Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 15.08.2003) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 15. August 2003 im Schuldspruch geändert:
Der Angeklagte ist schuldig des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen, des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in acht Fällen, der gewerbsmäßigen unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an eine Person unter 18 Jahren in 14 Fällen sowie der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit dem unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 12 Fällen, gewerbs- mäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in sechs Fällen, gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an eine Person unter 18 Jahren in 14 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachbeschwerde hinsichtlich des Schuldspruchs in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des Generalbundesanwalts an, der ausgeführt hat:
„a) Den Urteilsgründen zufolge erwarb der Angeklagte in den Fällen 20 und 21 im Zeitraum zwischen Anfang Juni und Mitte Juli 2001 einmal 400 Ecstasy-Tabletten und einmal 700 Ecstasy-Tabletten, die er jeweils an den gesondert verfolgten … K. gewinnbringend weiter veräußerte. Für die Annahme der Kammer, es habe hierbei – wie bei dem vorangegangenen Verkauf von 1800 Ecstasy-Tabletten an denselben Abnehmer (Tat 19) – eine nicht geringe Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG vorgelegen, besteht keine ausreichende Grundlage. Mangels Sicherstellung der jeweiligen Betäubungsmittel hat sich die Kammer bei der Bestimmung des Wirkstoffgehalts an dem Ergebnis einer Begutachtung von Ende August 2001 beim Angeklagten sichergestellten Ecstasy-Tabletten orientiert und hat anschließend noch einen Sicherheitsabschlag vorgenommen. In den Fällen 20 und 21 beläuft sich der Anteil MDMA-Base bereits bei uneingeschränkter Übertragung des Wirkstoffgehalts der später sichergestellten Menge (ohne nachfolgenden Abschlag) auf weniger als 30 Gramm (nämlich 15,29 Gramm und 26,76 Gramm), so daß jeweils keine nicht geringe Menge des gehandelten Betäubungsmittels vorliegt. Der Angeklagte hat sich in diesen Fällen nicht nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, sondern nach § 29 Abs. 1, 3 BtMG wegen (gewerbsmäßigen) unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar gemacht. § 265 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Eine Änderung des Strafausspruchs bedingt diese Schuldspruchänderung nicht. Es ist auszuschließen, daß die Kammer auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte, weil sich die Strafrahmen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG und des § 29 Abs. 3 BtMG entsprechen. Der Senat wird ebenso ausschließen können, daß die Kammer trotz erfüllten Regelbeispiels die Strafe dem Strafrahmen des § 29 Abs. 1 BtMG entnommen hätte. Außerdem gleichen die von der Strafkammer für die Taten 20 und 21 festgesetzten Einzelstrafen von jeweils einem Jahr Freiheitsstrafe den in den weiteren Fällen des gewerbsmäßigen Handeltreibens vom Tatgericht ausgeurteilten Strafen (Fälle 1 und 22 bis 26).
b) Im Fall 28 hat die Strafkammer fehlerhaft nicht geprüft, ob sich der Angeklagte lediglich der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29 Abs. 1 Nr. 1, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 27 Abs. 1, § 52 Abs. 1 StGB) schuldig gemacht hat, obwohl die Feststellungen dazu Anlaß gaben. Das Aufbewahren von Rauschgift für einen Dritten, das zur gewinnbringenden Veräußerung bestimmt ist, kann zwar ein Tatbeitrag sein, der die Annahme täterschaftlichen Handeltreibens rechtfertigt (BGHR § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG Handeltreiben 42, 47 m.w.N.), doch sprechen vorliegend wesentliche Gesichtspunkte für eine Gehilfenstellung des Angeklagten. Die Feststellungen legen nahe, daß es sich bei der vom Angeklagten vorgenommenen Einlagerung von über 8.000, seinem Dealer T. gehörenden Ecstasy-Tabletten in der Wohnung des gesondert verfolgten … Kr. um eine bloße Gefälligkeit handelte. Das Tatgericht hat nicht festgestellt, daß dem Angeklagten konkrete Gegenleistungen zugewandt oder versprochen worden waren. Im Übrigen hätte auch ein unterstelltes eigennütziges Verhalten des Angeklagten die Kammer nicht von der nach allgemeinen Grundsätzen durchzuführenden Abgrenzung der Beteiligungsformen enthoben (Senat, NStZ-RR 2003, 309 = StV 2003, 618 m.w.N.). Für das Vorliegen von Beihilfe zum Handeltreiben spricht hier weiterhin, daß die Lagerung von vornherein auf eine Woche beschränkt war, die Betäubungsmittel anschließend wieder von T. übernommen werden sollten, die vorübergehende Verbringung nicht zur Verbesserung von Umsatzmöglichkeiten, sondern aus Angst vor einer Polizeiaktion gegen T. erfolgte und der Angeklagte über die bloße Verwahrung des Rauschgiftes hinaus an keinen Absatzvorbereitungen oder -bemühungen beteiligt war. Es ist auszuschließen, daß noch Feststellungen getroffen werden können, die ein täterschaftliches Handeltreiben des Angeklagten belegen, zumal das Urteil insoweit allein auf seinem Geständnis beruht. Danach ist der Angeklagte der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig (vgl. BGHR § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG Handeltreiben 47). Der Senat wird in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch umstellen können. Der Strafausspruch bleibt hiervon jedoch wiederum unberührt. Angesichts des unveränderten Strafrahmens und der dessen unteren Bereich entnommenen, maßvollen Sanktion kann ausgeschlossen werden, daß das Tatgericht bei fehlerfreier Rechtsanwendung auf eine noch mildere Einzel- oder Gesamtstrafe erkannt hätte.”
Das weitergehende Rechtsmittel ist offensichtlich unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Unterschriften
Rissing-van Saan, Detter, Bode, Rothfuß, Fischer
Fundstellen
Haufe-Index 2558169 |
StV 2004, 604 |