Verfahrensgang
LG Zweibrücken (Urteil vom 08.12.2009) |
Tenor
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Anbringung einer Verfahrensrüge wird zurückgewiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Zweibrücken vom 8. Dezember 2009 wird verworfen; jedoch wird die Verfallsanordnung zur Klarstellung dahin gefasst, dass der Verfall (statt: „erweiterte Verfall von Wertersatz”) eines Geldbetrages von 5.750 Euro angeordnet wird.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Wiedereinsetzungsgesuch des Angeklagten zur Anbringung einer Verfahrensrüge ist unzulässig. Das Gesetz räumt die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur für den Fall ein, dass eine Frist versäumt worden ist (§ 44 Satz 1 StPO). Eine Fristversäumung liegt hier nicht vor, weil die Revision des Angeklagten von seinem Pflichtverteidiger mit der Sachrüge und einer – allerdings nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden – Verfahrensrüge fristgerecht begründet worden ist. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Ergänzung einer zunächst vom Verteidiger nicht formgerecht vorgetragenen und daher unzulässigen Verfahrensrüge kommt grundsätzlich nicht in Betracht (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 27. März 2008 – 3 StR 6/08, StV 2008, 394 m.N.). Sie kommt nur ausnahmsweise in besonderen Prozesssituationen in Betracht, wenn dies zur Wahrung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör unerlässlich erscheint (vgl. BGH aaO). Eine solche Ausnahmesituation liegt hier nicht vor.
Rz. 2
2. Die Revision des Angeklagten ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Ergänzend bemerkt der Senat:
Rz. 3
a) Entgegen der Auffassung der Revision ergeben die Urteilsfeststellungen nicht die Voraussetzungen eines Verstoßes gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK in der Form einer unzulässigen Tatprovokation. Insbesondere lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen, dass eines der Drogengeschäfte nicht mehr in einem angemessenen, deliktspezifischen Verhältnis zu dem gegen den Angeklagten stehenden Tatverdacht steht (vgl. dazu BGH, Urteil vom 30. Mai 2001 – 1 StR 42/01, BGHSt 47, 44). Ergeben sich die tatsächlichen Voraussetzungen eines geltend gemachten Konventionsverstoßes – wie hier – nicht schon aus den Urteilsfeststellungen, muss ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens mit Hilfe einer Verfahrensrüge geltend gemacht werden (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2000 – 3 StR 245/00, NStZ 2001, 53). Soweit mit der Revisionsbegründungsschrift vom 23. Februar 2010 die Verletzung des Art. 6 Abs. 1 MRK gerügt wird, genügt die Rüge jedoch nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Dies gilt im Übrigen auch für die nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 29. März 2010 erhobene Verfahrensrüge, weil Umstände, die gegen eine Überschreitung des erlaubten tatprovozierenden Verhaltens sprechen, nicht mitgeteilt werden. Der Mitteilung bedurft hätte insbesondere der Inhalt der Angaben der Vertrauensperson bei der Vernehmung am 5. August 2009, wonach der Angeklagte von sich aus angeboten hat, „das Ganze” auf 500 g zu erhöhen, damit sich das auch mit der Fahrerei lohnen würde (SA Bd. I Bl. 13).
Rz. 4
b) Die vom Landgericht auf § 33 BtMG, §§ 73, 73 a und 73 d StGB gestützte Verfallsentscheidung hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand, da nach den Feststellungen die Voraussetzungen des § 73 a StGB vorliegen (zum Verhältnis zwischen § 73 StGB [Verfall], § 73 a StGB [Verfall des Wertersatzes] und 73 d StGB [erweiterter Verfall] vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. Dezember 2008 – 4 StR 368/08, BGHR StGB § 73 a Anwendungsbereich 2 und vom 20. April 2010 – 4 StR 119/10 Rdn. 7 ff.). Zur Klarstellung ändert der Senat die Verfallsanordnung entsprechend.
Unterschriften
Athing, Solin-Stojanović, Ernemann, Cierniak, Franke
Fundstellen
Haufe-Index 2419763 |
NStZ-RR 2010, 289 |
NStZ-RR 2011, 170 |