Tenor
Der Senat hält an seiner Rechtsprechung zur zwingenden Anwendung von § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB im Jugendstrafrecht fest.
Tatbestand
I.
Rz. 1
Der 1. Strafsenat beabsichtigt zu entscheiden, dass im Jugendverfahren die Entscheidung über die Einziehung von Taterträgen nach § 73 Abs. 1 StGB und des Wertes von Taterträgen gemäß § 73c Satz 1 StGB im Ermessen des Tatgerichts steht (§ 8 Abs. 3 Satz 1 JGG). Er hat gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG bei dem 4. Strafsenat angefragt, ob dortige Rechtsprechung entgegensteht und ob gegebenenfalls an dieser festgehalten werde.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 2
Der beabsichtigten Entscheidung des 1. Strafsenats steht Rechtsprechung des 4. Strafsenats entgegen. So hat der Senat in einem Beschluss vom 15. Januar 2019 (4 StR 513/18) eine ohne Ermessensausübung gegen einen Heranwachsenden ergangene Einziehungsentscheidung nach § 73c StGB nF bestätigt und lediglich die Urteilsformel berichtigt. Darüber hinaus hat sich der Senat bereits in seinem Beschluss vom 17. Juni 2019 – 4 StR 62/19 Rn. 6 ff. im Rahmen eines obiter dictums zu dieser Rechtsfrage umfassend geäußert.
Rz. 3
Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest.
Rz. 4
1. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 17. Juni 2019 – 4 StR 62/19 Rn. 9 ff. ausgeführt hat, spricht der Wortlaut des § 8 Abs. 3 JGG – entgegen der Auffassung des anfragenden Senats – nicht dafür, dass die Anordnung der Einziehung von Taterträgen im Ermessen des Jugendgerichts steht. Der 5. Strafsenat hat sich dieser Argumentation ausdrücklich angeschlossen (vgl. Beschluss vom 6. Februar 2020 – 5 ARs 20/19 Rn. 16).
Rz. 5
2. Soweit von dem anfragenden Senat geltend gemacht wird, dass eine zwingende Anwendung der Einziehungsvorschriften nach §§ 73 ff. StGB das differenzierte und abgestufte Gesamtgefüge möglicher Rechtsfolgen im Jugendstrafrecht unterlaufe, weil dem Jugendrichter bereits in § 15 Abs. 1 Nr. 1 und 4 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 JGG die Möglichkeit gegeben worden sei, im Wege der Anordnung eines Zuchtmittels Gewinnabschöpfung zu betreiben, vermag dies die Annahme eines generellen Ermessensvorbehalts ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Dem Einwand, dass § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO insoweit kein ausreichendes Korrektiv bereitstellen würde, um Überforderungen des Jugendlichen zu vermeiden, vermag der Senat ebenfalls nicht zu folgen.
Rz. 6
Dabei hält der Senat auch insoweit an seinen Erwägungen fest, die er hierzu im Beschluss vom 17. Juni 2019 – 4 StR 62/19 Rn. 16 angestellt hat. Diese werden durch die Ausführungen des 5. Strafsenats in seinem Beschluss vom 6. Februar 2020 – 5 ARs 20/19 Rn. 18 bis 20 zur Gesetzgebungshistorie und dem vom Gesetzgeber bewusst belassenen Nebeneinander der verschiedenen Rechtsinstitute sowie Rn. 23 bis 25 zu § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO ergänzt, auf die der Senat ausdrücklich Bezug nimmt.
Rz. 7
3. Die zu der vom 1. Strafsenat aufgeworfenen Rechtsfrage zwischenzeitlich in der Literatur erfolgten Stellungnahmen (vgl. Kutschelis, NZWiSt 2019, 471; Beuckelmann, NJW-Spezial 2019, 504) geben keinen Anlass zu weiteren Ausführungen.
Unterschriften
Sost-Scheible, Roggenbuck, Quentin, RinBGH Dr. Bartel ist im Urlaub und daher gehindert zu unterschreiben., Sost-Scheible, Rommel
Fundstellen
Haufe-Index 13913574 |
NStZ-RR 2020, 261 |