Entscheidungsstichwort (Thema)
Regelvergütung Zwangsverwalter. Mindestvergütung. Missverhältnis zur Regelvergütung. Aufwändige Geschäftsführung. Geringfügige Geschäftsührung
Leitsatz (amtlich)
a) § 24 der Zwangsverwalterverordnung ist in der Weise anzuwenden, daß die Regelvergütung des Zwangsverwalters jedenfalls von dem als Jahresmiete oder -pacht eingezogenen Betrag
bis zu 1.500 EUR |
9 v.H. |
und von den Beträgen |
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über 1.500 EUR bis 3.000 EUR |
8 v.H., |
über 3.000 EUR bis 4.500 EUR |
7 v.H., |
über 4.500 EUR |
6 v.H. |
beträgt. Eine Erhöhung der Vomhundertsätze bleibt zu prüfen.
b) Die Mindestvergütung des Zwangsverwalters nach § 24 Abs. 2 ZwVerwVO beträgt 90 EUR, diejenige nach § 24 Abs. 4 ZwVerwVO 45 EUR.
c) § 25 ZwVerwVO greift nur ein, wenn individuelle, tätigkeitsbezogene Besonderheiten der Geschäftsführung im Einzelfall diese als entweder besonders schwierig oder aufwendig bzw. als ungewöhnlich leicht oder geringfügig erscheinen lassen und deshalb ein Mißverhältnis zur Regelvergütung des § 24 ZwVerwVO entstehen würde.
Normenkette
ZwVerwVO § 24 Abs. 1 S. 1, Abs. 3-4, § 25
Verfahrensgang
LG Dortmund (Beschluss vom 17.01.2002) |
AG Dortmund |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Zwangsverwalters wird der Beschluß der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 17. Januar 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren: 6.925,93 EUR (13.545,94 DM).
Tatbestand
A.
Mit Beschluß vom 26. April 2000 ordnete das Amtsgericht die Zwangsverwaltung des im Eingang benannten Grundstücks an und bestellte den Beteiligten zu 2 zum Zwangsverwalter. Auf dem Grundstück in der Innenstadt von Dortmund befinden sich ein Wohn- und Geschäftshaus (mit 12 Wohnungen und 2 Gewerbeeinheiten), eine Lagerhalle, zwei Garagen sowie 7 Stellplätze für Kraftfahrzeuge.
Mit Beschluß vom 5. Juni 2001 hob das Amtsgericht nach Antragsrücknahme durch die Gläubigerin die Zwangsverwaltung auf. Daraufhin beantragte der Beteiligte zu 2 mit seinem Schlußbericht die Festsetzung der Verwaltervergütung. Neben Barauslagen (15,31 DM) berechnete er für den Zeitraum vom 28. April bis 31. Dezember 2000 eine Vergütung von 15.123,43 DM und für den Zeitraum vom 1. Januar bis 13. Juni 2001 eine solche von 12.709,69 DM (jeweils einschließlich Mehrwertsteuer). Der Berechnung hat er einen Zuschlag von 100 % der Regelvergütung nach § 24 ZwVerwVO (Verordnung über die Geschäftsführung und die Vergütung des Zwangsverwalters vom 16. Februar 1970 – BGBl. I S. 185) zugrunde gelegt. Das Amtsgericht hat die Vergütung antragsgemäß festgesetzt.
Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 (Schuldners) hat das Landgericht die Vergütung des Zwangsverwalters für das Kalenderjahr 2000 auf 3.998,25 EUR (7.819,90 DM) und für das Kalenderjahr 2001 auf 3.306,67 EUR (6.467,28 DM) – jeweils einschließlich 16 % Mehrwertsteuer – festgesetzt und den weitergehenden Vergütungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Dem Zwangsverwalter stehe nur die Regelvergütung gemäß § 24 ZwVerwVO, nicht aber eine Erhöhung gemäß § 25 ZwVerwVO zu. Insbesondere rechtfertige der Umstand, daß die Vergütungsverordnung aus dem Jahre 1970 stamme und die dort als Regelvergütung bemessenen Sätze nicht mehr im vollen Umfang angemessen sein dürften, keinen Zuschlag. Denn es lasse sich nicht feststellen, daß die Verordnung den heutigen wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht mehr gerecht werde. Zwar seien seit 1970 die allgemeinen Geschäftskosten gestiegen. Demgegenüber seien aber auch die Miet- und Pachtzinsen, nach deren Höhe die Vergütung des Zwangsverwalters bemessen wird, seit 1970 noch stärker angestiegen als der allgemeine Lebenshaltungskostenindex.
Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Zwangsverwalters.
Entscheidungsgründe
B.
Das gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, §§ 575, 576 ZPO n.F. zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I.
Die Rechtsbeschwerde nimmt hin, daß das Landgericht die Vergütung auf der Grundlage des § 24 ZwVerwVO zutreffend berechnet hat. Sie rügt aber mit Recht, daß diese Vorschrift nicht mehr uneingeschränkt in der bisherigen Fassung anzuwenden ist.
1. § 24 Abs. 1 Satz 1 ZwVerwVO bestimmt, daß der Verwalter bei der Verwaltung von Grundstücken, die durch Vermieten oder Verpachten genutzt werden, als Vergütung von dem im Kalenderjahr an Miet- und Pachtzinsen eingezogenen Betrag
bis zu 1.000,– DM |
9 v.H. |
und von den Beträgen |
|
über 1.000,– DM bis 2.000,– DM |
8 v.H. |
über 2.000,– DM bis 3.000,– DM |
7 v.H. |
über 3.000,– DM |
6 v.H. |
erhält. Diese Beträge sind inzwischen durch Art. 9 des Gesetzes zur Einführung des Euro in Rechtspflegegesetzen vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3574, 3575 f) auf 500 Euro, bis 1000 Euro und bis 1500 Euro umgestellt worden. Gegen die Rechtsgültigkeit der Verordnung bestehen keine Bedenken (BVerfG ZInsO 2001, 463 f). Die darin festgesetzten Beträge sind seit Inkrafttreten der Verordnung nicht mehr den wirtschaftlichen Verhältnissen angepaßt worden. Das Gesetz vom 13. Dezember 2001 (aaO) rechnet sie nur – wie in zahlreichen anderen, neueren Normen auch – im allgemeinen Verhältnis von 2 zu 1 in Euro um.
a) Dennoch geht eine weithin vertretene Ansicht in Rechtsprechung und Literatur – mit dem Beschwerdegericht – dahin, daß wegen der inzwischen gestiegenen Mieten eine Anpassung nicht geboten sei (OLG Bamberg Rpfleger 2000, 464; LG Göttingen ZInsO 2001, 460 f; LG Bochum Rpfleger 1995, 374 f; LG Braunschweig Rpfleger 1999, 458 f; LG Essen Rpfleger 1989, 120; LG Hannover Rpfleger 1991, 121 f; LG Kassel KTS 1986, 724 f mit ablehnender Anmerkung von Bundßei; LG Oldenburg Rpfleger 1994, 78; LG Leipzig Rpfleger 1999, 504; Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz 17. Aufl. § 152 a Anm. 4.8; Wertenbruch KTS 1993, 611, 615 f; Garczynski JurBüro 1998, 452, 454). Dagegen verdoppeln zahlreiche Gerichte die in der Verordnung festgelegten Anteile von der Jahresmiete oder -pacht (LG Frankfurt/Main Rpfleger 1991, 333 f; LG Flensburg ZinsO 2002, 423 f; LG Gera ZIP 2002, 1496, 1497 f; LG Hechingen Rpfleger 1996, 363; LG Mainz Rpfleger 1996, 37 f; LG Potsdam ZInsO 2002, 220 f; im Ergebnis ebenso LG Hamburg Rpfleger 1988, 200, 201; LG Krefeld Rpfleger 1991, 121; zustimmend Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, § 24 ZwVerwVO Rn. 27; für eine Erhöhung um 50%: LG Frankental Rpfleger 1997, 399; LG Lüneburg Rpfleger 1999, 34, 35; LG Stuttgart Rpfleger 1997, 399).
