Tenor
Die außerordentliche Beschwerde gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Köln vom 28. Dezember 2000 wird auf Kosten der Beteiligten zu 1, die den übrigen Beteiligten die außergerichtlichen Kosten dieses Verfahrens zu erstatten haben, als unzulässig verworfen.
Wert dieses Verfahrens: 8.000 DM
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die Wohnungseigentümer der im Rubrum genannten Wohnungseigentumsanlage, die aus 28 Wohnungen nebst einer Tiefgarage besteht und von der Beteiligten zu 3 verwaltet wird. Über der Dachgeschoßwohnung der Beteiligten zu 1 befindet sich ein Spitzboden, der weder in der Teilungserklärung bei ihrem Sondereigentum erwähnt noch im Aufteilungsplan gesondert ausgewiesen und auch nicht gesondert gekennzeichnet ist, und der ausschließlich von dieser Wohnung aus – und zwar ursprünglich nur mittels einer Leiter durch eine Luke/Klappe in der Decke – zugänglich ist. Im Jahr 1988 ließen die Beteiligten zu 1, ohne zuvor die Genehmigung des Verwalters oder der übrigen Wohnungseigentümer einzuholen, je ein Fenster in die Dachfläche der ersten und der zweiten Ebene des Spitzbodens einbauen. Die Wohnungseigentümerversammlung genehmigte im Jahr 1995 den Einbau nachträglich, wobei der Beschluß die Einschränkung enthielt, daß hieraus keine Folgerechte herzuleiten seien. Die Beteiligten zu 1 nutzten den Spitzboden als Abstellraum. In der Folgezeit nahmen sie, wiederum ohne Genehmigung des Verwalters oder der übrigen Wohnungseigentümer, im Spitzbodenbereich umfangreiche bauliche Veränderungen vor.
Mit ihrem in der Versammlung am 17. November 1997 mit Mehrheit gefaßten Beschluß forderten die übrigen Wohnungseigentümer die Beteiligten zu 1 zum Rückbau der ausgebauten Spitzbodenflächen in den ursprünglichen Zustand und sofortigen Unterlassung der Nutzung des Spitzbodens auf.
Auf Antrag der Beteiligten zu 1 hat das Amtsgericht den Eigentümerbeschluß insoweit für ungültig erklärt, als sich die Rückbauverpflichtung auf mehr beziehe als auf die Beseitigung der Heizkörper, der Dusche, der Toilette und des Waschbeckens einschließlich der jeweils dazu gehörenden Installationen, und die Unterlassungsverpflichtung sich auf mehr beziehe als auf die Unterlassung der Nutzung des Spitzbodens zu Wohnzwecken oder zu wohnungsähnlichen Zwecken. Das Landgericht hat auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 den Eigentümerbeschluß hinsichtlich der Aufforderung zum Rückbau und Nutzungsunterlassung für ungültig erklärt; dagegen haben die Beteiligten zu 2 weitere sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie in erster Linie die vollständige Zurückweisung des Antrags der Beteiligten zu 1 verfolgt haben. Dieses Rechtsmittel ist erfolgreich gewesen. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist der angefochtene Eigentümerbeschluß in vollem Umfang gültig, weil der Spitzboden gemäß § 1 Abs. 5 WEG im Gemeinschaftseigentum aller Wohnungseigentümer stehe und die von den Beteiligten zu 1 durchgeführten Baumaßnahmen zu Nachteilen für die übrigen Wohnungseigentümer im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG führen. Darauf, ob der Spitzboden von den Beteiligten zu 1 tatsächlich zu Wohnzwecken genutzt werde, komme es in diesem Zusammenhang nicht an; zulässig sei nur eine Nutzung als gemeinschaftlicher Abstellraum durch alle Wohnungseigentümer. Obwohl die Beteiligten zu 1 den Spitzboden faktisch allein als Abstellraum nutzen könnten, sei es ihnen rechtlich verwehrt, ihn wie Alleinberechtigte zu nutzen. Genau das werde ihnen bei verständiger Auslegung des Eigentümerbeschlusses untersagt. Die Aufforderung, ab sofort die Nutzung einzustellen, beinhalte nämlich nicht etwa die an die Beteiligten zu 1 gerichtete Weisung, jede Nutzung zu unterlassen, sondern nur die von ihnen für sich in Anspruch genommene alleinige Nutzung.
