Entscheidungsstichwort (Thema)
Mord
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 16. August 2000 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt.
Das Rechtsmittel führt auf die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils; einer Entscheidung über die Verfahrensbeschwerden bedarf es deshalb nicht. Der Senat bemerkt jedoch – auch im Hinblick auf die neue Hauptverhandlung –, daß das Landgericht den Antrag des Beschwerdeführers auf Einholung eines Gutachtens eines ethnologischen Sachverständigen rechtsfehlerfrei abgelehnt hat.
Die Verurteilung wegen Mordes hat keinen Bestand. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe seine Schwiegermutter zur Befriedigung seines Geschlechtstriebes getötet, wird durch die Urteilsfeststellungen nicht belegt.
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 12. März 2001 dazu ausgeführt:
„Zur Befriedigung des Geschlechtstriebs tötet, wer das Töten als ein Mittel zur geschlechtlichen Befriedigung benützt, wer im Augenblick des Entschlusses zur Tötung und der Tötungshandlung von sexuellen Motiven geleitet ist (vgl. Senatsentscheidung NStZ 1982, 464 Nr. 7). Gerät der Täter anlässlich einer aus sonstigen Gründen verübten Tötung in sexuelle Erregung, liegt es anders (vgl. BGHSt 2, 60, 62; Jähnke in LK, 10. Aufl. § 211 RdNr. 7). So kann es sich den Feststellungen zufolge im vorliegenden Fall verhalten haben. Hiernach ‚überkam den Angeklagten ein Bedürfnis nach sexueller Betätigung und Befriedigung’spätestens, nachdem er auf seine Schwiegermutter eingestochen und sie, nachdem die Klinge des mit Tötungsvorsatz mitgebrachten Messers abgebrochen war, durch Schlagen und Würgen die auf Seite 10 der Urteilsabschrift dargestellten Verletzungen erlitten hatte. Daß der Angeklagte mit den Tötungshandlungen zunächst aus anderen als sexuellen Motiven begonnen hat, wird durch die übrigen Urteilsausführungen, insbesondere auf Seite 20 UA, nicht ausgeschlossen, liegt unter Berücksichtigung der Vorgeschichte der Tat nicht einmal fern. Die Darlegungen auf Seite 20 UA scheinen im Übrigen vor allem zu bedeuten, dass denVergewaltigungshandlungen des Angeklagten eine sexuelle Motivation zugrundelag – und nicht etwa nur der Erniedrigung des Opfers und des Ausübens von Macht dienten –, somit dasdiesbezügliche Handeln des Angeklagten ‚primär sexuell motiviert war’. Zur Bewusstseinslage des Angeklagten hinsichtlich der Verknüpfung von Tötungs- und Vergewaltigungshandlung fehlt eine eindeutige, die Feststellungen auf Seite 10 UA widerlegende Aussage. Das Tatgeschehen ist entscheidend dadurch geprägt, daß der Angeklagte die maßgeblichen Ursachen für den Tod seiner Schwiegermutter gesetzt hat, bevor ihn ‚das Bedürfnis nach sexueller Betätigung und Befriedigung’ überkam. Von diesem Zeitpunkt an hat er lediglich dazu beigetragen, daß die gesetzten Ursachen fortwirken konnten und schließlich der Tod des Tatopfers eintrat.”
Dem schließt sich der Senat an. Die Sache bedarf neuer Verhandlung und Entscheidung durch den Tatrichter.
Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. StPO Gebrauch.
Unterschriften
Meyer-Goßner, Maatz, Kuckein, Athing, Solin-Stojanovi[cacute]
Fundstellen
Haufe-Index 604640 |
NStZ 2001, 598 |