Tenor
Der beabsichtigten Entscheidung des 2. Strafsenats steht Rechtsprechung des 5. Strafsenats nicht entgegen.
Gründe
Rz. 1
1. Der 2. Strafsenat beabsichtigt, die Aufhebung eines Urteils wegen eines Rechtsfehlers bei der Anwendung des § 67 Abs. 2 Sätze 2 und 3 StGB auf einen nicht revidierenden Mitangeklagten gemäß § 357 Satz 1 StPO zu erstrecken, wenn sich die vom Tatrichter festgestellte voraussichtliche (d. h. voraussichtlich erforderliche) Dauer der Unterbringung nach § 64 StGB auch für den Mitangeklagten aus den Urteilsgründen ergibt und der Tatrichter bei dem Mitangeklagten ebenso wie beim Revisionsführer sich bei der Bemessung des vorab zu vollstreckenden Teils der Freiheitsstrafe entgegen § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB nicht am Halbstrafenzeitpunkt orientiert hat.
Rz. 2
Der 2. Strafsenat hat bei den übrigen Strafsenaten angefragt, ob gegebenenfalls an entgegenstehender Rechtsprechung festgehalten wird.
Rz. 3
2. Der beabsichtigten Anwendung des § 357 Satz 1 StPO liegt die besonders gelagerte Fallkonstellation zugrunde, dass aufgrund eines den Nichtrevidenten in identischer Weise wie den Revidenten belastenden Rechtsanwendungsfehlers eine Durchentscheidung des Revisionsgerichts (§ 354 Abs. 1 StPO) erfolgen soll, die mit der Verkürzung des nach § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB zu bestimmenden Teilvorwegvollzugs sofort und ausschließlich begünstigend für den Nichtrevidenten wirkt. Unter diesen besonderen Voraussetzungen hat der Senat keine Bedenken gegen die beabsichtigte Entscheidung. Dies gilt ungeachtet nach Auffassung des Senats grundsätzlich gebotener restriktiver Anwendung des § 357 StPO, namentlich bezogen auf den fast regelmäßig von individuellen Wertungsfragen beeinflussten Rechtsfolgenbereich (vgl. nur, auch m.w.N. zu § 67 Abs. 2 StGB, BGHR StPO § 357 Erstreckung 4). Auch die grundsätzlich unerlässliche vorherige Anhörung des von der Anwendung des § 357 StPO betroffenen Nichtrevidenten, der die Entscheidung darauf durch einen Widerspruch verhindern kann (vgl. BGHR StPO § 357 Entscheidung 2), ist im vorliegenden Sonderfall einer sofortigen ausschließlich begünstigenden Wirkung entbehrlich.
Rz. 4
3. Rechtsprechung des 5. Strafsenats steht der beabsichtigten Entscheidung bezogen auf diesen Sonderfall nicht entgegen. Der Senat weist allerdings auf zwei Entscheidungen zu § 67 Abs. 2 StGB hin, in denen er eine prinzipiell erwägbare Anwendung des § 357 Satz 1 StPO unterlassen hat und die er nicht etwa aufgibt:
Rz. 5
(1) Im Fall einer Aufhebung und Zurückverweisung auf die Revision eines bestraften und in einer Entziehungsanstalt untergebrachten Angeklagten allein zur Nachholung einer unterbliebenen Entscheidung über die Vollstreckungsreihenfolge nach § 67 Abs. 2 StGB hat der Senat keine entsprechende Entscheidung betreffend den vom Tatgericht gleichermaßen verurteilten, ebenfalls revidierenden Mitangeklagten getroffen, der indes die Anordnung der Maßregel und damit auch die Frage der Vollstreckungsreihenfolge nachträglich wirksam vom Revisionsangriff ausgenommen hatte (Senatsbeschluss vom 9. Oktober 2007 – 5 StR 374/07; vgl. zur Anwendbarkeit des § 357 StPO auf diese prozessuale Konstellation: Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 357 Rdn. 7).
Rz. 6
(2) Der Senat hat ferner in einem Fall, in dem das Tatgericht verkannt hatte, dass Untersuchungshaft auf den vorab zu vollstreckenden Strafteil anzurechnen, der Teilvorwegvollzug folglich nicht um die Dauer der bis zum Urteil erlittenen Untersuchungshaft zu kürzen ist, dem entsprechenden Antrag des Generalbundesanwalts folgend, auf die Revision eines Angeklagten den Teilvorwegvollzug im Wege der Durchentscheidung – verlängernd – korrigiert, auf den vom selben Rechtsirrtum betroffenen Nichtrevidenten indes § 357 StPO nicht angewendet (Senatsbeschluss vom 24. März 2009 – 5 StR 87/09).
Rz. 7
In beiden Fällen dürfte es bereits an der nach § 357 Satz 1 StPO erforderlichen Aufhebung „zugunsten eines Angeklagten” gefehlt haben. Für eine entsprechende Anwendung des § 358 Abs. 2 Satz 3 StPO, auf den sich die erstgenannte Entscheidung ausdrücklich gestützt hat, auf § 357 StPO besteht kein Anlass. Jedenfalls fehlte es in beiden Fällen an der eingangs dargelegten Sonderkonstellation des Falles, der Gegenstand der Anfrage ist und auf den sich die zustimmende Antwort des Senats allein bezieht.
Unterschriften
Basdorf, Brause, Schaal, Schneider, König
Fundstellen