b) In der Begründung zu § 14 der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung vom 19. August 1998 (BGBl. I S. 2205 – InsVV) hatte die Bundesregierung ausgeführt: Vorbild für die Staffelsatzregelung des § 14 InsVV sei in erster Linie die Vergütung des Zwangsverwalters, für die in § 24 ZwVerwVO ebenfalls degressiv gestaffelte Vomhundertsätze vorgesehen seien. Aus der Höhe der in der Verordnung festgelegten Sätze sowie aus deren Anwendung in der Praxis ergäben sich Anhaltspunkte für die angemessene Höhe der Vergütung auch des Treuhänders. Dann heißt es wörtlich (zitiert nach Eickmann, Vergütungsrecht 2. Aufl. Anhang I zu § 14, S. 226):
„Berücksichtigt man einerseits, daß diese Sätze von der Praxis als unzureichend empfunden werden – häufig wird der dreifache Satz für ein Normalverfahren bewilligt –, andererseits, daß die Tätigkeit des Zwangsverwalters regelmäßig schwieriger, umfangreicher und verantwortungsvoller ist als die des Treuhänders, so erscheint ein Bruchteil von 5 v.H. der eingehenden Beträge als Ausgangssatz für die Vergütung des Treuhänders angemessen.”
Dieser Ausgangssatz beträgt 50.000 DM (25.000 Euro), die weitere Ermäßigungsschwelle 100.000 DM (50.000 Euro).
c) Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen, die dagegen gerichtet war, daß ein Gericht nur einen Zuschlag von 50% auf die Staffelsätze des § 24 ZwVerwVO bewilligt hatte. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt (ZInsO 2001, 463, 464): Einer Entscheidung stehe die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 Abs. 2 BVerfGG entgegen, weil der Beschwerdeführer Einwände gegen die Vereinbarkeit der konkreten Vergütungshöhe mit Art. 12 Abs. 1 GG vor den ordentlichen Gerichten nicht erhoben habe. Auch sein Vortrag im Verfassungsbeschwerde-Verfahren sei nicht ausreichend substantiiert, um zu überprüfen, ob die Anwendung der Zwangsverwalterverordnung zur Festsetzung einer auskömmlichen Vergütung geführt habe. Dazu hätte es mindestens der konkreten Darstellung des erbrachten Aufwandes an Arbeitszeit und der festen Geschäftsunkosten bedurft. Die Praxis zahlreicher Gerichte, den Regelsatz des § 24 ZwVerwVO zu vervielfachen und gegebenenfalls zugleich die Erhöhungsmöglichkeit des § 25 ZwVerwVO anzuwenden, spreche im übrigen dafür, daß die Rechtsprechung einen Weg gefunden habe, die Staffelwerte den zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen anzupassen und auskömmliche Vergütungen festzusetzen.
2. Der Anspruch des Zwangsverwalters auf Vergütung folgt nicht erst aus den §§ 23 ff ZwVerwVO. Vielmehr wird er unabhängig davon schon durch die §§ 152 a, 153 Abs. 1 ZVG begründet: Die Ermächtigungsgrundlage des § 152 a ZVG geht ohne weiteres davon aus, daß dem Zwangsverwalter eine Vergütung zusteht. Allein deren Höhe ist durch die Verordnung zu regeln und sodann vom Gericht festzusetzen (§ 153 Abs. 1, erster Halbsatz ZVG).
§ 152 a Satz 3 ZVG gibt vor, daß für die Vergütung Mindest- und Höchstsätze vorzusehen sind; sie sind insbesondere am Umfang der Aufgabe und an der Leistung des Zwangsverwalters auszurichten (§ 152 a Satz 2 ZVG).
