Verfahrensgang
Tenor
Die Anhörungsrüge vom 6. September 2024 gegen den Beschluss des Senats vom 29. Mai 2024 wird auf Kosten des Verurteilten zurückgewiesen.
Gründe
Rz. 1
1. Der Senat hat die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 29. Juni 2022 mit Beschluss vom 29. Mai 2024 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Verurteilte mit seiner Anhörungsrüge vom 6. September 2024 und macht geltend, die Stellungnahmen der Verteidigung zur Begründung der Sachrüge vom 17. Januar 2023 und vom 6. März 2023 seien nicht gewürdigt worden. Daraus ergebe sich weiterhin eine Verletzung seines Anspruchs auf ein faires Verfahren. Zudem rügt der Verurteilte einen Verstoß gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG), den er darin erblickt, dass der Revision in einem weiteren Verfahren gegen ihn (4 StR 138/22) mit Beschluss des Senats (ebenfalls) vom 29. Mai 2024 stattgegeben wurde. Schließlich fühlt sich der Verurteilte im Rahmen des Revisionsverfahrens in seinem Recht auf gerichtliche Entscheidung innerhalb angemessener Frist verletzt.
Rz. 2
2. Die gemäß § 356a StPO statthafte und zulässige Anhörungsrüge ist unbegründet. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ist nicht verletzt. Der Senat hat bei seiner Entscheidung weder Verfahrensstoff verwertet, zu dem der Verurteilte nicht gehört worden ist, noch hat er zu berücksichtigendes Vorbringen des Verurteilten übergangen.
Rz. 3
a) Ein Verstoß gegen den Anspruch des Verurteilten auf Gewährung rechtlichen Gehörs lässt sich weder daraus herleiten, dass der Senat die Argumentation der Verteidigung im hiesigen Verfahren nicht für durchgreifend hielt, noch daraus, dass der Beschluss sich hierzu nicht ausdrücklich verhält. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Begründung des die Revision verwerfenden Beschlusses nicht erforderlich; sie ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2007 ‒ 2 BvR 496/07; Beschluss vom 30. Juni 2014 ‒ 2 BvR 792/11). Dies gilt auch dann, wenn der Beschwerdeführer in einer Gegenerklärung zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts weitere Ausführungen macht (vgl. BGH, Beschluss vom 12. September 2023 ‒ 2 StR 230/22 Rn. 3).
Rz. 4
Der Senat hat über die Revision eingehend und umfassend beraten. Dabei ist sämtliches Vorbringen des Verurteilten berücksichtigt worden. Dies lässt sich gerade aus der Tatsache ersehen, dass der Senat der inhaltlich weitgehend gleichlautenden Argumentation der Verteidigung in der Beratung des Parallelverfahrens gegen den Verurteilten (4 StR 138/22) am gleichen Tag zumindest in Teilen gefolgt ist und diese Revision einstimmig für begründet erachtet hat. Anders als der Verurteilte rügt, liegt in der gleichzeitigen Verwerfung seiner hiesigen Revision als unbegründet keine willkürlich ungleiche Behandlung gleicher Sachverhalte. Die den beiden angegriffenen Urteilen zu Grunde liegenden Lebenssachverhalte und deren jeweilige Würdigung durch die Strafkammer wichen in tatsächlich wie rechtlich bedeutsamer Weise voneinander ab, wie sich schon darin zeigt, dass das hiesige Verfahren die Frage der Strafbarkeit wegen (untauglichen) Versuchs betraf, während im Parallelverfahren von Seiten des Landgerichts eine Vollendungsstrafbarkeit ausgeurteilt wurde. Bereits hieraus erhellt sich, dass ähnlichen rechtlichen Einwendungen des Verurteilten ‒ namentlich die Erfolgskausalität betreffend ‒ in beiden Verfahren unterschiedliche Relevanz zugemessen werden musste. Die vom Verurteilten (Schriftsatz vom 6. September 2024, S. 6 oben) in Bezug genommene Beschlusspassage (BGH, Beschluss vom 29. Mai 2024 ‒ 4 StR 138/22 Rn. 23) betrifft die Frage, inwieweit das angegriffene Urteil auf zuvor aufgezeigten Rechtsfehlern beruht, und thematisiert ‒ anders als vom Verurteilten angenommen ‒ keine Gesetzesverletzungen die subjektive Tatseite betreffend. Dem ebenfalls von Seiten des Verurteilten aus dem Beschluss im Parallelverfahren zitierten Hinweis an das zu neuer Verhandlung und Entscheidung berufene Tatgericht (BGH, Beschluss vom 29. Mai 2024 ‒ 4 StR 138/22 Rn. 27) kommt vorliegend schon deshalb keine Aussagekraft zu, da er unter der einleitenden ‒ im hiesigen Verfahren gerade nicht gegebenen ‒ Bedingung steht, dass sich das neue Tatgericht wiederum von einer Vollendungsstrafbarkeit überzeugen kann.
Rz. 5
b) Der geltend gemachte Verfassungsverstoß einer Verletzung der Verfahrensfairness (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG) mangels hinreichender Sachaufklärung durch das Tatgericht ist im Rahmen der Entscheidung über den Rechtsbehelf nach § 356a StPO unbeachtlich; denn das Verfahren nach dieser Vorschrift soll ein Urteil nicht generell erneut zur Überprüfung stellen, sondern lediglich Gehörsverletzungen heilen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Februar 2020 ‒ 3 StR 233/19 Rn. 4; Beschluss vom 22. September 2021 ‒ 3 StR 441/20 Rn. 8).
Rz. 6
c) Soweit der Verurteilte eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung im Revisionsverfahren beanstandet, wird damit eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht dargetan. Der Senat hat sich mit diesem Gesichtspunkt ebenfalls in der Beratung befasst. Mit Blick auf Umfang und Schwierigkeit des hiesigen Verfahrens, welches im Sinne einer sachdienlichen Behandlung nicht losgelöst vom Parallelverfahren gegen den Verurteilten vorangetrieben wurde, und der mit den Revisionen in beiden Verfahren erhobenen zahlreichen materiell- und verfahrensrechtlichen Beanstandungen, die eine gründliche Vorbereitung der Senatsberatung einschließlich der Aufarbeitung vorhandener Rechtsprechung und Literatur erforderlich machten, wurde das Revisionsverfahren vom Senat nicht verzögert, sondern stets gefördert.
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RiBGH Dr. Scheuß ist urlaubsbedingt an der Unterschriftsleistung gehindert. |
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Fundstellen
Dokument-Index HI16638262 |