Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für die Zulässung einer Rechtsbeschwerde in Höfesachen. Feststellung der Hofeigenschaft des im Grundbuch eingetragenen Grundbesitzes
Normenkette
HöfeV § 11 Abs. 1 a; LwVfG § 24 Abs. 1; BGB § 1376 Abs. 4
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 10. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 14. Dezember 1989 wird auf Kosten der Beteiligten zu 1 und 2, die dem Beteiligten zu 3 die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten haben, als unzulässig verworfen.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 234.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der am 19. Oktober 1987 verstorbene Landwirt Johannes Br. war Eigentümer bzw. Miteigentümer eines im Grundbuch mit Hofvermerk eingetragenen Grundbesitzes. Dieser Hof wurde zunächst von ihm und seiner Ehefrau Gertrud selbst bewirtschaftet, und zwar im Laufe der Jahre gegenständlich und inhaltlich in zunehmend geringer werdendem Umfang. Der Hof schrumpfte seit Anfang der 50er Jahre durch einzelne Landverkäufe von 95 ha auf 36 ha. Seit 1963 bis in die 70er Jahre wurden Zwangsversteigerungsvermerke eingetragen. Schließlich gab Johannes Br. 1975/76 die Eigenbewirtschaftung auf und verpachtete die wesentlichen noch verbliebenen Ländereien an vier verschiedene Pächter bei Vertragslaufzeiten bis 1991/92. Schon zum Zeitpunkt dieser Verpachtungen war das auf der Hofstelle stehende Wirtschaftsgebäude verfallen. Derzeit befindet sich hier neben diesem baufälligen Gebäude noch ein Wohnhaus, das der Beteiligte zu 3 bewohnt, soweit er nicht aus Gründen der Berufsausübung abwesend ist. Spätestens Anfang der 80er Jahre waren außer einem Traktor keine gebrauchsfähigen landwirtschaftlichen Maschinen mehr vorhanden.
Johannes Br. wurde von seiner Ehefrau Gertrud beerbt. Er hatte am 9. Mai 1985 ein notarielles Testament errichtet, mit dem er seine Ehefrau zur Erbin seines Nachlasses und des "in L. gelegenen Hofgrundbesitzes" zur Erbin berufen hatte. In Ziffer 1 Abs. 2 dieses Testaments ist weiter bestimmt:
"Für den Fall, daß es sich bei meinem Grundbesitz zum Zeitpunkt meines Todes nicht um einen Hof im Sinne der Höfeordnung handelt, soll meine Erbin berechtigt sein, den landwirtschaftlichen Betrieb über die Bestimmungen des Landgutes zum Ertragswert zu übernehmen."
Gertrud Br. verstarb am 17. November 1987. Gesetzliche Erben sind die drei ehelichen Kinder der verstorbenen Eheleute Br., nämlich die Beteiligten zu 1 bis 3. Diese streiten untereinander darum, ob der zum Nachlaß gehörende Grundbesitz zum Zeitpunkt des Ablebens ihrer Eltern noch ein Hof im Sinne der Höfeordnung war. Hintergrund dieses Streits ist das Bestreben des Beteiligten zu 3, des ältesten Kindes der Eheleute Br., durch ein (beantragtes) Hoffolgezeugnis als gesetzlicher Alleinerbe des hofzugehörigen Vermögens sowie als Miterbe zu 1/3 neben den Beteiligten zu 1 und 2 hinsichtlich des hoffreien Vermögens ausgewiesen zu werden. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind dem entgegengetreten. Sie haben beantragt, festzustellen, daß der Grundbesitz beim Tode der Witwe Br. geb. L. am 17. November 1987 kein Hof im Sinne der Höfeordnung gewesen ist und diese Feststellung auch für den Zeitpunkt des Todes des am 19. Oktober 1987 verstorbenen Johannes Br. gilt.
Das Landwirtschaftsgericht hat die begehrte Feststellung getroffen. Auf Beschwerde des Beteiligten zu 3 hat das Oberlandesgericht den Feststellungsantrag der Beteiligten zu 1 und 2 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 und 2, mit der sie ihren Feststellungsantrag weiterverfolgen.
II.
Das Oberlandesgericht hat festgestellt, daß der durch Hofvermerk gekennzeichnete Grundbesitz die Hofeigenschaft in der Folgezeit bis zum Tod der Eheleute Br. im Oktober und November 1987 nicht verloren habe, weil der potentielle Hoferbe - hier also der Beteiligte zu 3 - nach Maßgabe eines vorgelegten Privatgutachtens objektiv und subjektiv in der Lage sei, den Hof nach vorübergehender Teilverpachtung der Ländereien wieder zu einer Wirtschaftseinheit im Sinne des Höferechts zusammenzufügen und zu bewirtschaften.
