Entscheidungsstichwort (Thema)
unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Tenor
1. Der Beschluß des Landgerichts Frankenthal vom 29. Dezember 1998, durch den die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankenthal vom 27. Oktober 1998 als unzulässig verworfen worden ist, wird aufgehoben.
2. Das Verfahren wird gemäß §§ 154 Abs. 2, 154 a Abs. 2 StPO eingestellt, soweit das Landgericht den Angeklagten im Fall II 4 der Urteilsgründe wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt hat. Insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last.
3. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen schuldig ist.
4. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
5. Der Angeklagte hat die übrigen Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten „wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in fünf Fällen, davon in vier Fällen in nicht geringer Menge”, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das – zulässige – Rechtsmittel bleibt im wesentlichen ohne Erfolg.
1. Auf den Antrag des Angeklagten nach § 346 Abs. 2 StPO ist der Beschluß aufzuheben, durch den das Landgericht die Revision des Angeklagten gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen hat. Der angenommene Verwerfungsgrund lag nicht vor. Der Beschwerdeführer hat den Revisionsantrag und dessen Begründung innerhalb der Monatsfrist des § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO beim Landgericht angebracht.
2. Der Senat stellt das Verfahren gemäß §§ 154 Abs. 2, 154 a Abs. 2 StPO ein, soweit das Landgericht den Angeklagten im Fall II 4 der Urteilsgründe wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG) verurteilt hat. Zwar weist der Schuldspruch – wie auch in den übrigen Fällen – an sich keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Doch legen die Feststellungen nahe, daß das Landgericht unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Verhältnis dieser Tat zum nachfolgenden Fall II 5 der Urteilsgründe fehlerhaft Tatmehrheit anstatt Tateinheit (§ 52 StGB) angenommen hat. Daran ändert nichts, daß beide Fälle an sich selbständige Rauschgiftgeschäfte betrafen. Die Besonderheit besteht aber nach den Feststellungen darin, daß bereits „anläßlich der Teilzahlung vom 21.10.1997” für die Lieferung vom 17. Oktober 1997 (Fall II 4) das weitere Rauschgiftgeschäft eingeleitet wurde, bei dessen für den 27. Oktober 1997 vereinbarter Lieferung (Fall II 5) auch der noch fehlende Restbetrag aus dem vorangehenden Geschäft gezahlt werden sollte. Bei dieser Sachlage nimmt die Rechtsprechung bisher an, daß beide Rauschgiftgeschäfte durch die Zahlung des (Rest-)Kaufpreises in einem Handlungsteil zusammentreffen und deshalb im Sinne von § 52 StGB tateinheitlich verwirklicht sind (BGH, Beschlüsse vom 23. Juni 1993 - 2 StR 47/93 - ≪BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 3 Konkurrenzen 5≫ und vom 13. März 1996 - 2 StR 514/95 ≪BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 29≫). Ungeachtet dessen, daß von dem Begriff des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln auch die erforderlichen Zahlungsvorgänge erfaßt werden (zuletzt BGHSt 43, 158, 162 m.w.N.), hat der Senat demgegenüber – nicht zuletzt mit Blick auf die weitreichenden Folgen beim Strafklageverbrauch (vgl. dazu BGHSt 43, 252, 254 ff.; BGH, Beschluß vom 17. April 1995 - 5 StR 147/95) – Bedenken, ob der bloße Zahlungsvorgang die Kraft hat, mehrere an sich selbständige Rauschgiftgeschäfte zu einer Tat im Rechtssinne zu verbind- en. Dies gilt umso mehr, wenn – wie hier – nur ein Restbetrag für eine vorangehende Lieferung offen ist, der im Zusammenhang mit einem Folgegeschäft beglichen werden soll. Der Senat neigt deshalb dazu, die Annahme von Tatmehrheit durch das Landgericht zu bestätigen. Er sieht aber – da die Sache im übrigen entscheidungsreif ist – von einer Anfrage bei den übrigen Senaten nach § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG ab. Um jeden Nachteil im Schuldspruch für den Angeklagten auszuschließen, stellt der Senat jedoch das Verfahren im Fall II 4 der Urteilsgründe ein.
Die teilweise Einstellung des Verfahrens hat die Änderung des Schuldspruchs und den Wegfall der im Fall II 4 verhängten Einzelstrafe zur Folge. Im übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 26. Januar 1999.
Auch der Gesamtstrafenausspruch kann bestehen bleiben. Daran ändert angesichts der Summe der verbleibenden Einzelstrafen der Wegfall der von der Teileinstellung betroffenen (niedrigsten) Einzelstrafe nichts. Im übrigen findet die Teileinstellung – wie ausgeführt – ihren Grund allein in der rechtlichen Bewertung des Konkurrenzverhältnisses zwischen den Fällen II 4 und 5 der Urteilsgründe. Diese Rechtsfrage läßt jedoch den Schuldgehalt der – an sich selbständige Rauschgiftgeschäfte betreffenden – Taten unberührt.
Unterschriften
Maatz, Kuckein, Athing, Solin-Stojanovi[cacute], Ernemann
Fundstellen
Haufe-Index 540818 |
NStZ 1999, 411 |
StV 1999, 431 |