a) § 24 Abs. 1 Satz 1 ZwVerwVO trägt der Vorgabe in der Weise Rechnung, daß von niedrigeren Jahresmieten ein höherer Prozentsatz als Vergütung zu zahlen ist. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, daß jede Verwaltung von Miet- oder Pachtverhältnissen jedenfalls ein Mindestmaß an Aufwand unabhängig davon erfordert, in welcher Höhe ein Entgelt eingezogen wird. Umgekehrt bedingt der Einzug höherer Mieten erfahrungsgemäß nicht ohne weiteres einen entsprechend größeren Einsatz als derjenige niedrigerer Mieten. Dies rechtfertigt die degressive Staffelung der Vergütungssätze von 9 auf 6 v.H. der Mieteinnahmen. Aus gleichartigen Erwägungen ist die Vergütung für Treuhänder im Sinne von § 293 InsO durch § 14 Abs. 2 InsVV auf Sätze zwischen 5 und 1 v.H. der bei ihnen eingehenden Erlöse degressiv festgesetzt worden.
b) Das mit § 24 Abs. 1 ZwVerwVO beabsichtigte ausgewogene Verhältnis zwischen einer stärker tätigkeitsbezogenen, höheren Vergütung aus einem verhältnismäßig geringen Sockelbetrag von Mieteinkünften einerseits und der mehr erfolgsorientierten und deshalb prozentual niedrigeren Vergütung für höhere Mieteinkünfte ist durch die seit 1970 eingetretene Preissteigerung empfindlich gestört worden. Der Anstieg insbesondere der Miet- und Pachtzinsen hat dazu geführt, daß der Zwangsverwalter in nahezu jedem Vertragsverhältnis auch auf der Grundlage des niedrigsten Satzes von 6 % abzurechnen hat: Jahresmieten von 3.000 DM (1.500 Euro) oder weniger sind für Wohn- oder Geschäftsräume zur seltenen Ausnahme geworden. Das in § 24 Abs. 1 ZwVerwVO vorgesehene Degressionsprinzip hat einen wesentlichen Teil seiner Funktion verloren.
Diesen Umstand berücksichtigt die Auffassung nicht, welche jede Anpassung der Staffelsätze ablehnt. Zwar haben die seit 1970 eingetretenen Preissteigerungen zugleich die Bemessungsgrundlage für die Verwaltervergütung erhöht. Damit wurden aber auch die Bemessungsmaßstäbe verschoben.
c) Der Vorgabe des § 152 a Satz 3 ZVG ist durch eine Auslegung des § 24 Abs. 1 ZwVerwVO Rechnung zu tragen, die der allgemeinen Entwicklung der Mieten und Pachten entspricht und dadurch die Degression der Staffelsätze wieder wirksam werden läßt.
Seit 1969 – dem Bemessungsjahr, das der Zwangsverwalterverordnung zugrunde liegt – hat sich der Index der Wohnungsmieten ausweislich der Statistischen Jahrbücher für die Bundesrepublik Deutschland um knapp 265 % erhöht, derjenige der allgemeinen Lebenshaltungskosten um knapp 275 %. Für die Geschäftsraummieten sind keine vergleichbaren Zahlen veröffentlicht; sie sind jedoch erfahrungsgemäß noch stärker angestiegen als die Wohnungsmieten, zumal für Geschäftsraummieten keine besonderen gesetzlichen Grenzen gelten. Dies rechtfertigt es, die in § 24 Abs. 1 Satz 1 ZwVerwVO genannten Miet- und Pachtbeträge für die nächste Zeit jeweils zu verdreifachen.
Dem entspricht es, daß § 14 InsVV – der dem Vorbild des § 24 ZwVerwVO nachgebildet worden ist (s.o. 1 b) – die Degression erst von wesentlich höheren Gesamtjahreseinkommen einsetzen läßt: nämlich von mehr als 50.000 DM (25.000 Euro) bzw. 100.000 DM (50.000 Euro). Solche Grenzwerte wären gemäß dem Wortlaut des § 24 Abs. 1 ZwVerwVO allenfalls noch bei verwalteten Grundstücken mit mehr als 50 Miet- oder Pachteinheiten zu erreichen.
