Entscheidungsstichwort (Thema)

Diebstahl

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 05.02.1993)

 

Tenor

I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 5. Februar 1993

  1. im Schuldspruch dahin abgeändert, daß der Angeklagte des Diebstahls in 14 Fällen, des versuchten Diebstahls in vier Fällen sowie des Betruges schuldig ist,
  2. im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

III. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

 

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten „des Diebstahls in 19 Fällen, davon in vier Fällen des Versuchs, sowie des Betruges” für schuldig befunden und zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision beanstandet der Angeklagte das Verfahren und rügt die Verletzung materiellen Rechts.

1. Zum Schuldspruch hat das Rechtsmittel lediglich den aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Erfolg; im übrigen ist es insoweit unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Aus den Urteilsgründen läßt sich zweifelsfrei entnehmen, daß der Angeklagte nur insgesamt 18 Diebstahlstaten begangen hat, wobei es in vier Fällen beim Versuch geblieben ist. Der Senat hat daher den abweichenden Urteilstenor, der offensichtlich auf einem Fassungsversehen beruht, entsprechend berichtigt.

2. Die auf die Verletzung der §§ 50 Abs. 3, 109 Abs. 1 Satz 1 JGG gestützte Verfahrensrüge führt zur Aufhebung des Strafausspruchs.

Die Rüge ist entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts zulässig erhoben. Zwar teilt die Revision nicht mit, daß dem für einen früheren Wohnsitz des Angeklagten zuständigen Jugendamt die Anklageschrift und eine Ladung zu der auf den 24. Juni 1992 anberaumten Hauptverhandlung zugeleitet worden ist. Dessen bedarf es jedoch auch nicht, da es für die erhobene Rüge auf diese Verfahrensvorgänge nicht ankommt. Zu jenem ersten Hauptverhandlungstermin erschien der Angeklagte nämlich nicht, so daß das Verfahren gegen ihn ausgesetzt werden mußte. Erst am 5. Februar 1993, nach der Inhaftierung des Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt Duisburg, wurde die Hauptverhandlung gegen ihn durchgeführt. Wie die Revision zutreffend und zur Begründung des von ihr beanstandeten Verfahrensverstoßes auch ausreichend vorträgt, fand eine Unterrichtung der nunmehr zuständigen Jugendgerichtshilfe über Ort und Zeit dieser allein maßgebenden Hauptverhandlung unter Verstoß gegen die zwingende Vorschrift des § 50 Abs. 3 JGG in Verbindung mit § 109 Abs. 1 Satz 1 JGG (vgl. BGH NStZ 1982, 257 m.w.N.; BGHR JGG § 50 Abs. 3 Heranziehung 1) nicht mehr statt.

Auf diesem Verfahrensfehler kann das Urteil beruhen. Die Hinzuziehung der Jugendgerichtshilfe zur Hauptverhandlung hat vor allem den Zweck, zur Gewinnung eines möglichst vollständigen Bildes von der Persönlichkeit des Täters, seiner Entwicklung und seiner Umwelt (BGHSt 27, 250, 251) Gesichtspunkte beizutragen und auf Umstände aufmerksam zu machen, die ohne ihre Mitwirkung möglicherweise nicht zur Sprache gekommen wären. Es ist nicht auszuschließen, daß bei einer Beteiligung der zuständigen Jugendgerichtshilfe an der Hauptverhandlung über den durch seine Übersiedlung aus der ehemaligen DDR in die Bundesrepublik Deutschland entwurzelten, nicht vorbestraften Angeklagten Erkenntnisse hätten gewonnen werden können, die sich bei der Bemessung der Strafe und gegebenenfalls bei einer Entscheidung über eine Strafaussetzung zur Bewährung zu seinen Gunsten ausgewirkt hätten. Insbesondere hätten die Lebensumstände des Angeklagten seit September 1992, die von ihm behauptete Betreuung durch einen Sozialarbeiter und seine Bemühungen um eine Berufsfindung und soziale Wiedereingliederung (UA 5) besser aufgeklärt und möglicherweise zu seinem Vorteil gewertet werden können.

 

Unterschriften

Salger, Nehm, Maatz, Tolksdorf, Tepperwien

 

Fundstellen

Haufe-Index 1530745

StV 1993, 536

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