch mit Recht den Klageantrag zu 2 auf Information über die Verfügung vom 1. Oktober 1996 einschließlich einer dazugehörigen Liste abgewiesen. Dabei kann offenbleiben, ob der Antragsteller sein Begehren im Wege eines Verpflichtungs- oder eines allgemeinen Leistungsantrags verfolgen könnte und ob insbesondere für die letztgenannte Klageart überhaupt Raum im Rahmen des Verfahrens auf gerichtliche Entscheidung nach § 111 BNotO ist (vgl. dazu Sen.Beschl. v. 24. November 1997 – NotZ 10/97, NJW-RR 1998, 849). Denn der Antragsteller hat – wie das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat – kein anzuerkennendes Recht auf Kenntnisnahme vom Inhalt der Verfügung vom 1. Oktober 1996 und der dazugehörenden Liste.
Die Verfügung und die Liste, in der der Antragsteller nicht verzeichnet und die auch nicht Bestandteil der zu dem Antragsteller geführten Akten ist, stellt einen rein innerdienstlichen Vorgang der Dienstaufsichtsbehörden dar. Es ist kein Grund ersichtlich, dem Antragsteller allgemein oder im konkreten Fall der betreffenden Liste die Kriterien zur Kenntnis zu geben, die der Landesjustizverwaltung im Rahmen ihrer Verwaltungsübung Anlaß für eine Sonderprüfung geben. Sofern die Kriterien hierfür – die grundsätzlich keiner schriftlichen Fixierung bedürfen – gleichwohl von den Aufsichtsbehörden schriftlich niedergelegt werden, handelt es sich um einen innerbehördlichen Akt im Vorfeld der Willensbildung, der als Verwaltungsinternum einer Pflicht zur Bekanntgabe nach außen entzogen ist.
Mit Recht hat das Oberlandesgericht dem Informationsbegehren des Antragstellers auch nicht unter dem Blickwinkel eines Rechts auf Akteneinsicht entsprochen. Denn die fragliche Verfügung samt Liste ist schon nicht Bestandteil der die Sonderprüfung oder das Disziplinarverfahren gegen den Antragsteller betreffenden Akten.
Unterschriften
Rinne, Seiffert, Kurzwelly, Lintz, Eule
Fundstellen