Verfahrensgang
Tenor
1. Der Antrag der Einziehungsbeteiligten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 13. Februar 2023 wird verworfen.
2. Die Revision der Einziehungsbeteiligten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
3. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten sowie die Nichtrevidentin jeweils wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt sowie deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen die Einziehungsbeteiligte, eine Unternehmergesellschaft im Sinne des § 5a GmbHG, hat es die Einziehung „von Wertersatz“ in Höhe von 90.000 Euro angeordnet.
Rz. 2
1. Der von Rechtsanwalt S. für die Einziehungsbeteiligte wegen Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat keinen Erfolg.
Rz. 3
a) Das Urteil des Landgerichts ist im Hauptverhandlungstermin vom 13. Februar 2023 verkündet worden. Anwesend waren zum einen der Angeklagte und die Nichtrevidentin. Sie sind die beiden Geschäftsführer der Einziehungsbeteiligten, die diese gemeinschaftlich vertreten. Zum anderen war Rechtsanwältin Dr. B. im Saal, die von beiden Angeklagten mit der Vertretung der Einziehungsbeteiligten im Verfahren beauftragt und entsprechend von ihnen bevollmächtigt worden war.
Rz. 4
b) Aus diesen Umständen folgt, dass die Frist zur Einlegung der Revision am Tag der Verkündung zu laufen begann und mit Ablauf des 20. Februar 2023 endete (§ 341 Abs. 1, § 43 Abs. 1 Halbsatz 1 StPO). Denn die Einziehungsbeteiligte war bei der Verkündung vertreten (§ 430 Abs. 4 StPO), zum einen durch ihre beiden Geschäftsführer (§ 35 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und 2 GmbHG), zum anderen durch Rechtsanwältin Dr. B. (§ 428 Abs. 1 StPO).
Rz. 5
Entgegen den Ausführungen in der Revisionsbegründungschrift sind der Angeklagte und die Nichtrevidentin nicht wegen eines „Interessenkonflikts“ an der wirksamen Vertretung der Einziehungsbeteiligten in der Hauptverhandlung gehindert gewesen. Ein solcher Interessenkonflikt wird im Schrifttum (s. etwa KK-OWiG/Rogall, 5. Aufl., § 30 Rn. 200 mwN) für Fälle diskutiert, in denen Geschäftsführer einer Nebenbeteiligten beschuldigt oder angeklagt sind, gegen die über die Festsetzung einer Geldbuße nach § 30 OWiG zu entscheiden ist (§ 444 StPO). Insoweit hat auch der Bundesgerichtshof - nicht tragend - entschieden, dass dasjenige Organ von der Vertretung der juristischen Person oder Personenvereinigung ausgeschlossen ist, gegen das sich das Strafverfahren richtet (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2016 - 1 StR 185/16, juris Rn. 39).
Rz. 6
Diese Rechtsprechung entfaltet hier jedoch keine Relevanz. Denn jedenfalls für Einziehungsbeteiligte gilt die genannte Rechtsfolge nicht. Im Verfahren nach den §§ 424 ff. StPO ist vielmehr anerkannt, dass die Stellung als Angeklagter einer wirksamen Vertretung der Einziehungsbeteiligten in der Hauptverhandlung nicht entgegensteht (BGH, Urteil vom 1. Juli 2021 - 3 StR 518/19, NZWist 2021, 478 Rn. 51; Beschluss vom 28. Juli 2021 - 1 StR 506/20, NJW 2021, 3606; LG Lübeck, Beschluss vom 15. Juni 2018 - 6 Qs 28/18, wistra 2018, 527).
Rz. 7
Die Beauftragung von Rechtsanwältin Dr. B. für die Einziehungsbeteiligte durch die beiden Angeklagten ist aus demselben Grund als wirksam anzusehen.
Rz. 8
c) Rechtsanwalt S. hat die Revision für die Einziehungsbeteiligte am 21. Februar 2023 und mithin verspätet eingelegt, verbunden mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels. Zur Begründung hat er eigenes Verschulden an der Säumnis vorgetragen. Bei einer Dritteinziehung nach § 73b StGB ist dem Einziehungsbeteiligten im Rahmen einer Wiedereinsetzung entsprechend dem allgemeinen Grundsatz des § 85 Abs. 2 ZPO ein Verschulden seines anwaltlichen Vertreters jedoch zuzurechnen (BGH, Beschluss vom 4. Juli 2023 - 5 StR 145/23, NJW 2023, 3304 Rn. 7 ff.). Der Umstand, dass Rechtsanwalt S. die fristgerechte Einlegung der Revision aus dem Blick geraten ist, verhilft dem Wiedereinsetzungsgesuch deshalb nicht zum Erfolg.
Rz. 9
2. Da die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels danach nicht eingehalten worden ist, ist die Revision gemäß § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen.
Rz. 10
3. Nach allem kann dahinstehen, ob Rechtsanwalt S., der nur vom Angeklagten und nicht auch von der Nichtrevidentin bevollmächtigt worden ist, überhaupt wirksam Rechtsmittel für die Einziehungsbeteiligte hat einlegen können. Einer Kostenentscheidung zu deren Lasten steht dies hier nicht entgegen.
Schäfer |
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Fundstellen
Dokument-Index HI16191218 |