Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 05.06.2009) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 5. Juni 2009, soweit es ihn betrifft,
- im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Sichverschaffens in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln, jeweils in nicht geringer Menge und mit Waffen, und in weiterer Tateinheit hierzu des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in fünf tateinheitlich zusammentreffenden Fällen und des unerlaubten Führens eines Schlagrings schuldig ist,
- im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Nach den Feststellungen erwarb der aus Rumänien über Deutschland in die Niederlande eingereiste Angeklagte in Rotterdam für sich und fünf Bekannte insgesamt 535,6 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 79,7 g THC. Das Rauschgift sollte anteilig unter den Gruppenmitgliedern aufgeteilt werden; es diente zu zwei Dritteln dem Eigenkonsum, während die restliche Menge weiterveräußert werden sollte. Zu seiner persönlichen Sicherheit wurde der Angeklagte von dem Mitangeklagten Du., dessen Revision der Senat mit Beschluss vom heutigen Tage gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen hat, begleitet. Auf dem Rückweg nach Bukarest wurde der Angeklagte nach der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland auf der Tank- und Rastanlage F. einer Verkehrskontrolle unterzogen; hierbei wurden die Drogen aufgefunden und der Angeklagte vorläufig festgenommen. Während der Tat führte der Angeklagte einen schwarzen Metallschlagring mit sich, um sich im Fall eines Überfalls oder Angriffs verteidigen zu können.
Rz. 3
2. Die Auffassung des Landgerichts, der Angeklagte habe sich aufgrund des festgestellten Sachverhalts des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht, hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.
Rz. 4
a) Zutreffend ist die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe sich wegen bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG strafbar gemacht, als er auf dem Rückweg nach Bukarest mit dem im Pkw versteckten Rauschgift in die Bundesrepublik Deutschland einreiste.
Rz. 5
b) Der Schuldspruch wegen tateinheitlich begangenen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge kann indes nicht bestehen bleiben. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 30. September 2009 zutreffend beanstandet, sind die Feststellungen zur Handelsmenge und zu der Menge, die dem Eigenkonsum dienen sollte, widersprüchlich. Einerseits führt die Strafkammer aus, „dass das erworbene Marihuana auf sechs Personen aufgeteilt werden sollte, von denen jede einen Anteil von etwa 100 g erhalten sollte” (UA 15). Andererseits stellt sie fest – und legt dies der rechtlichen Würdigung zugrunde –, dass der Angeklagte über eine Handelsmenge mit einem THC-Gehalt von 26,56 g und eine Eigenbedarfsmenge von 53,133 g THC verfügte, „so dass die nicht geringe Menge jeweils deutlich überschritten ist” (UA 15, 16). Letzteres übersieht, dass der Angeklagte nur anteilig an der Gesamtmenge beteiligt war (bei gleichmäßiger Aufteilung 89,27 g Marihuana) und von dieser Menge ein Drittel gewinnbringend weiterveräußern wollte. Nur in Bezug auf dieses Drittel weist der Angeklagte die für täterschaftliches Handeltreiben erforderliche Eigennützigkeit auf (vgl. BGH StraFo 2003, 145). Der in dieser Teilmenge enthaltene Wirkstoffgehalt unterschreitet die Grenze von 7,5 g THC deutlich (ca. 4,43 g THC). Im Übrigen hat er lediglich fremdes Handeltreiben gefördert. Allein in Bezug auf die Eigenbedarfsmenge liegt eine nicht geringe Menge vor (ca. 8,86 g THC).
Rz. 6
c) Der Senat schließt aus, dass in einer erneuten Hauptverhandlung andere oder weitergehende Feststellungen getroffen werden können. Auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen Feststellungen ist der Schuldspruch daher wie folgt zu ändern:
Rz. 7
In Tateinheit mit der bewaffneten Einfuhr von Betäubungsmitteln (in nicht geringer Menge) steht das bewaffnete Sichverschaffens sowie das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG (vgl. BGH, Beschl. vom 16. Februar 2000 – 3 StR 22/00; Weber, BtMG 3. Aufl. § 30 a Rdn. 203; MünchKomm StGB/Rahlf § 30 a BtMG Rdn. 200). Zugleich hat der Angeklagte sich wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben in fünf Fällen gemäß §§ 27 StGB, 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG strafbar gemacht; diese Fälle stehen untereinander in gleichartiger Tateinheit. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, tritt in weiterer Tateinheit der Verstoß gegen § 52 Abs. 3 Nr. 1 WaffG hinzu; nach dieser Vorschrift ist das Führen eines Schlagrings – eine verbotene Waffe nach § 2 Abs. 3 WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.3.2 – strafbar.
Rz. 8
Der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge tritt hinter der täterschaftlichen bewaffneten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zurück (vgl. BGH NStZ 1981, 352, 353; StraFo 2008, 254; Weber aaO).
Rz. 9
§ 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen; der Senat schließt aus, dass sich der Angeklagte gegen den geänderten Tatvorwurf anders als geschehen hätte verteidigen können.
Rz. 10
3. Die Änderung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich. Die Einziehung, die rechtsfehlerfrei begründet ist, wird von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt; sie kann daher bestehen bleiben.
Unterschriften
Rissing-van Saan, Fischer, Roggenbuck, Cierniak, Krehl
Fundstellen
Haufe-Index 2560719 |
NStZ 2010, 224 |