Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 08.06.2020; Aktenzeichen 201 Js 36467/19 4 KLs) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten D. wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 8. Juni 2020 – auch zugunsten der Mitangeklagten K., A. und S. – im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten D. wird als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. wegen Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit Sachbeschädigung und wegen Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Zudem hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe der jeweiligen Diebesbeute angeordnet. Die gegen die Verurteilung gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten D. hat – unter Erstreckung auf die drei Mitangeklagten (§ 357 Satz 1 StPO) – den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
Rz. 2
1. Der Schuldspruch begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
Rz. 3
Jedenfalls der Zimmermannshammer unterfällt unter den gegebenen Umständen „als anderes gefährliches Werkzeug” dem Qualifikationstatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juni 2008 – 3 StR 246/07, BGHSt 52, 257, 258 ff. zum Mitsichführen eines Taschenmessers zum Entfernen von Sicherungsetiketten); eine weitergehende Umschreibung seiner Beschaffenheit bedarf es hier nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Juli 2012 – 5 StR 286/12 Rn. 4 zu einem Schraubendreher). Die Feststellungen belegen, dass es sich um einen Gegenstand handelt, der nach seiner objektiven Beschaffenheit geeignet ist, einem Opfer erhebliche Verletzungen zuzufügen (vgl. BGH, aaO mwN).
Rz. 4
2. Indes hält die Strafzumessung der sachlichrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Rz. 5
a) Sowohl bei der Ablehnung eines minder schweren Falles nach § 244 Abs. 3 StGB als auch bei der Strafzumessung im engeren Sinne sind die Urteilsgründe lückenhaft. Denn das Landgericht hat nicht den Umstand eingestellt, dass die Angeklagten den Hammer nur einsetzten, um die Kassen im Spielcasino aufzubrechen. Insoweit sind folgende Erwägungen des Gesetzgebers zur Einführung eines minder schweren Falles in der Vorschrift des § 244 Abs. 3 StGB durch das Vierundvierzigste Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuchs – Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (BGBl. I 2011 S. 2130) unberücksichtigt geblieben (BT-Drucks. 17/4143 S. 7 f.):
„Das Fehlen einer solchen Regelung erweist sich nämlich insbesondere im Hinblick auf § 244 Abs. 1 Nummer 1 Buchtstabe a StGB als problematisch, der allein das Mitsichführen einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeuges beim Diebstahl unter erhöhte Strafandrohung stellt, was dazu führt, dass vom Anwendungsbereich des § 244 StGB unter Umständen auch Taten erfasst werden, die nur einen geringen Unrechtsgehalt aufweisen. Schwierigkeiten bereitet insbesondere das Beisichführen von Alltagsgegenständen, von denen viele auch als Mittel zur Gewaltanwendung oder -androhung eingesetzt werden könnten (z.B. Schlüssel oder Gürtel). In der Rechtsprechung und Literatur wurde zur Begrenzung des Anwendungsbereichs der Strafnorm teilweise versucht, bei der Auslegung des Begriffes ‚gefährliches Werkzeug’ einschränkende subjektive Kriterien heranzuziehen… Diesen Versuchen ist der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 3. Juni 2008 (3 StR 246/07 – BGHSt 52, 257) unter Verweis auf den Wortlaut der Norm, auf systematische Argumente sowie auf den Sinn und Zweck der Regelung entgegengetreten. Die Abgrenzung muss demzufolge allein nach objektiven Kriterien erfolgen, für die es eine Vielzahl von Lösungsansätzen gibt, von denen sich noch keiner durchgesetzt hat. Um sicherzustellen, dass in jedem Einzelfall eine angemessene Strafe verhängt werden kann, bedarf es einer Strafzumessungsregelung für den minder schweren Fall.”
Rz. 6
b) Dieser Erörterungsfehler betrifft nicht die zugehörigen Feststellungen, die daher – ebenso wie die Einziehung – aufrechterhalten bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende und hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen sind zulässig. Um dem nunmehr zur Entscheidung berufenen Tatgericht eine in sich stimmige Strafenbildung zu ermöglichen, hebt der Senat sämtliche Strafen auf.
Rz. 7
c) Die Strafzumessungserwägungen bezüglich der drei anderen Angeklagten leiden unter dem gleichen Rechtsfehler, sodass die Urteilsaufhebung auf diese, mithin auch auf den Mitangeklagten S., der seine Revision vor dem Senat zurückgenommen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 6. März 2012 – 4 StR 669/11 Rn. 12 mwN), zu erstrecken ist (§ 357 Satz 1 StPO; vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Juli 2020 – 1 StR 567/19 Rn. 10 und vom 22. April 2020 – 1 StR 61/20 Rn. 18; siehe auch BGH, Beschluss vom 14. März 2013 – 2 StR 49/13 Rn. 5 f.).
Unterschriften
Raum, Fischer, Hohoff, Leplow, Pernice
Fundstellen
Haufe-Index 14373038 |
NStZ-RR 2021, 107 |