Leitsatz (amtlich)
Zur Berechnung des ausgleichspflichtigen Ehezeitanteils der Versorgung eines Wahlbeamten.
Normenkette
BGB § 1587a Abs. 2 Nr. 1 S. 2
Verfahrensgang
OLG Hamm (Beschluss vom 08.07.1991) |
AG Gelsenkirchen |
Tenor
Auf die weiteren Beschwerden des Antragstellers und der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluß des 8. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 8. Juli 1991 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 1.000 DM.
Tatbestand
I.
Der am 26. Februar 1950 geborene Ehemann (Antragsteller) und die am 31. Juli 1950 geborene Ehefrau (Antragsgegnerin) haben am 14. April 1978 die Ehe geschlossen, aus der zwei Kinder hervorgegangen sind. Der Scheidungsantrag ist der Ehefrau am 3. Januar 1989 zugestellt worden.
Während der Ehezeit vom 1. April 1978 bis 31. Dezember 1988 (§ 1587 Abs. 2 BGB) hat die Ehefrau gesetzliche Rentenanwartschaften erworben, die nach den Grundsätzen des alten Rentenrechts bisher mit monatlich 83,60 DM angenommen worden sind. Der Ehemann war im Anschluß an den Referendardienst im Bundesministerium des Inneren und in der Kommunalverwaltung tätig und war zuletzt vom 1. März 1984 bis 28. Februar 1990 als Wahlbeamter auf Zeit Bürgermeister der Stadt B. (weitere Beteiligte zu 1). Aus seiner bisherigen Tätigkeit hat er in der Ehezeit Versorgungsanwartschaften aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis erworben. Seit seinem Ausscheiden als Wahlbeamter ist er freiberuflich als Rechtsanwalt tätig.
Das Amtsgericht hat durch Verbundurteil vom 20. September 1990 die Ehe vorab geschieden. Bei der nachfolgenden Regelung des Versorgungsausgleichs ist es von einer ehezeitanteiligen Beamtenversorgung des Ehemannes in Höhe von monatlich 2.454,85 DM ausgegangen, die auf der Grundlage einer bis zum Ende der Wahlperiode (28. Februar 1990) währenden Gesamtzeit berechnet worden ist. Für die Ehefrau hat es einen hälftigen Ausgleichsbetrag in Höhe von monatlich (2.454,85 DM – 83,60 DM): 2 = 1.185,63 DM angenommen. Wegen der Überschreitung des für die Ehefrau zulässigen Höchstbetrags von monatlich 801,20 DM hat es im Wege des Quasi-Splittings zu Lasten der Beamtenversorgung des Ehemannes für die Ehefrau gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 717,60 DM begründet. Den Rest hat es dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten.
In ihren dagegen gerichteten Beschwerden haben der Ehemann und die Stadt B. die Ansicht vertreten, der Ehezeitanteil der Beamtenversorgung des Ehemannes sei mittels einer bis zur allgemeinen Altersgrenze von 65 Jahren hochgerechneten Gesamtzeit zu errechnen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerden zurückgewiesen. Mit der zugelassenen weiteren Beschwerde verfolgen der Ehemann und die Stadt ihr jeweiliges Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerden haben in der Sache keinen Erfolg, führen aber wegen der zwischenzeitlich in Kraft getretenen Rentenreform zu einer Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
1. Die Beschwerdeführer begründen ihre Auffassung, die Gesamtzeit im Sinne von § 1587a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 BGB müsse auch bei Beamten auf Zeit, wie hier einem Wahlbeamten, an der allgemeinen Altersgrenze für Beamte ausgerichtet werden, im wesentlichen damit, daß der Wortlaut des Gesetzes keine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Beamtengruppen enthalte. Außerdem sei eine Wiederwahl oder eine spätere erneute Berufung in ein Dienstverhältnis mit einer Beamtenversorgung nicht auszuschließen. Ohne eine Hochrechnung der Gesamtzeit sei eine vom Gesetz nicht gewünschte überproportionale Beteiligung des ausgleichsberechtigten Ehegatten an der Beamtenversorgung die Folge.
Dem kann nicht gefolgt werden.
Zwar geht die gesetzliche Regelung von dem Normalfall aus, daß ein bei Ehezeitende im Dienst stehender Beamter bis zum Erreichen der allgemeinen Altersgrenze im Dienst bleiben wird. Das bedeutet indessen nicht, daß davon abweichende Fälle ohne Rücksicht auf ihre andersartige Gestaltung ebenfalls nach einer bis zur allgemeinen Altersgrenze hochgerechneten Gesamtzeit berechnet werden müßten. Der Senat hat bereits entschieden, daß in den Fällen von Beamtengruppen mit vorgezogenen Altersgrenzen die Gesamtzeit im Sinne des § 1587a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 BGB nur bis zur jeweils geltenden besonderen Altersgrenze dauert, weil die Versorgung tatsächlich in dieser Zeit erdient wird und eine Hochrechnung bis zur allgemeinen Altersgrenze ihren wahren Wert verfälschen würde (Senatsbeschlüsse jeweils vom 14. Juli 1982 – IVb ZB 741/81 – FamRZ 1982, 999, 1001; IVb ZB 726/81 – FamRZ 1982, 1003, 1004 und IVb ZB 865/81 – FamRZ 1982, 1005). In die gleiche Richtung weist die Entscheidung über die Berechnung der tatsächlich zurückgelegten Gesamtzeit bei einem wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzten Beamten (Senatsbeschluß BGHZ 82, 66 = FamRZ 1982, 36 f). Ähnliches gilt für die Berücksichtigung von Zeiten der Beurlaubung (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. März 1986 – IVb ZB 37/83 = FamRZ 1986, 658, 660 und vom 1. Juni 1986 – IVb ZB 58/86 = FamRZ 1988, 940, 941) und der Teilzeitbeschäftigung (Senatsbeschlüsse vom 12. März 1986 – IVb ZB 59/83 – FamRZ 1986, 563 und vom 12. April 1989 – IVb ZB 159/87 – FamRZ 1989, 1060, 1061).
