Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 09.11.2006) |
Tenor
Auf Antrag des Generalbundesanwalts wird das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO zu II. 24 der Gründe des Urteils des Landgerichts Hamburg vom 9. November 2006 eingestellt. Die insoweit entstandenen Kosten des Verfahrens und notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last. Dementsprechend wird das Urteil dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 23 Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt ist.
Im Übrigen wird die Revision gegen das vorbezeichnete Urteil nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Anlass zur Verfahrensweise nach § 154 StPO gibt der Umstand, dass es das Landgericht unterlassen hat, für diese Tat in den Urteilsgründen eine Einzelstrafe festzusetzen. Die Gesamtfreiheitsstrafe bleibt unberührt.
Zur Rüge nach § 338 Nr. 8 StPO bemerkt der Senat ergänzend:
1. Die Revision sieht in den Beschlüssen des Landgerichts, mit denen Anordnungen des Vorsitzenden bestätigt worden sind, dass Fragen an den als Zeugen vernommenen Pflichtverteidiger über Mitteilungen des Angeklagten diesem gegenüber „vor der Hauptverhandlung” und „zur Schuldfrage” nichts zur Wahrheitsfindung beitragen könnten und deshalb ungeeignet seien, eine Behinderung der Verteidigung. Die Fragen an den Zeugen hätten offensichtlich dazu gedient, mittelbare Beweisanzeichen durch Zeugenbeweis in die Hauptverhandlung darüber einzuführen, wie sich der Angeklagte gegenüber seinem Verteidiger und damit gegenüber einer Person geäußert habe, der er sich wegen seiner beruflichen Stellung als Verteidiger rückhaltlos hätte anvertrauen können. Angaben des Angeklagten gegenüber dem Verteidiger seien für die Wahrheitsfindung grundsätzlich ebenso von Bedeutung, wie die zeugenschaftliche Vernehmung polizeilicher Vernehmungsbeamter oder die Vernehmung eines Haftrichters über Bekundungen eines Beschuldigten gegenüber diesen Vernehmungspersonen.
2. Die Rüge ist gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO unzulässig, weil sie keinen konkreten Zusammenhang zwischen dem geltend gemachten Verfahrensverstoß und dem Urteil aufzeigt (vgl. BGHSt 49, 317, 327 f.).
Im Übrigen gehören Mitteilungen des Angeklagten an seinen amtierenden Verteidiger vor der Hauptverhandlung grundsätzlich nicht zum Gegenstand der Beweisaufnahme. Der Inhalt solcher Besprechungen zwischen einem Angeklagten und seinem Verteidiger dient der Vorbereitung der Verteidigung, die der Angeklagte durch Sacheinlassung – wie hier – oder Schweigen gestaltet (§ 243 Abs. 4 Satz 1 StPO). Die Umstände, die zur Entscheidung über Art und Inhalt der Verteidigungsstrategie geführt haben, sind aber regelmäßig einer Kognition durch das Gericht entzogen. Sie gehören zum Kernbereich der Verteidigung (vgl. BGHSt 36, 44, 48; BGH, Beschluss vom 5. Juni 2007 – 5 StR 383/06).
Soweit indes ein Angeklagter das Gewicht seiner Einlassung etwa durch Darlegung von „Aussagekonstanz” gegenüber seinem Verteidiger zu stärken bestrebt sein sollte, neigt der Senat zu der Ansicht, dass insoweit eine Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung des Verteidigers ebenfalls nicht in Betracht kommt. Sofern solchen Tatsachen überhaupt Beweisrelevanz zuzuerkennen wäre, könnten sie allenfalls durch eine eigene Einlassung des Angeklagten, gegebenenfalls vorbereitet durch eine – auch der einseitigen Verpflichtung des Verteidigers Rechnung tragende (vgl. BGHSt 46, 1, 4) – Erklärung des Verteidigers in die Hauptverhandlung eingeführt werden.
Unterschriften
Basdorf, Raum, Brause, Schaal, Jäger
Fundstellen
Haufe-Index 2553421 |
NStZ-RR 2008, 38 |
StV 2008, 284 |