Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 05.02.2013) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 5. Februar 2013, soweit es ihn betrifft, im Fall II.4 der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben.
2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Tatbestand
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Geiselnahme in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung sowie vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Bedrohung, Nötigung und Freiheitsberaubung von über einer Woche Dauer zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.
I.
Rz. 2
Die Verfahrensrügen greifen nicht durch. Soweit das Landgericht den Hilfsbeweisantrag zur Vernehmung der Zeugin B. nicht ohne Rechtsfehler zurückgewiesen hat, ist auszuschließen, dass das Urteil hierauf beruht. Den Urteilsgründen, die das Revisionsgericht insoweit zusätzlich berücksichtigen kann, lässt sich hinreichend entnehmen, dass sich das Landgericht ausführlich mit der Glaubwürdigkeit der Zeugin K. auseinandergesetzt hat und bei Erwiesensein der in das Wissen der Zeugin B. gestellten Umstände den Schluss auf die Unglaubwürdigkeit der Zeugin K. nicht ziehen wollte.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 3
Die Sachrüge führt zur Aufhebung im Fall II.4 und zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. Ansonsten weist die angefochtene Entscheidung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
Rz. 4
1. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen – tateinheitlich begangener – Geiselnahme nicht. Zwar haben der Angeklagte und sein Mittäter die Zeugin entführt, der Angeklagte hat sie auch mehrfach mit dem Tode bedroht, falls sie die gegen ihn erstattete Anzeige bei der Polizei nicht zurücknehmen würde. Es lässt sich jedoch nicht feststellen, dass der Angeklagte die Zeugin entführt hat, um sie zu einer Handlung zu nötigen, die sie während der Entführung vornehmen sollte. Zwischen der Entführung und der beabsichtigten Nötigung muss ein funktionaler und zeitlicher Zusammenhang derart bestehen, dass der Täter das Opfer während der Dauer der Entführung nötigen will (vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 1994 – GSSt 1/94, BGHSt 40, 350, 355, 359) und die abgenötigte Handlung auch während der Dauer der Zwangslage vorgenommen werden soll (BGH, Beschluss vom 2. Oktober 1996 – 3 StR 378/96, BGHR StGB § 239b Entführen 4; Urteil vom 20. September 2005 – 1 StR 86/05; NStZ 2006, 36 f.). Soweit der Angeklagte also (lediglich) die Absicht verfolgt hat, die Zeugin durch Entführung und qualifizierte Drohung dazu zu bestimmen, erst nach Beendigung der Zwangslage ihre Aussage bei der Polizei zu widerrufen (UA S. 24/25), ist der Tatbestand nicht erfüllt.
Rz. 5
Ob der erforderliche funktionale und zeitliche Zusammenhang angenommen werden könnte, weil der Angeklagte nach seiner Vorstellung – wie der Generalbundesanwalt meint – mit einer während der Bemächtigungslage abgegebenen „Verpflichtungserklärung” des Tatopfers zur Rücknahme der Strafanzeige einen Teilerfolg erreichen wollte, der mit Blick auf das erstrebte Endziel vorbereitend wirken sollte (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2005 – 1 StR 86/05, BGH NStZ 2006, 36, 37), lässt sich anhand der getroffenen Feststellungen nicht beurteilen. Den Urteilsgründen lässt sich nämlich nicht entnehmen, der Angeklagte sei davon ausgegangen, dass er bereits während der Bemächtigungssituation, insbesondere durch seine Todesdrohungen, erreichen wollte und konnte, dass die Zeugin sich zu diesem Zeitpunkt endgültig zur Rücknahme verpflichtet und noch vor Beendigung der Zwangslage eine derartige Erklärung abgibt.
Rz. 6
2. Dies führt zur Aufhebung des gesamten Schuldspruchs im Fall II.4; erfasst wird auch die an sich fehlerfrei erfolgte tateinheitliche Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung und Körperverletzung. Der Senat hebt auch die zugehörigen Feststellungen mit auf, um dem neuen Tatrichter eine umfassende, widerspruchsfreie Prüfung des Tatgeschehens zu ermöglichen.
Rz. 7
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall II.4 führt insoweit zum Wegfall des Strafausspruchs und bedingt die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs.
Unterschriften
Appl, Schmitt, Krehl, Eschelbach, Zeng
Fundstellen
Haufe-Index 5670895 |
StV 2014, 218 |
StraFo 2014, 32 |