Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertbeschwerde. Wert der Beschwer. Bewertung von Nachlassvermögen. Glaubhaftmachung
Leitsatz (redaktionell)
Zu den Anforderungen an eine Glaubhaftmachung neuer Tatsachen in der Streitwertbeschwerde.
Normenkette
ZPO §§ 3, 2
Tenor
Der Antrag des Klägers, seine Beschwer durch das Berufungsurteil auf über 60.000 DM festzusetzen, wird abgelehnt.
Tatbestand
I. Das Feststellungsbegehren des Klägers, zu 1/4 Miterbe nach seiner 1999 verstorbenen Mutter geworden zu sein, ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat den Wert der Beschwer gemäß § 3 ZPO unter Bewertung des Nachlasses auf 600.000 DM (500.000 DM Grundstück, 79.686,25 DM Sparguthaben, 20.000 DM sonstiges bewegliches Vermögen) sowie unter Abzug des Wertes des unstreitigen Pflichtteilsanspruchs und eines Feststellungsabschlages von 20% auf 60.000 DM festgesetzt. Der Kläger will mit der Revision sein Klagebegehren weiterverfolgen.
Entscheidungsgründe
II. 1. Der zu diesem Zweck gestellte Antrag, den Wert der Beschwer auf einen Betrag über 60.000 DM festzustellen, ist zulässig (§ 546 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.). An die Wertfestsetzung des Berufungsgerichts ist das Revisionsgericht bis zu einem Betrag von 60.000 DM nicht gebunden und daher nicht gehindert, diesen gegebenenfalls höher festzusetzen (BGH, Beschluß vom 15. Februar 2000 – X ZR 127/99 – NJW 2000, 1724 unter II 1).
2. Der Antrag ist indes nicht begründet.
Das Berufungsgericht hat gemäß §§ 2 und 3 ZPO nach freiem Ermessen rechtsfehlerfrei das Nachlaßvermögen bewertet und den Wert der Beschwer festgesetzt und dabei die sein Ermessen tragenden Erwägungen nachvollziehbar dargelegt. Neue Tatsachen, die eine Abänderung rechtfertigen könnten, sind nicht glaubhaft gemacht. Eine Heraufsetzung der Beschwer scheidet damit aus (vgl. statt aller MünchKomm-Wenzel, ZPO, 2. Aufl., §§ 546 Rdn. 34; 550 Rdn. 14 m.w.N.).
a) Entgegen der Ansicht der Revision kommt es auf die in der Klageschrift und der Berufungsbegründung vorgetragenen Vorstellungen des Klägers vom Wert des Hausgrundstückes nicht entscheidend an. Das Berufungsgericht hat – wie in der mündlichen Verhandlung ausweislich des Protokolls umfassend erörtert – aus der Schätzungsurkunde des Ortsgerichts und dem Wertgutachten für Beleihungszwecke der B.-Bausparkasse die erforderlichen Einsatzdaten für die von ihm vorzunehmende Bewertung des Grundstücks herangezogen. Dem ist der Kläger nicht mehr substantiiert entgegengetreten. Das gilt – jedenfalls bezogen auf den Zeitpunkt des Erbfalls – auch für den vom Berufungsgericht in Höhe von 60.000 DM berücksichtigten Renovierungsstau, der in beiden Gutachten bestätigt und in dem Beleihungsgutachten mit 73.000 DM sogar höher angesetzt wird. Ebenso wenig vermag die von der Revision aufgegriffene Summe der Teilwerte des Grundstücks und der baulichen Anlagen, die mit 216 DM geringfügig über der Gesamtbewertung des Grundbesitzes liegt, die Wertfestsetzung in Frage zu stellen. Die abschließende Gesamtbewertung hat eine hinreichend sichere Grundlage und ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
b) Eine andere Bewertung kommt auch nicht über das im Revisionsrechtszug vorgelegte Privatgutachten in Betracht, das über die Annahme eines etwas höheren als vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Richtwertes wegen der Grundstückslage von 1,8 an Stelle von 1,5 zu einem höheren Grundstückswert kommt.
Zwar kann der Kläger zur Höhe der Beschwer auch in der Revisionsinstanz neue Tatsachen vortragen; er muß diese jedoch in der gebotenen Weise glaubhaft machen (Senat, Beschlüsse vom 9. März 1988 – IVa ZR 250/87 –, 16. Februar 1994 – IV ZR 266/93 – und vom 18. Januar 1995 – IV ZR 182/94 –, BGHR ZPO § 546 Abs. 2 Neue Tatsachen 1, 2 und 3). Das ist ihm mit der bloßen nicht näher begründeten Angabe eines etwas größeren Bewertungsfaktors für das Grundstück nicht gelungen. Das Berufungsgericht ist bereits aufgrund seines Vorbringens zu der Grundstückslage zu seinen Gunsten von dem Richtwert der ihm vorliegenden Gutachten abgewichen und hat den Bewertungsfaktor um die Hälfte angehoben. Angesichts dieser Gutachten und der zusätzlichen Berücksichtigung des Klägervorbringens durch das Berufungsgericht reicht die alleinige Angabe eines anderen Bewertungsfaktors, auch wenn er „in diesem Fall” von einem auf dem Gebiet der Grundstücksbewertung tätigen Architekten für angemessen gehalten wird, ohne weitere nachvollziehbare Gründe für die Differenz für eine Glaubhaftmachung nicht aus, zumal sich das Berufungsgericht in dem auch von diesem Gutachter für zutreffend befundenen Bewertungsrahmen gehalten hat. Eine weitere Sachaufklärung ist dem Senat nicht möglich. Da Glaubhaftmachung erforderlich ist, ist jede Beweiserhebung, die nicht sofort erfolgen kann, unstatthaft (§ 294 Abs. 2 ZPO). Durch diese Vorschrift wird die dem Gericht bei der Ermittlung der tatsächlichen Grundlagen der Wertfestsetzung in § 3 2. Halbs. ZPO eingeräumte Ermessensfreiheit eingeschränkt (BGH, Beschluß vom 27. Juni 1990 – XII ZR 20/90 – BGHR ZPO § 546 Abs. 2 Neue Tatsachen 4).
c) Die Bewertung des sonstigen Vermögens begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Sie beruht auf den eigenen Angaben des Klägers in seiner ausführlich begründeten Streitwertbeschwerde, wonach dieser Wert mit „höchstens 20.000 DM” anzusetzen ist. Davon ist der Kläger mit seiner salvatorischen Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen in der Berufungsbegründung nicht erkennbar abgewichen.
d) Das Berufungsgericht hat schließlich – der Senatsrechtsprechung folgend (Beschluß vom 10. Mai 1989 – IVa ZR 126/88 – FamRZ 1989, 958 f. und Beschluß vom 15. Januar 1975 – IV ZR 124/73, MDR 1975, 389 = LM ZPO § 3 Nr. 50) – zu Recht bei der Wertfestsetzung Abzüge wegen des positiven Feststellungsbegehrens und des Wertes unstreitiger Pflichtteilsansprüche vorgenommen. Durchgreifende Gründe, davon abzuweichen, werden von der Revision nicht dargetan und sind auch sonst nicht ersichtlich.
Unterschriften
Terno, Dr. Schlichting, Ambrosius, Wendt, Felsch
Fundstellen
Haufe-Index 763765 |
NJOZ 2002, 1834 |