Dagegen richtet sich die außerordentliche Beschwerde der Beteiligten zu 1, mit der sie unter Abänderung des Beschlusses des Oberlandesgerichts die Zurückweisung der weiteren sofortigen Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts erreichen wollen. Sie machen geltend, der Beschluß des Oberlandesgerichts sei greifbar gesetzwidrig, weil er unter Verletzung des Rechts der Beteiligten zu 1 auf Gewährung rechtlichen Gehörs erlassen worden sei und in unzumutbarer Art und Weise in ihr Mitgebrauchsrecht nach § 13 Abs. 2 WEG eingreife; auch führe der komplette Rückbau des Spitzbodens zu einem bauordnungsrechtlich unzulässigen Zustand, nähme der Wohnung der Beteiligten zu 1 die Abgeschlossenheit gemäß § 3 Abs. 2 WEG und stelle einen schweren Eingriff in ihr Sondereigentum dar.
II.
Das Rechtsmittel ist nicht statthaft.
Vom Bundesgerichtshof wird in ständiger Rechtsprechung ein außerordentlicher Rechtsbehelf im Beschlußverfahren auch nach Abschluß des gesetzlichen Instanzenzuges in besonderen Ausnahmefällen als statthaft angesehen, wenn die angefochtene Entscheidung mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist, weil sie jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und dem Gesetz inhaltlich fremd ist (s. nur BGH, Beschl. v. 21. Mai 1997, I ZB 7/97, NJW-RR 1997, 1155 m.w.N.; Beschl. v. 28. Oktober 1998, VIII ZR 190/98, WM 1999, 559, 560 m.w.N.). Diese besonderen Voraussetzungen der sogenannten greifbaren Gesetzwidrigkeit liegen hier jedoch nicht vor.
1. Ob dadurch, daß das Rechtsbeschwerdegericht vor Erlaß seines Beschlusses vom 28. Dezember 2000 den Beteiligten zu 1 nicht förmlich Gelegenheit zur Stellungnahme auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegeben hat, das Gericht gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen hat, kann offen bleiben. Denn eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör reicht für eine „greifbare Gesetzwidrigkeit” regelmäßig nicht aus, so daß unter diesem Gesichtspunkt ein weiterer Rechtszug nicht eröffnet ist (BGH, Beschl. v. 28. Oktober 1998, aaO).
2. Auch kann keine Rede davon sein, daß die angefochtene Entscheidung inhaltlich greifbar gesetzwidrig ist.
a) Das Rechtsbeschwerdegericht stützt seine Auffassung, daß ein Nachteil im Sinne des § 14 Abs. 1 WEG für die übrigen nicht an der Nutzung partizipierenden Wohnungseigentümer regelmäßig dann anzunehmen sei, wenn durch den Ausbau von Dachbodenräumen zu Wohnzwecken eine intensivere Nutzungsmöglichkeit geschaffen wurde, ebenso auf die obergerichtliche Rechtsprechung wie seine weitere Ansicht, daß es nach solchen Ausbaumaßnahmen auf die tatsächliche Nutzung nicht mehr ankomme. Damit folgt es der herrschenden Meinung, ohne – wie die Beteiligten zu 1 jedoch geltend machen – seiner Entscheidung insoweit einen unzutreffenden Sachverhalt zugrunde zu legen, denn es läßt hier die Art und Weise der Nutzung des Spitzbodens durch die Beteiligten zu 1 offen. Das schließt von vornherein die Annahme aus, daß seine Auffassungen jeder rechtlichen Grundlage entbehren und mit der Rechtsordnung schlechthin unvereinbar sind.
b) Weiter geht das Rechtsbeschwerdegericht davon aus, daß die Beteiligten zu 2 von den Beteiligten zu 1 nach § 15 Abs. 3 WEG eine Nutzung des Spitzbodens ausschließlich als Abstellraum verlangen können. Damit zieht es die zutreffende rechtliche Konsequenz aus seinen vorherigen Überlegungen.
c) Schließlich entbehrt auch die Auslegung des Eigentümerbeschlusses durch das Rechtsbeschwerdegericht nicht jeder rechtlichen Grundlage. Denn zum einen durfte es den Beschluß selbst auslegen (vgl. Senat, Beschl. v. 10. September 1998, V ZB 11/98, NZM 1998, 955, 956); zum anderen entspricht das Auslegungsergebnis der geltenden Rechtsordnung, weil danach der Eigentümerbeschluß den Mitgebrauch des Spitzbodens entsprechend § 13 Abs. 2 Satz 1 WEG regelt (vgl. BayObLGZ 2001, Nr. 8).
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 47 WEG, § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG, §§ 131 Abs. 2, 30 KostO.
Unterschriften
Wenzel, Lambert-Lang, Tropf, Lemke, Gaier
Fundstellen
Haufe-Index 599912 |
NJW-RR 2001, 1016 |
NZM 2001, 623 |
ZfIR 2001, 563 |
IPuR 2001, 54 |