In Anwendung dieser Grundsätze hat der Senat für den Fall eines kommunalen Wahlbeamten, der Zeitbeamter ist, bereits entschieden, daß seine bei Ehezeitende (hier 31. Dezember 1988) zurückgelegte ruhegehaltfähige Dienstzeit nur um die Zeit bis zum Ende der laufenden Wahlperiode (hier 28. Februar 1990) zu erweitern ist (Senatsbeschluß vom 18. September 1991 – XII ZB 41/89 – FamRZ 1992, 46, 47). Denn auch hier wird die Versorgung in der tatsächlich zurückgelegten Zeit erworben. Die von den Beschwerdeführern angeführten Gründe rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Eine Erweiterung über die Befristung des Zeitbeamtenverhältnisses hinaus bis zur allgemeinen Altersgrenze würde im Gegenteil den Steigerungssatz verfälschen, da der Zeitbeamte mit Ablauf seiner Amtszeit in den Ruhestand tritt und sich seine Versorgung nicht mehr erhöht. Ob eine Wiederwahl oder eine spätere Wiederberufung in ein Amt erfolgen wird, ist ungewiß und rechtfertigt keine Hochrechnung der Gesamtzeit auf die allgemeine Altersgrenze (Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 2. Aufl. § 1587a Rdn. 13 und 72 m.w.N., auch zur Gegenmeinung). Die Gesamtzeit kann allenfalls eine entsprechende Verlängerung um eine weitere Wahlperiode erfahren, vorausgesetzt der Beamte auf Zeit ist nach Ehezeitende wiedergewählt worden. Tritt diese Veränderung noch vor der Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz ein, kann sie nach dem Rechtsgedanken des § 10a VAHRG noch im Erstverfahren berücksichtigt werden, um ein gesondertes Abänderungsverfahren zu vermeiden. Ist dies erst später der Fall und ist daher in der Erstentscheidung die ehezeitanteilige Versorgung rückschauend betrachtet zu hoch bewertet worden, kommt eine Korrektur des Ausgleichs nur durch förmliche Abänderung nach § 10a VAHRG in Betracht. Beide Möglichkeiten entschärfen aber zugleich das Problem einer Fehlbewertung von Versorgungsanwartschaften nach dem Stand zum Ehezeitende, wie sie noch vor Einführung der Abänderungsmöglichkeit gegeben waren.
2. Dennoch kann die Entscheidung nicht bestehenbleiben. Die in die Saldierung einbezogenen gesetzlichen Rentenanwartschaften der Ehefrau in Höhe von 83,60 DM beruhen auf einer Berechnung nach den bis zum 31. Dezember 1991 geltenden rentenrechtlichen Bestimmungen. Zum 1. Januar 1992 ist jedoch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung vom 18. Dezember 1989 (RRG 1992 BGBl. I S. 2261) in Kraft getreten, welches sich gemäß § 300 Abs. 1 SGB VI nach seinem zeitlichen Geltungswillen auch auf Sachverhalte erstreckt, die bereits vor dem 1. Januar 1992 bestanden haben. Wie der Senat mit Beschluß vom 7. Oktober 1992 (XII ZB 58/91 – FamRZ 1993, 294) dargelegt hat, bedarf es daher im Rahmen des Versorgungsausgleichs in noch nicht abgeschlossenen Fällen neuer Rentenauskünfte auf der Grundlage des jetzt geltenden Rechts, auch wenn das Ehezeitende vor diesem Zeitpunkt liegt. Es läßt sich nicht ausschließen, daß sich dadurch die Bewertung der Rentenanwartschaft der Ehefrau erhöht. Das gilt schon deshalb, weil bei der Ehefrau bisher die Ausfallzeiten mangels Erfüllung der Halbbelegung nicht angerechnet werden konnten, das neue Recht diese Beschränkung aber nicht mehr vorsieht, sondern beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten im Rahmen einer Gesamtleistungsbewertung anrechnet (§§ 63 Abs. 3, 71 SGB VI). Dadurch kann es auch zu einer Veränderung des Höchstbetrags gemäß § 76 Abs. 2 Satz 3 SGB VI kommen, so daß der Betrag der für die Ehefrau zu begründenden Rentenanwartschaften gegebenenfalls herabgesetzt werden muß. Zur neuen Ermittlung der Rentenanwartschaften der Ehefrau und des dabei zulässigen Höchstbetrages muß die Sache daher an das Oberlandesgericht zurückverwiesen werden.
Unterschriften
Blumenröhr, Zysk, Nonnenkamp, Hahne, Gerber
Fundstellen
Haufe-Index 1131001 |
Nachschlagewerk BGH |