Verfahrensgang
LG Aurich (Urteil vom 20.05.2014) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aurich vom 20. Mai 2014 wird
- das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 13 der Urteilsgründe verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
- das vorgenannte Urteil dahin geändert, dass der Angeklagte wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in zehn Fällen, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in sechs Fällen sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 17 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen einer Serie von Sexualdelikten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
Rz. 2
Dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend stellt der Senat das Verfahren ein, soweit der Angeklagte im Fall II. 13 der Urteilsgründe wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen verurteilt worden ist.
Rz. 3
Im verbleibenden Umfang hat die Nachprüfung des Schuldspruchs keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Rz. 4
Dem Strafausspruch stehen in Ansehung von § 46 Abs. 3 StGB allerdings insoweit Rechtsbedenken entgegen, als das Landgericht in den Fällen des schweren sexuellen Kindesmissbrauchs (§ 176a Abs. 1 Nr. 1 StGB aF bzw. § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB n.F.) die Ausübung des Oral- oder Analverkehrs bzw. des ungeschützten Geschlechtsverkehrs als „ein besonders hohes Maß an Missachtung des Rechts seiner Tochter auf sexuelle Selbstbestimmung” jeweils strafschärfend berücksichtigt und damit Umstände zum Nachteil des Angeklagten verwertet hat, die bereits Merkmale der Qualifikation sind (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 2014 – 4 StR 88/14, juris Rn. 7; Beschluss vom 20. August 2014 – 3 StR 315/14, bei Pfister NStZ-RR 2014, 361, 367 (Nr. 40)).
Rz. 5
Die Einzelstrafen in den Fällen 8 bis 17 des Urteils sind indes unter Abwägung der sonst festgestellten Tatumstände angemessen im Sinne von § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO. Die bei verfassungskonformer Auslegung erforderlichen Voraussetzungen für eine Entscheidung des Revisionsgerichts nach der vorgenannten Vorschrift (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2007 – 2 BvR 136/05 u.a., NStZ 2007, 598) liegen vor. Der Beschwerdeführer hatte Gelegenheit zur Stellungnahme zur Frage einer etwaigen Aufrechterhaltung der Einzelstrafen gemäß § 354 Abs. 1a StPO. Dem Senat steht ein zutreffend ermittelter, vollständiger und aktueller Strafzumessungssachverhalt zur Verfügung.
Rz. 6
Der Senat schließt aus, dass das Landgericht ohne die durch die Verfahrenseinstellung weggefallene Einzelstrafe von drei Jahren für die anderen Taten jeweils geringere Einzelstrafen und angesichts der verbleibenden Einsatzstrafe von drei Jahren und sechs Monaten sowie der weiteren 32 Einzelfreiheitsstrafen, deren Summe 70 Jahre übersteigt, eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.
Rz. 7
Im Hinblick auf den nur geringen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den verbleibenden – durch sein Rechtsmittel entstandenen – Kosten und Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
Unterschriften
Becker, Pfister, Mayer, Gericke, Spaniol
Fundstellen
Haufe-Index 7618460 |
NStZ-RR 2015, 366 |