III.
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
Es handelt sich um eine Höfesache (§ 11 Abs. 1 Buchst. a HöfeVfO), auf die die Vorschriften des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen (LwVG) anzuwenden sind (§ 1 Abs. 1 HöfeVfO). Da die Rechtsbeschwerde vom Oberlandesgericht nicht zugelassen ist (§ 24 Abs. 1 LwVG) und es sich auch nicht um die Unzulässigkeit der sofortigen Beschwerde handelt (§ 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG), wäre das Rechtsmittel nur zulässig, wenn das Beschwerdegericht von einer in der Rechtsbeschwerdebegründung angeführten Entscheidung eines der in § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG bezeichneten Gerichte oder des Bundesverfassungsgerichts abgewichen wäre und der angefochtene Beschluß auf der Abweichung beruhte. Eine Abweichung ist nur dann anzunehmen, wenn das Beschwerdegericht eine bestimmte Rechtsfrage abweichend von dem tragenden Rechtssatz einer solchen Vergleichsentscheidung beantwortet hat. Der Rechtsbeschwerdeführer muß in der Begründung der Abweichungsrechtsbeschwerde die von der angezogenen und von der angefochtenen Entscheidung verschieden beantwortete Rechtsfrage bezeichnen sowie weiter darlegen, inwieweit beide Entscheidungen die gleiche Rechtsfrage verschieden beantworten und daß die angefochtene Entscheidung auf dieser Abweichung beruht (vgl. BGHZ 89, 149, 151).
Diesen Anforderungen wird die Rechtsbeschwerde nicht gerecht.
Soweit sie auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Oktober 1984 (BVerfGE 67, 348 = AgrarR 1985, 12 ff) verweist, bezeichnet sie schon nicht die Rechtsfrage, die von der angezogenen und von der angefochtenen Entscheidung verschieden beantwortet sein soll.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist zu § 1376 Abs. 4 BGB ergangen. In diesem Beschluß wird ausgeführt, Sachverhalte, bei denen die Anwendung des § 1376 Abs. 4 BGB zu verfassungswidrigen Ergebnissen führe, seien etwa dann gegeben, wenn das landwirtschaftliche Vermögen nur noch aus Grund und Boden bestehe, der im Wege der Verpachtung wirtschaftlich genutzt werde, und wenn bei realistischer Betrachtungsweise keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, daß der Eigentümer oder seine Abkömmlinge den Hof in Zukunft wieder bewirtschaften könnten. Abgesehen davon, daß es hier nicht um die Anwendung von § 1376 Abs. 4 BGB geht, hat das Beschwerdegericht gerade unter Hinweis auf die genannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts solche Anhaltspunkte festgestellt und damit auch keinen von den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts abweichenden Rechtssatz aufgestellt.
2.
Ebensowenig bezeichnet die Rechtsbeschwerde die Rechtsfragen, die das Oberlandesgericht abweichend von den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 13. Mai 1982, W BLw 20/81 (BGHZ 84, 78 = AgrarR 1982, 245 ff) und vom 22. Oktober 1986, IVa ZR 76/85 (AgrarR 1987, 47) verschieden beantwortet haben soll. Das Oberlandesgericht bezieht sich ausdrücklich auch auf diese beiden Entscheidungen und hält sie für zutreffend.
3.
Die Ausführungen der Rechtsbeschwerde zielen im übrigen allein darauf ab, darzulegen, daß das Oberlandesgericht Verfahrensfehlerhaft und auch materiell zu Unrecht davon ausgegangen sei, der Beteiligte zu 3 könne den Grundbesitz wieder als landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaften. Sie zitiert in diesem Zusammenhang eine Reihe von Entscheidungen des Bundesgerichtshofes, des Bayerischen Obersten Landesgerichts, des Kammergerichts und des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main über die Pflicht im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes den Sachverhalt vollständig aufzuklären, und meint, das Oberlandesgericht habe gegen diesen Grundsatz verstoßen. Sie verkennt damit insgesamt den Zweck der Abweichungsrechtsbeschwerde, die Einheitlichkeit der Rechtsprechung (für die Zukunft) zu gewährleisten. Dieses Ziel wird durch eine fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall nicht gefährdet (vgl. Senatsbeschl. v. 7. Dezember 1977, V BLw 16/76, AgrarR 1978, 193, 195 m.w.N.). Den Rügen der Beteiligten zu 1 und 2 könnte der Senat nur nachgehen, wenn die Rechtsbeschwerde zulässig wäre. Das ist jedoch nicht der Fall.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 44, 45 LwVG.
Unterschriften
Hagen
Linden
Vogt
Fundstellen