Leitsatz (amtlich)
a) Der Gebührenstreitwert einer Feststellungsklage über das Bestehen eines freien Mitarbeiterverhältnisses ist nach § 3 ZPO zu bemessen. § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG ist im Verfahren vor den allgemeinen Zivilgerichten nicht anwendbar.
b) Ein freier Mitarbeiter kann Arbeitnehmer im Sinne von § 17 Abs. 3 GKG sein.
Normenkette
ZPO § 3; GKG 1975 § 17; ArbGG § 12
Verfahrensgang
Tenor
1. Der Streitwert des Revisionsverfahrens beträgt 55.000,– DM.
2. Der Antrag der Klägerin auf Prozeßkostenhilfe wird zurückgewiesen.
Gründe
1. Gegenstand der zurückgenommenen Revision der Beklagten war die Klage auf Feststellung, das freie Mitarbeiterverhältnis der Klägerin zu der Beklagten sei durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 10. November 1982 nicht beendet worden. Der Gebührenstreitwert der positiven Feststellungsklage ist gemäß § 12 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen (vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO 20. Aufl. § 3 Rz. 44 „Dienstverhältnis”; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO 44. Aufl. Anh. nach § 3 „Dienstvertrag”; Thomas/Putzo, ZPO 13. Aufl. § 3 Anm. 2 „Dienstverhältnis”; Schneider, Streitwert 5. Aufl. „Dienstverhältnis”). Maßgebend ist das vom Gericht zu schätzende Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung.
§ 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG, nach dem für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend ist, ist hier nicht anwendbar. Die Vorschrift gilt nur für das arbeitsgerichtliche Verfahren (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann, Anh. nach § 3 ZPO „Arbeitsverhältnis”; OLG Frankfurt am Main JurBüro 1976, 369).
Auch § 17 Abs. 3 GKG, der für die Gebührenberechnung in seinem Anwendungsbereich § 9 ZPO verdrängt, trifft auf den vorliegenden Fall nicht unmittelbar zu. Die Vorschrift gilt für Klagen von Arbeitnehmern und anderen Dienstverpflichteten auf wiederkehrende Leistungen; hier handelt es sich aber um eine Feststellungsklage, die den Bestand eines Dienstverhältnisses im ganzen betrifft. Dennoch kann die Vorschrift als Ausgangspunkt für die Schätzung des Interesses der Klägerin dienen. Deren Vortrag ist zu entnehmen, daß sie mit der Feststellungsklage in erster Linie den Anspruch auf die vereinbarte monatliche Vergütung wahren wollte; sonstige Rechte, die sich aus dem Dienstverhältnis ergeben könnten, sind nicht dargetan. Der Wert des Interesses an der beantragten Feststellung, das Dienstverhältnis bestehe ungeachtet der Kündigung der Beklagten fort, entspricht daher hier in etwa dem Wert einer Klage auf Feststellung, daß die Beklagte zur Fortzahlung der Vergütung über den Kündigungszeitpunkt hinaus verpflichtet sei. Für eine Klage auf Feststellung der Vergütungspflicht gilt der Grundsatz, daß sie nicht höher bewertet werden darf als eine entsprechende Leistungsklage; in der Regel ist für die Feststellungsklage eine Abschlag von 20 % vom Wert der entsprechenden Leistungsklage gerechtfertigt (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann, Anh. nach § 3 ZPO „Feststellungsklage”, jeweils m.w.N.). Der Streitwert einer Leistungsklage auf die vereinbarte Vergütung wäre hier nach § 17 Abs. 3 GKG zu bemessen. Die Klägerin ist Arbeitnehmerin im Sinne dieser Vorschrift. Der Begriff beschränkt sich nicht auf Arbeitnehmer im engeren arbeitsrechtlichen Sinne, umfaßt vielmehr auch andere Personen, die im Rahmen eines festen Dienstverhältnisses ihren Lebensunterhalt durch persönliche Dienstleistungen verdienen und daher ähnlich einem Arbeitnehmer schutzwürdig sind (vgl. BGH, Beschluß v. 24. November 1980 – II ZR 183/80, LM ZPO § 9 Nr. 20 für Mitglieder des Vertretungsorgans einer Handelsgesellschaft oder Genossenschaft). Obwohl die Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht Arbeitnehmerin der Beklagten im engeren arbeitsrechtlichen Sinne ist, steht sie doch in einem ständigen Dienstverhältnis als freie Mitarbeiterin. Sie hat im vertraglichen Rahmen Dienstleistungen nach näherer Weisung der Beklagten zu erbringen; das dafür vereinbarte Entgelt bildet nach den von ihr vorgetragenen Einkommensverhältnissen einen wesentlichen Teil ihres Lebensunterhalts. Der Zweck des § 17 Abs. 3 GKG, die gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen zu erleichtern, aus denen der Berechtigte seinen Lebensunterhalt erzielt, trifft also auch auf sie zu.
Für den Streitwert einer Leistungsklage auf fortlaufende Vergütung wäre mithin der 3-fache Jahresbetrag der vereinbarten Vergütung maßgebend. Die Vergütung ist für den Beginn des Vertragsverhältnisses auf monatlich 1.900,– DM brutto festgelegt worden; für eine spätere Erhöhung ist nichts dargetan. Demgemäß ergäbe sich für eine Leistungsklage ein Wert von (36 × 1.900,– DM =) 68.400,– DM, für eine Klage auf Feststellung der Vergütungspflicht mithin nach dem oben dargelegten Grundsatz ein 20 % geringerer Wert von 54.720,– DM. Davon ausgehend schätzt der Senat den Streitwert der das ganze Dienstverhältnis betreffenden Feststellungsklage auf 55.000,– DM.
2. Prozeßkostenhilfe für das Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof kann der Klägerin nicht bewilligt werden. Nach Rücknahme der Revision käme eine Bewilligung nur noch für den Antrag aus den §§ 566, 515 Abs. 3 ZPO in Betracht. Die Kosten dieses Antrages, dessen Streitwert sich nur nach den Kosten des Revisionsverfahrens bis zu dem Antrag bemißt (BGHZ 15, 394 ff), kann die Klägerin aus ihrem Einkommen aufbringen.
Unterschriften
Merz, Winter
Fundstellen
Haufe-Index 1502483 |
Nachschlagewerk BGH, (nur zu Nr. 1 der Gründe) |