Entscheidungsstichwort (Thema)
Erneuter Insolvenz-, Stundungs- und Restschuldbefreiungsantrag. Versagungsgrund für Restschuldbefreiung. Dreijährige Sperrfrist. Rechtskraft des Ablehnungsbeschlusses im Erstverfahren. Frist. Verletzung der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten. Rechtschutzbedürfnis für Folgeantrag. Kostenstundung
Leitsatz (amtlich)
Der Schuldner muss eine Sperrfrist von drei Jahren für einen erneuten Insolvenz-, Stundungs- und Restschuldbefreiungsantrag auch dann einhalten, wenn im ersten Verfahren der Stundungsantrag wegen eines festgestellten Versagungsgrundes für die Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO abgelehnt, deshalb das Verfahren mangels Masse nicht eröffnet worden und der Antrag auf Restschuldbefreiung gegenstandslos geworden ist; die Frist läuft ab Rechtskraft des Ablehnungsbeschlusses im Erstverfahren.
Normenkette
InsO § 4a Abs. 1, § 287 Abs. 1, § 290 Abs. 1 Nr. 6
Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Schuldners, ihm Prozesskostenhilfe für das beabsichtigte Verfahren der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des LG Duisburg vom 4.12.2009 zu gewähren, wird abgelehnt.
Die Rechtsbeschwerde gegen den genannten Beschluss des LG Duisburg vom 4.12.2009 wird auf Kosten des Antragstellers als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Rz. 1
Der Schuldner beantragte am 29.12.2006 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen, Stundung der Verfahrenskosten und Restschuldbefreiung. Mit Beschluss vom 7.1.2008, rechtskräftig seit 25.1.2008, lehnte das Insolvenzgericht den Stundungsantrag des Schuldners ab, weil ein Grund zur Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO offensichtlich vorliege, und wies den Eröffnungsantrag mangels kostendeckender Masse ab.
Rz. 2
Am 5.12.2008 beantragte der Schuldner erneut die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über sein Vermögen, Stundung der Verfahrenskosten und Restschuldbefreiung.
Rz. 3
Das AG hat mit Beschluss vom 23.4.2009 die Anträge auf Restschuldbefreiung und auf Stundung der Verfahrenskosten zurückgewiesen sowie den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Hiergegen hat der Schuldner persönlich Rechtsbeschwerde eingelegt und beantragt, ihm für das beabsichtigte Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren.
II.
Rz. 4
Die beantragte Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die Rechtsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 114 Abs. 1 ZPO, § 4 InsO) und auch keine zweifelhaften Rechtsfragen beantwortet werden müssen.
Rz. 5
1. Mit Beschluss vom 16.7.2009 (IX ZB 219/08, NZI 2009, 691, z.V.b. in BGHZ) hat der Senat entschieden, dass ein Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung analog § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig ist, wenn er innerhalb von drei Jahren nach rechtskräftiger Versagung der Restschuldbefreiung in einem früheren Verfahren wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflichten gestellt worden ist. In einem Beschluss vom 3.12.2009 (IX ZB 89/09, z.V.b.) hat der Senat diese Grundsätze auf den Fall übertragen, dass der Restschuldbefreiungsantrag der Schuldnerin in einem früheren Verfahren als unzulässig verworfen worden ist. Auch in diesem Fall gilt für den Schuldner die dreijährige Sperrfrist, die mit der Rechtskraft der Entscheidung über die Verwerfung des Restschuldbefreiungsantrages zu laufen beginnt. Innerhalb dieser Frist scheidet ein mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung verbundener Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus (vgl. BGH, Beschl. v. 16.7.2009, a.a.O., S. 693 Rz. 17; v. 3.12.2009 - IX ZB 89/09, z.V.b. Rz. 6 f.; v. 21.1.2010 - IX ZB 174/09, z.V.b. Rz. 7). Mit Beschluss vom 14.1.2010 hat der Senat entschieden, dass die Sperrfrist von drei Jahren auch dann gilt, wenn die Restschuldbefreiung im ersten Verfahren nach § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO wegen Vermögensverschwendung versagt worden ist (IX ZB 257/09, z.V.b.). Ein solcher Fall liegt hier allerdings - entgegen der Auffassung des Antragstellers - nicht vor.
Rz. 6
2. Diese Grundsätze sind auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Dem Schuldner fehlt auch hier das Rechtsschutzbedürfnis für den Folgeantrag. Nach einer Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 oder 6 InsO besteht ein Bedürfnis nach einer Sperrfrist. Durch Schuldner, die die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten im Verfahren verletzen, würden die Gerichte in nicht hinzunehmender Weise belastet, wenn sie alsbald nach der Versagung der Restschuldbefreiung erneut Restschuldbefreiungsanträge stellen könnten. Aus diesem Grund ist eine Sperrfrist von drei Jahren einzuhalten (vgl. im Einzelnen BGH, Beschl. v. 16.7.2009, a.a.O., Rz. 16 ff.).
Rz. 7
Nichts anderes kann gelten, wenn im ersten Verfahren bereits die beantragte Kostenstundung wegen der schon feststehenden Voraussetzungen für die Versagung der Restschuldbefreiung analog § 4a Abs. 1 Satz 3 und 4 InsO versagt, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus diesem Grund mangels Masse gem. § 26 Abs. 1 InsO abgelehnt und der Antrag auf Restschuldbefreiung gegenstandslos geworden ist.
Rz. 8
Da die Entscheidung des AG im ersten Verfahren erst seit 25.1.2008 rechtskräftig ist, ist die Sperrfrist von drei Jahren noch nicht abgelaufen.
Rz. 9
3. Kann der Schuldner somit das Ziel der Restschuldbefreiung mit dem beantragten Verfahren nicht erreichen, ist auch sein Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses zutreffend als unzulässig zurückgewiesen und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen worden.
III.
Rz. 10
Die unbedingt erhobene Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht von einem beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden ist, § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO, § 4 InsO.
Fundstellen
EBE/BGH 2010 |
WM 2010, 716 |
ZAP 2010, 476 |
DZWir 2010, 299 |
JZ 2010, 193 |
MDR 2010, 591 |
NZI 2010, 39 |
NZI 2010, 6 |
ZInsO 2010, 490 |
NJW-Spezial 2010, 246 |
RENOpraxis 2010, 107 |
ZVI 2010, 100 |
VIA 2010, 28 |