Entscheidungsstichwort (Thema)
versuchter schwerer Raub
Tenor
1. Das Verfahren wird bezüglich des Diebstahls vom 3. Juli 1999 (Ziffer II. 4. der Urteilsgründe) gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.
Insoweit werden die Kosten des Verfahrens und die hierdurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auferlegt.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Verden vom 23. Februar 2000
- im Schuldspruch dahingehend abgeändert, daß der Angeklagte des Diebstahls in fünf Fällen, des versuchten Diebstahls, des vorsätzlichen unerlaubten Ausübens der tatsächlichen Gewalt über ein Springmesser und des versuchten schweren Raubes schuldig ist;
- hinsichtlich der Einzelstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, die das Landgericht wegen Besitzes eines Springmessers in Tateinheit mit Diebstahl in sechs Fällen, davon in einem Fall versucht, verhängt hat, sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Besitzes eines Springmessers in Tateinheit mit Diebstahl in sechs Fällen, davon in einem Fall versucht, sowie wegen versuchten schweren Raubes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.
1. Das Rechtsmittel führt zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs. Das Landgericht hat angenommen, daß das Waffendelikt und sämtliche Diebstahlstaten zueinander im Verhältnis der Tateinheit stehen. Idealkonkurrenz zwischen dem Ausüben der tatsächlichen Gewalt über das Springmesser und den jeweiligen Diebstahlstaten liegt jedoch nicht vor, weil es an der erforderlichen – zumindest teilweisen – Identität der objektiven Tathandlungen fehlt (vgl. BGHSt 43, 317, 319; Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. § 52 Rdn. 19). Es läßt sich allein eine zeitliche Überschneidung der Deliktsverwirklichungen feststellen, weil der Angeklagte die Diebstähle bzw. den versuchten Diebstahl aus Kraftfahrzeugen beging, als er in seiner Wohnung das Springmesser verwahrte. Dies allein begründet Tateinheit indessen nicht (Rissing-van Saan aaO m.w.Nachw.). Schon aus diesem Grunde kann das Waffendelikt die einzelnen Diebstahlstaten auch untereinander nicht zur Tateinheit verklammern.
Durch die rechtsfehlerhafte Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses ist der Angeklagte hier beschwert. Die Einzelstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, die das Landgericht auf der Grundlage der von ihm angenommenen Tateinheit der Diebstahlstaten und des Waffendelikts ausgesprochen hat, kann für den Angeklagten in einem möglichen späteren Strafverfahren im Hinblick auf § 66 Abs. 2 StGB nachteilige Bedeutung erlangen. Dagegen liegt es angesichts der Strafzumessungserwägungen des Landgerichts nicht fern, daß dieses bei tatmehrheitlicher Aburteilung der genannten Taten Einzelstrafen von weniger als einem Jahr festgesetzt hätte. Auch kann nicht mit der gebotenen Sicherheit ausgeschlossen werden, daß in diesem Falle die Gesamtfreiheitsstrafe insgesamt niedriger ausgefallen wäre.
Der Schuldspruch ist daher entsprechend zu berichtigen, wobei der Senat das Waffendelikt in der durch § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO gebotenen Form umschreibt.
Infolge der Richtigstellung des Konkurrenzverhältnisses durch den Senat entfällt die Einzelstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Dies führt zur Aufhebung auch der Gesamtstrafe. Da von dem aufgezeigten Rechtsfehler die bisherigen Feststellungen zum Strafausspruch nicht berührt werden, können sie aufrechterhalten bleiben. Dies hindert den neuen Tatrichter nicht, für die nunmehr notwendige Festsetzung von Einzelstrafen für die Diebstahlstaten und das Waffendelikt bzw. für die Neubemessung der Gesamtstrafe ergänzende Feststellungen zu treffen, soweit sie zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen.
2. Auch der Diebstahl vom 3. Juli 1999 (Ziffer II. 4. der Urteilsgründe), an dessen – tateinheitlicher – Aburteilung sich das Landgericht wegen des vermeintlichen Fehlens einer Verfahrenvoraussetzung gehindert gesehen hat, steht bei zutreffender rechtlicher Bewertung des Konkurrenzverhältnisses (s. oben 1.) in Tatmehrheit zu den weiteren Taten des Angeklagten. Bezüglich dieser Tat stellt der Senat nunmehr das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwaltes gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein. Auf dessen Ausführungen in der Antragsschrift vom 5. Juni 2000 wird verwiesen.
3. Im übrigen hat die Überprüfung des Urteils keinen den Angeklagten belastenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Schuld- und Strafausspruch wegen versuchten schweren Raubes sowie die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt werden durch den aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt.
Unterschriften
Rissing-van Saan, Miebach, Winkler, Pfister, Becker
Fundstellen
Haufe-Index 512729 |
NStZ 2000, 641 |
StV 2001, 618 |
www.judicialis.de 2000 |