Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 05.05.2004) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 5. Mai 2004
- im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,
- in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen II 2 und II 3 sowie im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II 1) und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (Fälle II 2 und II 3) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision allgemein die Verletzung sachlichen Rechts. Sein Rechtsmittel hat den aus der Beschlußformel ersichtlichen Teilerfolg. Im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die Annahme von Tatmehrheit zwischen den beiden Fällen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fälle II 2 und II 3 der Urteilsgründe) hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Nach den Feststellungen verfügte der Angeklagte zum Zwecke des Eigenverbrauchs über 60,19 g Kokain (Wirkstoffgehalt 81,4 %) sowie über Haschisch mit einer Gesamtwirkstoffmenge von 27,167 g THC. Die beiden Rauschgiftmengen bewahrte er voneinander getrennt in zwei verschiedenen, jeweils von ihm genutzten Wohnungen auf. Das Landgericht ist der Auffassung, die separate Aufbewahrung der Betäubungsmittel an verschiedenen Orten führe zur Annahme von zwei im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander stehenden Taten des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, da der Täter die tatsächliche Gewalt über die getrennt verwahrten Mengen „jeweils nur nacheinander und nicht gleichzeitig ausüben könne”.
Dem ist nicht zu folgen.
Nach ständiger Rechtsprechung verletzt der gleichzeitige Besitz verschiedenartiger Betäubungsmittel das Gesetz nur einmal (vgl. BGH, Urteil vom 1. August 1978 – 1 StR 173/78; BGH StV 1982, 525; BGH NStZ-RR 1997, 227; BayObLGSt 2001, 166, 168). Dieser Zusammenhang entfällt auch dann nicht, wenn die nur zum Eigenverbrauch bestimmten verschiedenen Betäubungsmittelmengen an unterschiedlichen Orten aufbewahrt werden (zum vergleichbaren Fall im Waffengesetz: BGHR WaffG § 53 Abs. 3 a (a.F.) Konkurrenzen 2; BGH NStZ 1997, 446; vgl. auch Weber BtMG 2. Aufl. § 29 Rdn. 894). An der Gleichzeitigkeit des Besitzes ändert sich durch die separate Aufbewahrung der Betäubungsmittel nichts. Der Begriff des Besitzes im Betäubungsmittelgesetz setzt nicht voraus, daß sich der Täter am Verwahrort des Rauschgiftes aufhält. Für die Verwirklichung des Tatbestandes reicht vielmehr die Innehabung eines tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses und der sicheren Verfügungsmacht über die Betäubungsmittel aus, die es dem Täter ermöglicht, sich jederzeit Zugang zu dem an irgendeiner Stelle verwahrten Rauschgift zu verschaffen (vgl. BGHSt 27, 380 ff.; Weber aaO § 29 Rdn. 834). Eine solche tatsächliche Verfügungsmacht übte der Angeklagte jedoch gleichzeitig an beiden Rauschgiftmengen aus, da er jederzeit ungehinderten Zugang zu den Wohnungen hatte, in welchen er die verschiedenen Betäubungsmittel verwahrte.
Die den Fällen II 2 und II 3 zugrundeliegenden Sachverhalte stellen deshalb eine Tat des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge dar. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert; § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da auszuschließen ist, daß sich der Angeklagte anders als geschehen hätte verteidigen können. Die Änderung des Schuldspruchs hat die Aufhebung der für die Fälle II 2 und II 3 verhängten Einzelstrafen und des Gesamtstrafenausspruchs zur Folge. Der Aufhebung der zugehörigen Feststellungen bedarf es nicht, da diese rechtsfehlerfrei getroffen worden sind und die neue Einzelstrafe lediglich unter Berücksichtigung des geänderten Schuldumfangs neu zugemessen werden muß. Ergänzende Feststellungen, die mit den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen, sind zulässig.
Unterschriften
Maatz, Kuckein, Solin-Stojanović, Ernemann, Sost-Scheible
Fundstellen
Haufe-Index 2558085 |
NStZ 2005, 228 |
StV 2005, 270 |
StraFo 2005, 83 |