Leitsatz (amtlich)
Bei einem Mietvertrag über einen unbeweglichen Gegenstand ist in der Insolvenz des Mieters die Mietforderung für den Monat, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet wird, in dem Umfang Masseverbindlichkeit, der dem ab der Verfahrenseröffnung verbleibenden Teil des Monats entspricht.
Normenkette
InsO § 55 Abs. 1 Nr. 2, § 108 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 1. Zivilsenats des OLG Köln vom 10.7.2020, berichtigt durch Beschluss vom 9.9.2020, wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Wert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 41.248,66 EUR festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die entscheidungserheblichen Fragen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt.
Rz. 2
In der Insolvenz des Mieters besteht ein Mietverhältnis über unbewegliche Gegenstände gem. § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort. Ansprüche des Vermieters aus einem solchen Mietverhältnis sind Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 InsO), wenn - wie hier - ihre Erfüllung für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss (BGH, Urt. v. 13.12.2012 - IX ZR 9/12 WM 2013, 138 Rz. 10; v. 9.10.2014 - IX ZR 69/14 WM 2014, 2187 Rz. 8; v. 29.1.2015 - IX ZR 279/13, BGHZ 204, 83 Rz. 33). Ansprüche für die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der Vermieter dagegen gem. § 108 Abs. 3 InsO nur als Insolvenzgläubiger geltend machen (BGH, Urt. v. 13.12.2012, a.a.O.; vom 29.1.2015, a.a.O.).
Rz. 3
Wie der BGH bereits entschieden hat, gelten diese Grundsätze auch für Mietforderungen für den Monat, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Sie sind Masseverbindlichkeiten, soweit die Erfüllung des Mietvertrags zur Insolvenzmasse nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss, und demgemäß zeitanteilig aufzuteilen (vgl. BGH, Urt. v. 29.1.2015, a.a.O., Rz. 17, 32 f.). Ob die Verbindlichkeit aus einem gegenseitigen Vertrag gem. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO eine Masseverbindlichkeit darstellt, hängt nicht davon ab, wann diese Verbindlichkeit insolvenzrechtlich entstanden ist. Entscheidend für Mietforderungen ist vielmehr, inwieweit diese Verbindlichkeit die Gegenleistung für den Teil einer Leistung aus einem gegenseitigen Vertrag darstellt, dessen Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss. Ist die Leistung teilbar, ist die Gegenforderung nur in einem der Leistung an die Insolvenzmasse entsprechenden Teil Masseverbindlichkeit. Dies soll gewährleisten, dass derjenige, der seine vollwertige Leistung weiterhin zur Masse erbringen und sie der Masse damit zugute kommen lassen muss, die dafür zu entrichtende volle Gegenleistung erhalten und nicht auf eine Insolvenzforderung beschränkt sein soll (BGH, Urt. v. 3.4.2003 - IX ZR 163/02 ZIP 2003, 854, 855). Die Literatur meint ebenfalls, dass die Miete für den Monat, in dem das Verfahren eröffnet wird, anteilig aufzuteilen ist und für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Masseverbindlichkeit darstellt (Jaeger/Jacoby, InsO, § 108 Rz. 147; Tintelnot in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2019, § 108 Rz. 74; Hefermehl in MünchKomm/InsO, 4. Aufl., § 55 Rz. 150; MünchKomm/InsO/Hoffmann, 4. Aufl., § 108 Rz. 101; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 15. Aufl., § 55 Rz. 53; Uhlenbruck/D. Wegener, InsO, 15. Aufl., § 108 Rz. 30, 43; Flöther/Wehner in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 4. Aufl., § 108 Rz. 20; Graf-Schlicker/Breitenbücher, InsO, 5. Aufl., § 108 Rz. 29; Cymutta in Kölner Kommentar zur InsO, § 108 Rz. 21 ff.; Geißler, ZInsO 2012, 1206, 1208 f.; vgl. bereits Jaeger/Henckel, InsO, § 55 Rz. 48).
Rz. 4
Die von der Beschwerde angeführten abweichenden Literaturstimmen (FK-InsO/B. Wegener, 9. Aufl., § 108 Rz. 38; HmbKomm-InsO/Pohlmann-Weide, 8. Aufl., § 108 Rz. 19; Ahrens in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 4. Aufl., § 38 Rz. 40; Rosenmüller, ZInsO 2012, 1110) begründen keinen Klärungsbedarf. Sie sind vereinzelt geblieben und setzen sich nicht mit der Rechtsprechung des BGH zur Einordnung von Ansprüchen aus gegenseitigen Verträgen als Masseverbindlichkeiten gem. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO auseinander.
Rz. 5
Von einer weiteren Begründung wird gem. § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 14441454 |
DB 2021, 1067 |
DStR 2021, 1488 |