Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 03.06.2019; Aktenzeichen 6500 Js 135/18 602 Ks13/18 2 Ss 91/19) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 3. Juni 2019 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht tätige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Anstiftung zum versuchten Mord in Tateinheit mit schwerer und gefährlicher Körperverletzung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Beanstandung Erfolg, die Urteilsabsetzungsfrist des § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO sei nicht gewahrt.
Rz. 2
1. Die Rüge ist zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat das Datum der Urteilsverkündung, die Zahl der Hauptverhandlungstage, den Fristablauf und den Zeitpunkt vorgetragen, an dem das Urteil zu den Akten gebracht worden ist. Damit hat er den Anforderungen der Verspätungsrüge Genüge getan (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1979 – 4 StR 272/79, BGHSt 29, 43, 44; Beschluss vom 21. Oktober 1998 – 3 StR 473/98, StraFo 1999, 49). Eine zu weiterem Vortrag zwingende Rügeverwirkung stand hier nicht im Raum.
Rz. 3
2. Die Rüge ist auch begründet, da das mit Gründen versehene Urteil ausweislich der dienstlichen Erklärung des Vorsitzenden der Strafkammer erst am 6. August 2019 und damit am Tag nach Ablauf der Frist des § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO unterschrieben und zur Akte gebracht worden ist. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Antragsschrift im Wesentlichen ausgeführt:
„Hat die Hauptverhandlung 19 Tage gedauert, so beträgt die Frist zur Absetzung des Urteils neun Wochen. Diese Frist begann mit der Urteilsverkündung am 3. Juni 2019 und endete am 5. August 2019. An der Einhaltung dieser Frist war das Landgericht nicht durch einen unvorhersehbaren und unabwendbaren Umstand im Sinne des § 275 Abs. 1 Satz 4 StPO gehindert. Vorliegend beruht die verspätete Absetzung des Urteils ausweislich des der Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft beigefügten Vermerks des Kammervorsitzenden vom 10. September 2019 maßgeblich auf einem Irrtum der Strafkammer über den Ablauf der Frist zur Absetzung der Urteilsgründe. Dieser Irrtum kann eine Überschreitung der Frist nicht rechtfertigen (vgl. Senat, Beschluss von 9. Dezember 2010 – 5 StR 485/10). Das Überschreiten der in § 275 Abs. 1 Sätze 2 und 4 StPO bezeichneten Fristen begründet einen absoluten Revisionsgrund (§ 338 Nr. 7 StPO).”
Rz. 4
Dem schließt sich der Senat an.
Rz. 5
3. Der Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung des – sehr sorgfältig begründeten – Urteils.
Unterschriften
Mutzbauer, Sander, Schneider, König, Köhler
Fundstellen
Haufe-Index 13542461 |
NStZ-RR 2021, 238 |
StraFo 2020, 28 |