Verfahrensgang
LG Stralsund (Entscheidung vom 09.12.2022; Aktenzeichen 22 KLs 23/22) |
Nachgehend
Tenor
Der Antrag des Angeklagten S. auf Aufhebung der Beiordnung von Rechtsanwalt Sc. wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Rz. 1
Der Angeklagte befindet sich seit dem 22. Juni 2022 in Untersuchungshaft. Mit Beschluss vom gleichen Tag hat ihm das Amtsgericht Rostock Rechtsanwalt Sc. als Pflichtverteidiger beigeordnet.
Rz. 2
Am 9. Dezember 2022 hat das Landgericht Stralsund den Angeklagten unter anderem wegen zahlreicher Fälle des Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt.
Rz. 3
Gegen dieses Urteil haben der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Sowohl Rechtsanwalt Sc. als auch Rechtsanwalt R., der sich mit Schriftsatz vom 16. Januar 2023 als Wahlverteidiger legitimiert hatte, haben die Revision für den Angeklagten begründet.
Rz. 4
Mit Schreiben vom 24. Juli 2023 hat der Angeklagte die Aufhebung der Beiordnung von Rechtsanwalt Sc. beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Pflichtverteidiger zerstört sei. Er wolle im Revisionsverfahren ausschließlich von Rechtsanwalt R. vertreten werden.
Rz. 5
Rechtsanwalt R. hat von der ihm eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Antrag keinen Gebrauch gemacht. Rechtsanwalt Sc. hat mitgeteilt, er sehe keinen Anlass für eine Mandatsbeendigung; der Entpflichtung werde nicht entgegengetreten, ein Gebührenverzicht werde aber nicht erklärt.
II.
Rz. 6
Der Antrag ist unbegründet. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Aufhebung der Bestellung von Rechtsanwalt Sc. liegen nicht vor.
Rz. 7
Gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 5 StPO ist ein Fall der notwendigen Verteidigung gegeben. Eine Aufhebung der Beiordnung nach § 143 Abs. 2 StPO kommt deshalb nicht in Betracht.
Rz. 8
Die Voraussetzungen für einen Verteidigerwechsel gemäß § 143a Abs. 2 Nr. 3 StPO und eine damit einhergehende Entpflichtung von Rechtsanwalt Sc. sind ebenfalls nicht dargelegt. Gründe dafür, warum das Vertrauensverhältnis zwischen diesem und dem Angeklagten endgültig zerstört oder aus einem anderen Grund keine angemessene Verteidigung durch den Rechtsanwalt gewährleistet sein soll, sind nicht dargetan.
Rz. 9
Auch eine Entpflichtung nach § 143a Abs. 1 Satz 1 StPO kommt - jedenfalls derzeit - nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift ist die Bestellung eines Pflichtverteidigers aufzuheben, wenn der Angeklagte einen anderen Verteidiger gewählt und dieser die Wahl angenommen hat. Rechtsanwalt R. hat sich allerdings bisher weder zu seiner fortwährenden Verteidigungsbereitschaft als Wahlverteidiger geäußert noch seine Teilnahme an der für den 19. Oktober 2023 terminierten Hauptverhandlung zugesagt. Somit ist die Entpflichtung von Rechtsanwalt Sc. gemäß § 143a Abs. 1 Satz 2 StPO ausgeschlossen.
Rz. 10
Bei Rechtsanwalt Sc. sind im Revisionsverfahren bereits Gebühren angefallen. Für eine kostenneutrale Umbeiordnung in dieser Instanz ist damit kein Raum mehr.
Schäfer
Fundstellen
Dokument-Index HI15972083 |