3. Danach ist § 24 Abs. 1 Satz 1 ZwVerwVO in der Weise anzuwenden, daß die Bemessungssätze für die Regelvergütung des Verwalters jedenfalls von dem als Jahresmiete oder -pacht eingezogenen Betrag
bis zu 1.500 EUR |
9 v.H., |
von den Beträgen über 1.500 EUR bis 3.000 EUR |
8 v.H., |
über 3.000 EUR bis 4.500 EUR |
7 v.H. |
und über 4.500 EUR |
6 v.H. |
betragen.
Aus denselben Gründen sind die Mindestvergütungen nach § 24 Abs. 3 und 4 ZwVerwVO zu verdreifachen. Diejenige nach § 24 Abs. 3 ZwVerwVO für den Fall, daß der Verwalter das Grundstück in Besitz genommen hat, beträgt mithin 90 EUR, diejenige nach § 24 Abs. 4 ZwVerwVO für den Fall einer Aufhebung der Zwangsverwaltung ohne Besitzergreifung 45 EUR. Sogar diese Werte liegen noch unter der für Treuhänder (§ 293 InsO) durch § 14 Abs. 3 InsVV vorgesehenen Mindestvergütung von 100 EUR.
II.
Damit allein ist dem Antrag des Zwangsverwalters im vorliegenden Fall aber noch nicht voll entsprochen. Vielmehr würde sich danach seine Nettovergütung nur auf rund 7.800 DM für das Jahr 2000 und auf rund 6.450 DM für 2001 berechnen.
Für eine weitergehende Erhöhung hat der Zwangsverwalter jedoch bisher nicht hinreichend vorgetragen.
1. Allerdings könnte § 24 ZwVerwVO gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstoßen, wenn er die Gerichte nötigte, zu geringe und dadurch die Berufsausübung beeinträchtigende Vergütungen festzusetzen. Um ein solches Ergebnis zu verhindern, hätten die Gerichte vorrangig zu versuchen, im Wege verfassungskonformer Auslegung der Norm eine angemessene Vergütung sicherzustellen; die Gerichte wären an die Vergütungsregelung einer Verordnung dann nicht mehr gebunden, wenn sie zu unangemessenen Folgen führte (BVerfG ZIP 1989, 382, 383). Maßstab dafür ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: In die Berufsfreiheit könnte insbesondere eingegriffen werden, wenn die festzusetzende Vergütung nicht einmal die Selbstkosten des Berufsangehörigen deckte (BVerfGE 85, 329, 334 f.). Die festzusetzende Vergütung soll eine auskömmliche Berufsausübung ermöglichen (vgl. BVerfG ZInsO 2001, 463, 464).
2. Daß dies mit den angepaßten Sätzen des § 24 Abs. 1 ZwVerwVO (s.o. I 3) regelmäßig nicht möglich wäre, hat der hier beteiligte Zwangsverwalter bisher nicht hinreichend dargetan.
a) Er beruft sich im wesentlichen auf erheblich gestiegene Bürounkosten für Verwalter, vermehrte haftungsrechtliche Risiken im Hinblick auf mögliche Schäden durch Altlasten (vgl. dazu Förster ZInsO 2001, 462) sowie auf erschwerte rechtliche Rahmenbedingungen für seine Tätigkeit. Diese erblickt er vor allem darin, daß seit Inkrafttreten der Zwangsverwalterverordnung mindestens 27 Gesetze oder Verordnungen zum Miet- oder Pachtrecht – vor allem im Bereich der Wohnungsmiete – erlassen worden seien, die der Zwangsverwalter umzusetzen habe (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, aaO § 24 ZwVerwVO Rn. 23-25). Zusätzlich habe die Rechtsprechung die Rechte von Mietern stetig gestärkt und damit die Anforderungen an die Tätigkeit des Verwalters ausgeweitet. Im gewerblichen Bereich habe vor allem die Nutzung durch Leasing stark zugenommen. Das alles fordere vom Zwangsverwalter einen gegenüber 1970 unvergleichbar höheren Bearbeitungsaufwand.
b) Damit allein kann ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG nicht begründet werden. Denn aus den höheren Anforderungen an einen Zwangsverwalter ergibt sich nicht ohne weiteres, daß § 24 Abs. 1 ZwVerwVO keine „auskömmliche” Vergütung gewähre.
