Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachtragsverteilungsverfahren als gesondert zu vergütendes Verfahren. Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters für das Nachtragsverteilungsverfahren allein nach den Umständen des Einzelfalles
Leitsatz (amtlich)
1. Der Vergütung des Insolvenzverwalters für die Durchführung einer Nachtragsverteilung ist der Wert des nachträglich verteilten Vermögens zugrunde zu legen.
2. Die Vergütung des Insolvenzverwalters für die Durchführung einer Nachtragsverteilung ist allein nach den Umständen des Einzelfalls festzusetzen; ein Regelsatz kommt nicht in Betracht.
Normenkette
InsVV § 6 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Beschluss vom 25.11.2005; Aktenzeichen 23 T 633/05) |
AG Bielefeld (Entscheidung vom 05.08.2005; Aktenzeichen 43 IN 412/03) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 23. Zivilkammer des LG Bielefeld vom 25.11.2005 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 6.080,81 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
[1] Nachdem zuvor unter Mitwirkung des weiteren Beteiligten als Insolvenzverwalter ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners durchgeführt worden war, ordnete das AG - Insolvenzgericht - auf Antrag des weiteren Beteiligten wegen eines nachträglichen Zahlungseingangs von 35.311,77 EUR mit Beschluss vom 8.7.2005 eine Nachtragsverteilung an.
[2] Unter dem 21.7.2006 hat der weitere Beteiligte beantragt, seine Vergütung für die Durchführung der Nachtragsverteilung auf 6.499,87 EUR nebst 250 EUR Auslagenersatz und 16 % Umsatzsteuer festzusetzen. Das AG hat diesem Antrag nur i.H.v. insgesamt 1.749,04 EUR (Vergütung: 1.257,79 EUR, Auslagen: 250 EUR, USt: 241,25 EUR) stattgegeben. Die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten hat das LG mit Beschluss vom 25.11.2005 zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Vergütungsantrag in der bisherigen Höhe weiter.
II.
[3] Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. §§ 7, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO), jedoch unzulässig; weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
[4] 1. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde geht es nicht an, für die Bemessung der Vergütung für die Nachtragsverteilung den Wert der nachträglich verteilten Insolvenzmasse zu der zuvor festgestellten Verteilungsmasse (§ 1 InsVV) hinzuzuzählen und auf diese Weise eine auf die erhöhte Verteilungsmasse bezogene einheitliche Vergütung zu errechnen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 6 Abs. 1 InsVV erhält der Insolvenzverwalter für die Nachtragsverteilung eine "gesonderte Vergütung". Dass das Nachtragsverteilungsverfahren auch gebührenrechtlich ein selbständiges, gesondert zu vergütendes Verfahren darstellt, ist - soweit ersichtlich - in Rechtsprechung (AG Offenburg ZInsO 2005, 481, 482) und Schrifttum (Haarmeyer/Wutzke/Förster, Insolvenzrechtliche Vergütung 3. Aufl., § 6 InsVV Rz. 4; Büttner in HmbKomm-InsO § 6 InsVV Rz. 2, 3, 7; Irschlinger in HK-InsO, 4. Aufl., § 6 InsVV Rz. 1; Lorenz in FK-InsO, 4. Aufl., § 6 InsVV Rz. 2 ff., 9; Nowak in MünchKomm/InsO, § 6 InsVV Rz. 2) nicht umstritten. Das Verfahren, das die Rechtsbeschwerde im Auge hat, ist nur zulässig, wenn ein nach Einreichung der Schlussrechnung, jedoch vor dem Schlusstermin sich ergebender Massezufluss eine ergänzende Festsetzung der mit der Schlussrechnung beantragten Verwaltervergütung rechtfertigt (vgl. BGH, Beschl. v. 26.1.2006 - IX ZB 183/04, BGHReport 2006, 603 = MDR 2006, 1068 = NZI 2006, 237, 238).
[5] 2. Die Bemessung der auf die nachträglich verteilte Masse bezogenen Vergütung mit 10 v.H. der Regelvergütung gibt keinen Anlass zu einer rechtsgrundsätzlichen Stellungnahme. Allerdings werden für den "Regelfall" verbreitet höhere Sätze befürwortet (25 %: AG Offenburg ZInsO 2005, 481, 482; Blersch in Breutigam/Blersch/Goetsch, InsO § 6 InsVV Rz. 14 ff.; Büttner, a.a.O. § 6 InsVV Rz. 6; Eickmann, a.a.O. § 6 InsVV Rz. 6; Irschlinger, a.a.O.; 35 %: Lorenz, a.a.O. § 6 InsVV Rz. 10; 50 %: Nowak, a.a.O. § 6 InsVV Rz. 5). Es ist jedoch schon zweifelhaft, ob für die Nachtragsverteilung überhaupt ein Regelfall vorstellbar ist. Für deren Vergütung hat der Verordnungsgeber mit Bedacht keine festen Sätze aufgestellt, weil Nachtragsverteilungen zu verschieden gelagert sind (Haarmeyer/Wutzke/Förster, a.a.O. § 6 InsVV Rz. 7). Es erscheint deshalb sachgerecht, die Vergütung auf den jeweiligen Einzelfall bezogen festzusetzen (Haarmeyer/Wutzke/Förster, a.a.O. § 6 InsVV Rz. 8). Dabei hat der Tatrichter "nach billigem Ermessen" zu entscheiden (§ 6 Abs. 1 Satz 1 InsVV). Eine Leitentscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist insoweit nicht veranlasst.
[6] Gegen die für die Ermessensausübung im konkreten Fall maßgeblichen Erwägungen des Beschwerdegerichts (kurze Dauer der Nachtragsverteilung; nicht erhebliche Gläubigeranzahl; Umfang und Schwierigkeit der Tätigkeiten sowie das damit verbundene Haftungsrisiko "nicht von erheblicher Bedeutung") hat die Rechtsbeschwerde nichts erinnert.
Fundstellen