Verfahrensgang
LG Regensburg (Urteil vom 27.11.2013) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten A. gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 27. November 2013 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Die Revision beanstandet u.a., die Vorsitzende habe ihrer Mitteilungspflicht gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht genügt, als sie am 13. Hauptverhandlungstag über eine im Anschluss an den davor liegenden Verhandlungstag stattgefundene Erörterung mit dem Ziel einer Verständigung berichtet habe. So hätten die Argumente der Verteidigung und die Frage, von wem die Initiative zu dem Gespräch ausgegangen sei, sowie die vom Gericht geäußerten Vorstellungen dokumentiert werden müssen. Die Rüge hat keinen Erfolg.
a) Soweit sie sich dagegen richtet, dass die Mitteilung nicht die Information darüber umfasst habe, dass die Initiative zu dem Gespräch mit dem Ziel einer Verständigung von der Verteidigung ausgegangen sei, ist die Rüge jedenfalls unbegründet. Eine dahingehende Mitteilungspflicht besteht nicht (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 1 StR 422/14).
b) Soweit die Revision beanstandet, die Argumente der Verteidigung seien nicht mitgeteilt worden, ist – ungeachtet der Zulässigkeit der Rüge – ebenfalls kein durchgreifender Rechtsfehler aufgezeigt. Aus der Mitteilung ergibt sich, dass Gegenstand der Erörterungen war, ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen eine bewährungsfähige Strafe in Betracht kommt, auch die ablehnende Position der Staatsanwaltschaft ist detailliert enthalten. Dem kann sowohl durch den Angeklagten als auch durch die Öffentlichkeit ohne weiteres entnommen werden, dass die Verteidigung für eine bewährungsfähige Strafe eingetreten ist. Weitergehende Mitteilungspflichten, etwa im Hinblick auf die von der Verteidigung in dem Gespräch im Einzelnen angeführten Strafzumessungsaspekte, bestehen nicht.
Mitzuteilen sind die von den Gesprächsteilnehmern vertretenen Standpunkte (BVerfGE 133, 168, 217 Rn. 86 mwN). Eine bis in Einzelheiten der Argumentation für den jeweiligen „Standpunkt” reichende Mitteilungspflicht ist damit nicht verbunden. Die Anforderungen an den Inhalt der Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 StPO ergeben sich aus den mit der Mitteilung verfolgten Zwecken, nämlich vor allem die Eröffnung einer Kontrollmöglichkeit von Verfahrensabsprachen durch die Öffentlichkeit sowie die Sicherstellung einer umfassenden Information des Angeklagten, um diesem eine autonome Entscheidung über die Beteiligung an der Verständigung zu ermöglichen (vgl. zusammenfassend nochmals BVerfG, NStZ 2015, 170). Keiner der beiden Zwecke erfordert Mitteilungen über die Argumentation von Gesprächsbeteiligten in Details.
Jedenfalls aber kann angesichts der Besonderheiten des Verfahrensablaufs ausgeschlossen werden, dass das Urteil auf der unterbliebenen ausdrücklichen Mitteilung sowohl über die Äußerung des Verteidigers, aus seiner Sicht könne „bei einer geständigen Einlassung … auch zu diesem relativ späten Zeitpunkt eine bewährungsfähige Strafe durchaus in Betracht kommen”, als auch über die hierfür angeführten Argumente beruht. Denn die Vorsitzende hat offen gelegt, dass ein Gespräch stattgefunden hat, in dem die Möglichkeit einer bewährungsfähigen Strafe erörtert und eine Einigung nicht erzielt worden ist. Die Details des von der Verteidigung vertretenen Standpunkts und ihre Rolle bei dem Verständigungsgespräch lassen sich der Revisionsbegründung entnehmen. Daraus ergibt sich zweifelsfrei, dass der Inhalt des Gesprächs nicht auf eine inhaltlich unzulässige Absprache gerichtet war, die auch von der Verteidigung nicht behauptet wird und nach dem Verfahrensgang (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 24. September 2013 – 2 StR 267/13, BGHSt 59, 21, 24 ff.) ohnehin fernliegt. Vor diesem Hintergrund wäre das Unterlassen einer solchen Mitteilung nach Art und Schwere als untergeordnet im Hinblick auf den Zweck der Transparenz- und Dokumentationspflichten – der Verhinderung gesetzeswidriger Absprachen – anzusehen (vgl. hierzu BVerfG, NStZ 2015, 170, 172.). Dass das Verteidigungsverhalten des Angeklagten beeinflusst worden sein könnte, ist angesichts dieser Besonderheiten ebenfalls auszuschließen.
c) Die auf die Unterlassung der Mitteilung der vom Gericht geäußerten Vorstellungen gerichtete Beanstandung belegt keinen Rechtsfehler. Der Vortrag der Revision, das Gericht habe bei dem Gespräch „im Wesentlichen die Position der Staatsanwaltschaft” geteilt, ist nicht bewiesen. Da die Sitzungsstaatsanwältin dem schon im Rahmen der Gegenerklärung entgegen getreten war, hat der Senat im Wege des Freibeweisverfahrens die anderen an dem Gespräch teilnehmenden Personen hierzu befragt. Die beteiligten Richter haben substantiiert und sich schlüssig in die Verfahrenslage einfügend dargelegt, zum Standpunkt der Staatsanwaltschaft keine Äußerung abgegeben zu haben. Dies deckt sich mit den Angaben der Sitzungsstaatsanwältin; auch die Schöffen haben keine Erinnerung an eine Stellungnahme zu Strafvorstellungen durch das Gericht. Damit ist der Sachverhalt hinreichend aufgeklärt, weitere Erkenntnismöglichkeiten standen nicht zur Verfügung. Danach und im Hinblick auf den unkonkret bleibenden Vortrag der Revision zur behaupteten Äußerung des Gerichts, hat der Senat keinen Zweifel, dass das Gericht sich nicht zu Strafvorstellungen geäußert hat.
2. Die Rüge, die Mitteilung sei nicht gemäß § 273 Abs. 3 StPO vorgelesen und genehmigt worden, hat ebenfalls keinen Erfolg. Dies gilt schon deswegen, weil das Urteil hierauf nicht beruhen kann (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. Februar 1993 – 3 StR 443/92; Löwe/Rosenberg-Stuckenberg, StPO 26. Aufl., § 273 Rn. 67).
Unterschriften
Graf, Cirener, Radtke, RinBGH Dr. Fischer ist wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschriftsleistung gehindert., Mosbacher, Graf
Fundstellen
Haufe-Index 7697842 |
NStZ 2015, 416 |
wistra 2015, 279 |