Einerseits werden alle Umstände außer Betracht gelassen, welche inzwischen die Verwaltertätigkeit erleichtern. Das betrifft vor allem die weithin eingeführten elektronischen Datenverarbeitungssysteme, die eine rationellere Bearbeitung gerade zahlreicher und häufig wiederkehrender Geschäftsvorfälle ermöglichen.
Vor allem fehlt jeder Bezug zur derzeitigen Kostenstruktur der Verwaltertätigkeit. Da entscheidend auf die Verhältnismäßigkeit der Vergütung im Vergleich zu der dafür erforderlichen Tätigkeit abzustellen ist (s.o. vor a), muß auch der erforderliche Aufwand als solcher in nachvollziehbarer Weise dargetan werden. Ferner muß wenigstens die Größenordnung der dadurch anfallenden Kosten spezifiziert werden. Hierbei ist auf durchschnittliche Werte abzustellen.
c) Für den vorliegenden Fall bedeutet das: Für die gesamte, vom 26. April 2000 bis 13. Juni 2001 dauernde Tätigkeit steht dem Zwangsverwalter mindestens eine Nettovergütung von zusammen fast 14.250 DM zu (s.o. vor 1.). Im Monatsdurchschnitt sind das mehr als 1.050 DM. Auf der Grundlage der höchst-zulässigen Sachverständigen-Vergütung von 150 DM (78 Euro) je Stunde gemäß § 3 Abs. 2 und 3 ZSEG entspräche dem ein Aufwand von sieben Stunden. Sogar wenn man dem Zwangsverwalter, wie teilweise vertreten wird (LG Hanau ZIP 2002, 679 f), einen Stundensatz von 250 DM zubilligt, wäre noch eine Arbeitszeit von mehr als vier Stunden abgegolten.
Der Vortrag des hier beteiligten Zwangsverwalters gibt keinen Anhalt dafür, wieviel Zeit ihn die Verwaltung tatsächlich gekostet hat und wie er die Kosten für eine Arbeitsstunde kalkuliert. Auch wenn die Vergütung gemäß § 24 ZwVerwVO nicht unmittelbar vom Zeitaufwand abhängt, sind entsprechende Angaben unverzichtbar für die im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG gebotene Beurteilung einer „auskömmlichen” Vergütung.
d) Der Senat kann hierüber jedoch nicht abschließend entscheiden, sondern hat dem beteiligten Zwangsverwalter Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu bieten. Denn das Beschwerdegericht hat aus Anlaß des vorliegenden Falles seine frühere Rechtsprechung aufgegeben, einen Zuschlag auf die Regelsätze zu gewähren. Dann mußte der Verwalter gemäß § 139 Abs. 1 ZPO Gelegenheit erhalten, Tatsachen zu dem geltend gemachten Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG vorzutragen. Dieser sollte möglichst durch eine verallgemeinernde Auskunft der Steuerberaterkammer unterlegt sein.
III.
Der Vortrag des beteiligten Zwangsverwalters rechtfertigt derzeit auch keinen zusätzlichen Zuschlag zu seiner Vergütung gemäß § 25 ZwVerwVO durch das Rechtsbeschwerdegericht.
1. Nach dieser Vorschrift ist eine entsprechend geringere oder höhere Vergütung als diejenige nach § 24 festzusetzen, wenn sich im Einzelfall ein Mißverhältnis zwischen der Tätigkeit des Verwalters und der regelmäßigen Vergütung ergibt. Diese Abänderungsmöglichkeit knüpft an die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles an, um dafür eine Anpassung der starren, ausschließlich auf den Wert der eingezogenen Mieten und Pachten ausgerichteten Regelsätze des § 24 ZwVerwVO zu ermöglichen. Sie greift nur ein, wenn individuelle, konkret tätigkeitsbezogene Besonderheiten der einzelnen Geschäftsführung diese als entweder besonders schwierig oder aufwendig bzw. als ungewöhnlich leicht oder geringfügig erscheinen lassen und deshalb ein Mißverhältnis zur Regelvergütung entstehen würde (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, aaO § 25 Rn. 1). Entscheidend ist, ob Arbeitsleistung und -aufwand sowie das Maß der Verantwortung im Einzelfall wesentlich von den durchschnittlichen Anforderungen abweichen oder besondere Erschwernisse zu bewältigen waren (Stöber, ZVG aaO § 152 a Anm. 4.7).
