Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 08.07.2010) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 8. Juli 2010 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat im Hinblick auf das Revisionsvorbringen vom 14. Dezember 2010:
Es kann dahinstehen, ob das angefochtene Urteil überhaupt darauf beruhen kann, dass über einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls die zuständige Kammer in einer nicht zutreffenden Besetzung entschieden hätte, weil insoweit weder Schuld- noch Strafausspruch betroffen sein können.
Jedoch liegt insoweit keine fehlerhafte Beschlussfassung vor; denn die Kammer hat über den Aufhebungsantrag in der zutreffenden Besetzung durch die drei Berufsrichter außerhalb der mündlichen Verhandlung entschieden (vgl. hierzu KK-StPO/Schultheis, 6. Aufl., § 126 Rn. 10; ebenso Graf/Krauß, StPO, § 126 StPO Rn. 7 mwN). Der teilweise vertretenen Gegenauffassung, wonach es vom Zeitpunkt der jeweiligen Beschlussfassung abhängen soll, ob die Kammer in der Hauptverhandlungsbesetzung mit den Schöffen oder außerhalb der Hauptverhandlung in der Besetzung nur mit drei Berufsrichtern entscheiden soll (OLG Naumburg NStZ-RR 2001, 347), kann nicht gefolgt werden, weil es ansonsten von Zufälligkeiten abhängen würde, welche Besetzung über einen entsprechenden Antrag zu entscheiden hätte. Darüber hinaus würde dann auch die Gefahr unterschiedlicher Mehrheitsverhältnisse für die Entscheidung ein- und derselben Haftfrage bestehen. Die hierdurch herbeigeführte Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Antragstellung würde auch dem Gebot des gesetzlichen Richters zuwiderlaufen.
Auch der Ansicht, dass während einer laufenden Hauptverhandlung, selbst wenn diese nicht nur kurzfristig unterbrochen ist, immer die Strafkammer in der Hauptverhandlungsbesetzung zu entscheiden hat (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 126 Rn. 8), kann nicht gefolgt werden, weil gerade bei Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung die beteiligten Schöffen vielmals nicht erreichbar sind und im Gegensatz zu den Berufsrichtern nicht vertreten werden können, so dass in solchen Fällen die Gefahr erheblicher Verzögerungen gerade bei beschleunigt zu treffenden Haftentscheidungen bestünde. Daher ist über Haftfragen auch während einer laufenden Hauptverhandlung eines Amts- oder Landgerichts immer in der Besetzung der Strafkammer außerhalb der Hauptverhandlung zu entscheiden.
Dem steht nicht die Entscheidung BGH, Beschluss vom 30. April 1997 – 2 StB 4/97, BGHSt 43, 91 entgegen, weil diese nur die Entscheidungen der erstinstanzlich verhandelnden Strafsenate eines Oberlandesgerichts betrifft, welche auch in der Hauptverhandlung nur in der Besetzung mit Berufsrichtern entscheiden.
Das weitere Revisionsvorbringen ist offensichtlich unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Unterschriften
Nack, Wahl, Graf, Jäger, Sander
Fundstellen
Haufe-Index 2620787 |
JR 2011, 361 |
NStZ 2011, 356 |
NStZ 2012, 341 |
RohR 2011, 99 |
RohR 2012, 14 |