Verfahrensgang
LG Trier (Urteil vom 12.08.2010) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Trier vom 12. August 2010 aufgehoben, soweit die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist. Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte und die Staatskasse haben die Kosten des Rechtsmittels je zur Hälfte zu tragen; die Staatskasse hat auch die Hälfte der notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags sowie wegen Diebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Seine auf die Rüge formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat mit der Sachrüge Erfolg soweit der Maßregelausspruch betroffen ist; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung kann keinen Bestand haben, da – anders als zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung – die formellen Voraussetzungen für deren Anordnung aufgrund der Änderung der Vorschrift des § 66 StGB durch das am 1. Januar 2011 in Kraft getretene Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl I. S. 2300) zur Zeit der Entscheidung des Senates nicht mehr vorliegen und der Senat insoweit gemäß der in EGStGB Art. 316e Abs. 2 vorgesehenen Übergangsvorschrift das gegenüber dem bisherigen Recht mildere neue Recht zu Gunsten des Angeklagten anzuwenden hat (§ 354a StPO).
Rz. 3
Gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 2 StGB nF muss der Täter als formelle Voraussetzung für die Anordnung der Sicherungsverwahrung wegen Straftaten der in Nr. 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zwei Mal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden sein. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Zwar erfüllt die Verurteilung durch das Amtsgericht Wittlich vom 4. Juni 2002 zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren die genannte Voraussetzung, da der dort u.a. abgeurteilte räuberische Diebstahl unter den 20. Abschnitt des Besonderen Teils des StGB fällt und damit auch nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB nF taugliche Anlasstat sein kann. Es fehlt jedoch nunmehr an der zweiten erforderlichen Vorverurteilung. Alle weiteren den Urteilsfeststellungen zu entnehmenden Vorstrafen – insbesondere die vom Landgericht im angefochtenen Urteil noch herangezogene Verurteilung durch das Amtsgerichts Wittlich vom 27. Oktober 2005 u.a. wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in drei Fällen – erfolgten wegen Straftaten, weit überwiegend wegen Vermögensdelikten, die nach der Neufassung des Gesetzes keine tauglichen Anknüpfungstaten für die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB mehr sein können.
Rz. 4
2. Der Senat hat gemäß § 354a iVm 354 Abs. 1 analog StPO in der Sache selbst entschieden und angeordnet, dass die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung entfällt. Der Senat kann nach den Feststellungen auch ausschließen, dass die formellen Voraussetzungen für eine Anordnung der Sicherungsverwahrung nach pflichtgemäßem Ermessen vorliegen können. Für die Unterbringung gemäß § 66 Abs. 2 nF StGB fehlt es an der erforderlichen Anzahl von Straftaten nach deren Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, für eine solche nach § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB daran, dass der Angeklagte nicht wegen einer der in Satz 1 dieser Vorschrift bezeichneten Anknüpfungstaten schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Die Anordnung der Unterbringung nach § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB kommt schließlich nicht in Betracht, weil der Angeklagte nicht zwei Straftaten der in Satz 1 der Vorschrift bezeichneten Art begangen hat, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat.
Unterschriften
Rissing-van Saan, Appl, Schmitt, Krehl, Ott
Fundstellen