Dagegen werden Aufgaben, die typischerweise mit der durchschnittlichen Zwangsverwaltung verbunden sind, bereits durch die Regelvergütung des § 24 ZwVerwVO abgegolten. Deshalb kann § 25 ZwVerwVO nicht dazu verwendet werden, um eine allgemeine Preissteigerung auszugleichen, welche typischerweise jede Zwangsverwaltung trifft (vgl. Riggers JurBüro 1970, 621, 633 f).
2. In dieser Hinsicht hat der hier beteiligte Zwangsverwalter geltend gemacht:
a) Der Verwaltungsaufwand in der Anfangsphase eines Verfahrens sei erfahrungsgemäß mit erheblichem Arbeitsaufwand verbunden; denn er sei dadurch gekennzeichnet, daß alle mit dem Grundstück verbundenen Informationen, insbesondere über Nutzungen und Lasten des Grundstücks, zu beschaffen seien. Erst danach könnten die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Verwaltung ergriffen werden.
Die Einarbeitung in die Besonderheiten des zu verwaltenden Objekts wird aber in jedem Falle erforderlich und stellt keine besondere Erschwernis im Sinne von § 25 ZwVerwVO dar. Ob etwas anderes dann gelten könnte, wenn die Zwangsverwaltung nur so kurze Zeit dauerte, daß der mit der erstmaligen Einarbeitung verbundene Aufwand nicht durch später eingehende Mieten oder Pachten ausgeglichen würde, braucht wegen der Dauer der Zwangsverwaltung hier nicht entschieden zu werden.
b) Nach Überprüfung der bestehenden Versicherungsverträge sei – so macht der Zwangsverwalter weiter geltend – der bestehende Rahmenvertrag, in dem mehrere Objekte des Schuldners mitversichert waren, bezüglich der Gebäude- sowie Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht-Versicherung aufgehoben worden; sodann sei ab 1. Januar 2001 ein Einzelversicherungsvertrag abgeschlossen worden. Demgegenüber hat der Schuldner geltend gemacht, der Verwalter habe lediglich einen Brief mit der Bitte um Vertragsumstellung an den Versicherer gerichtet (Schreiben vom 4. September 2001 = Bl. 168 GA).
Unter diesen Umständen ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Landgericht im angefochtenen Beschluß keinen außergewöhnlichen Aufwand in der dargelegten Tätigkeit gesehen hat (Beschluß S. 8). Denn dem bisherigen Vorbringen des Zwangsverwalters ist nicht zu entnehmen, inwieweit mit der Umstellung von einer Sammel- auf eine Einzelversicherung ein wesentlicher Mehraufwand verbunden war.
c) Entsprechendes gilt für den Hinweis des Zwangsverwalters darauf, daß während der Dauer der Zwangsverwaltung zwei Wohnungen und ein Stellplatz neu zu vermieten waren. Ein gewisser Wechsel im Bestand von Miet- oder Pachtverhältnissen gehört zu jeder Dauernutzung. Inwieweit das allgemein übliche Maß im vorliegenden Einzelfall überschritten wurde, ist auch im Schriftsatz des Zwangsverwalters vom 4. Oktober 2001 (S. 2 = Bl. 177 GA) nicht hinreichend dargetan.
d) Die vom Zwangsverwalter veranlaßten Reparaturarbeiten – insbesondere zur Beseitigung von Feuchtigkeitsschäden in einer Wohnung – können ebenfalls nicht ohne ergänzende Angaben zu einem Zuschlag gemäß § 25 ZwVerwVO führen.
Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, aaO § 25 Rn. 5) kann nicht schon jeder Reparaturaufwand als Abweichung vom Normalfall der Zwangsverwaltung angesehen werden. Denn die Zwangsverwaltung bezieht sich typischerweise auf Gebäude in einem durchschnittlichen Erhaltungszustand, der auch gelegentliche Reparaturen im üblichen Umfang erforderlich werden läßt. Ein besonders „gepflegter” Zustand entspricht hingegen nicht dem Normalmaß.
e) Die Rechtsbeschwerde stützt sich ferner auf eine in der Literatur (Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, aaO § 25 Rn. 5) vertretene Auffassung, schon der Umstand, daß Teile des Grundstücks gewerblich genutzt werden, rechtfertige ohne weiteres einen Zuschlag, weil Regelfall der Zwangsverwaltung ein nicht gewerblich genutztes Objekt sei. Ob und inwieweit ein solcher Erfahrungssatz besteht, bedürfte jedoch der Feststellung.
Zwar mag die Verwaltung gewerblich genutzter Grundstücke vor allem in steuerlicher Hinsicht (vgl. FG München NJW 1999, 743 f) einen größeren Aufwand erfordern. Es steht jedoch zum einen nicht fest, inwieweit dieser Aufwand größer ist als der mit der Vermietung von Wohnraum verbundene, für den besondere gesetzliche Vorschriften gelten. Sogar wenn die Verwaltung von Gewerberäumen arbeitsaufwendiger wäre, könnte dies keinen Zuschlag gemäß § 25 ZwVerwVO rechtfertigen, sofern angeordnete Zwangsverwaltungen sich jedenfalls überwiegend zugleich auf gewerblich genutzte Objekte beziehen. Dann wäre der erforderliche Mehraufwand vielmehr schon bei der Bemessung der gemäß § 24 ZwVerwVO festzusetzenden Regelvergütung zu berücksichtigen (s.o. II).
f) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann auch nicht allein die Anzahl der Wohneinheiten in dem beschlagnahmten Gebäude den Zuschlag nach § 25 ZwVerwVO rechtfertigen. Hierbei mag es offenbleiben, ob der Regelfall der Zwangsverwaltung – wie die Rechtsbeschwerde vorbringt – ein kleines Mehrfamilienhaus mit bis zu fünf Wohneinheiten darstellt. Denn bei größeren Objekten erhöht sich regelmäßig auch die Gesamtmiete als Grundlage der Regelvergütung nach § 24 ZwVerwVO.
Nur soweit die zu erzielende Miete im Einzelfall außergewöhnlich gering ist, kann ein Zuschlag geboten sein (vgl. auch § 26 ZwVerwVO). Dafür ist hier nichts dargetan.
g) Ein auf das einzelne Mietverhältnis bezogener Zuschlag gemäß § 25 ZwVerwVO könnte allerdings dem Grunde nach durch den Vortrag des beteiligten Zwangsverwalters gerechtfertigt sein, vom Schuldner (Beteiligten zu 1) sei eine Nutzungsentschädigung für den diesem überlassenen Stellplatz durchweg nur nach mehrfacher Zahlungsaufforderung zu erlangen gewesen (S. 15 des Schlußberichts des Zwangsverwalters zu Nr. 6 = Bl. 108 GA). Der Schuldner stellt den erforderlichen Aufwand allerdings geringer dar (S. 3 seiner Eingabe vom 31. August 2001 = Bl. 166 GA). Damit wird sich das Landgericht befassen müssen.
Unterschriften
Kreft, Kirchhof, Fischer, Ganter, Kayser
Fundstellen
Haufe-Index 871054 |
BGHZ 2003, 18 |
BGHZ |
NJW 2003, 212 |
NWB 2002, 3838 |
BGHR 2002, 1059 |
KTS 2003, 342 |
NZM 2002, 1042 |
Nachschlagewerk BGH |
ZAP 2002, 1329 |
ZIP 2002, 1959 |
ZMR 2003, 17 |
ZfIR 2002, 935 |
InVo 2003, 43 |
MDR 2003, 112 |
NZI 2002, 683 |
Rpfleger 2002, 632 |
WuM 2003, 57 |
ZInsO 2002, 967 |
ZVI 2003, 231 |
KammerForum 2003, 60 |
LMK 2003, 37 |