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BGH Beschluss vom 13.11.1996 - XII AIZZ 17/96

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Leitsatz (amtlich)

Hat ein Gericht eine zu ihm erhobene Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit – rechtskräftig – abgewiesen, so steht diese Entscheidung der Bindungswirkung eines später in einem neuen Verfahren über denselben Streitgegenstand von einem anderen Gericht erlassenen Verweisungsbeschlusses an das erste Gericht nicht entgegen. § 11 ZPO ist in diesem Fall nicht anzuwenden.

 

Normenkette

ZPO §§ 11, 281 Fassung: 1976-12-0376 Abs. 2 S. 5 (= § 276 aF)

 

Tenor

Zuständig ist das Amtsgericht Peine.

 

Gründe

I.

Im April 1996 reichte der in Peine wohnhafte Antragsteller bei dem Amtsgericht – Familiengericht – Bad Hersfeld Scheidungsantrag gegen die in Kirchheim (Amtsgerichtsbezirk Bad Hersfeld)wohnhafte Antragsgegnerin ein. Der Antrag wurde der Antragsgegnerin am 25. April 1996 zugestellt. Mit Verfügung vom 19. April 1996 wies das Amtsgericht Bad Hersfeld den Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers darauf hin, die Sachverhaltsschilderung in der Antragsschrift lasse darauf schließen, daß die Parteien im Zeitpunkt der Eheschließung ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Peine gehabt hätten, so daß gemäß 5606 Abs. 2 Satz 1 ZPO das Familiengericht Peine zuständig sein dürfte. Daraufhin stellte der Antragsteller mit Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten vom 6. Mai 1996 Antrag auf Verweisung an das Amtsgericht Peine. Der Antrag wurde zusammen mit der gerichtlichen Anfrage vom 19. April 1996 durch Verfügung vom 17. Mai 1996 (abgegangen am 22. Mai 1996) der Antragsgegnerin zur Stellungnahme binnen 10 Tagen zugeleitet.

Durch Beschluß vom 19. Juni 1996, den Parteien zugestellt am 25. Juni 1996 (Antragsgegnerin) bzw. am 26. Juni 1996 (Antragstellervertreter) erklärte sich das Amtsgericht Bad Hersfeld sodann für örtlich unzuständig und verwies die Sache an das Amtsgericht Peine.

Mit Schriftsatz vom 25. Juni 1996 bestellte sich Rechtsanwalt K. aus Bad Hersfeld für die Antragsgegnerin. Er widersprach dem Verweisungsantrag des Antragstellers vom 6. Mai 1996 und legte ein Urteil des Amtsgerichts Peine vom 28. Dezember 1995 vor, durch welches ein Scheidungsantrag des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin wegen örtlicher Unzuständigkeit des Amtsgerichts Peine mit der Begründung abgewiesen worden war, daß die Parteien keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt i.S. von 5 606 Abs. 2 Satz 1 ZPO in Peine gehabt hätten. Das Amtsgericht Peine wies die Parteivertreter seinerseits mit Verfügung vom 9. Juli 1996 auf das genannte Urteil hin und gab ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme. Am 12. August 1996 gab das Gericht sodann die Akte an das Amtsgericht Bad Hersfeld zurück. Dieses lehnte die Übernahme des Verfahrens wegen der Bindung des Verweisungsbeschlusses vom 19. Juni 1996 ab. Durch – den Parteien zur Kenntnis gebrachten – Beschluß vom 8. Oktober 1996 erklärte sich alsdann das Amtsgericht Peine für örtlich unzuständig mit der Begründung, der Verweisungsbeschluß des Amtsgerichts Bad Hersfeld vom 19. Juni 1996 sei nicht bindend. Da sich das Amtsgericht Peine durch das rechtskräftige Urteil vom28. Dezember 1995 für unzuständig erklärt habe, gehe diese Rechtskraft dem Verweisungsbeschluß vor (Hinweis auf Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO 51. Aufl. 5281 Rdn. 48; Zöller ZPO 16. Aufl. 5 281 Rdn. 17).

Das Amtsgericht Peine legte die Sache dem Bundesgerichtshof zur Zuständigkeitsbestimmung vor.

II.

1. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach 5 36 Nr. 6 ZPO durch den Bundesgerichtshof liegen vor. Mit den Amtsgerichten Bad Hersfeld (OLG-Bezirk Frankfurt am Main) und Peine (OLG-Bezirk Celle) haben sich zwei Gerichte, von denen eines für das Scheidungsverfahren zuständig ist, durch den Parteien jeweils zur Kenntnis gebrachte Beschlüsse i.S. von 5 36 Nr. 6 ZPO rechtskräftig für unzuständig erklärt.

2. Das Amtsgericht Peine ist zur Entscheidung berufen. Es ist an den – auf Antrag des Antragstellers nach Eintritt der Rechtshängigkeit und Gewährung rechtlichen Gehörs für die Antragsgegnerin – ordnungsgemäß ergangenen Verweisungsbeschluß des Amtsgerichts Bad Hersfeld vom 19. Juni 1996 gebunden, 5 281 Abs. 2 Satz 5 ZPO.

Das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts Peine vom 28. Dezember 1995 steht der Bindungswirkung nicht entgegenen. Dabei braucht unter den hier gegebenen Umständen nicht entschieden zu werden, „b. ein Verweisungsbeschluß das Gericht, an das verwiesen wurde, generell auch dann bindet, wenn das Gericht sich zuvor rechtskräftig für unzuständig erklärt hat (so Stein/Jonas/Leipold ZPO 20. Aufl. § 281 Rdn. 34 mit Fn. 96), oder ob – wie es unter Berufung auf den Beschluß des OLG München vom 10. Juli 1955, NJW 1956, 187 und unter Hinweis auf § 11 ZPO vertreten wird – diese Rechtskraft der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses vorgeht(so Baumbach/Lauterbach/Hartmann ZPO 51. Aufl. § 281 Rdn. 48; Zöller/Greger ZPO 19. Aufl. § 281 Rdn. 17; Thomas/Putzo ZPO 19. Aufl. § 281 Rdn. 14 – jeweils ausdrücklich unter Bezugnahme auf OLG München aaO und unter Hinweis auf § 11 ZPO). Ein Fall des § 11 ZPO liegt hier, anders als in dem genannten Beschluß des OLG München nicht vor.

Nach § 11 ZPO ist, wenn die Unzuständigkeit eines Gerichts aufgrund der Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit der Gerichte rechtskräftig ausgesprochen wurde, diese Entscheidung für das Gericht bindend, bei dem die Sache später anhängig wird. § 11 ZPO räumt mit dieser Regelung hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit einen negativen Kompetenzkonflikt aus (Baumbach/Lauterbach/Hartmann aaO § 11 Rdn. 1) und ergänzt insoweit für den Bereich der sachlichen Zuständigkeit die Regelung der §§ 281, 506, 696 und 700 ZPO, die für die dort genannten Fälle den bestehenden Kompetenzkonflikt in der Weise lösen, daß sie den erlassenen Verweisungsbeschluß für bindend erklären. Die Vorschrift des § 11 ZPO dient damit dem Zweck, widersprechende gerichtliche Entscheidungen über die sachliche Zuständigkeit zu verhindern und zugleich die Entstehung negativer Kompetenzkonflikte in diesem Bereich mit der Notwendigkeit eines Verfahrens nach § 36 ZPO zu vermeiden (vgl. Stein/Jonas/Roth aaO 21. Aufl. § 11 Rdn. 1). Die Wirkung des § 11 ZPO beschränkt sich jedoch auf die sachliche und nach allgemeiner Meinung entsprechend auch auf die funktionelle Zuständigkeit. Für die örtliche Zuständigkeit gilt die Vorschrift hingegen nicht (allgemeine Meinung vgl. Stein/Jonas/Roth aaO Rdn. 2 und 4; Zöller/Vollkommer aaO § 11 Rdn. 2; Baumbach/Lauterbach/Hartmann aaO § 11 Rdn. 2; Thomas/Putzo aaO § 11 Rdn. 1). Aus der Tatsache, daß § 11 ZPO keine Regelung hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit trifft sondern ausdrücklich nur die sachliche Zuständigkeit behandelt, ist zu schließen, daß eine rechtskräftige Entscheidung über die örtliche Unzuständigkeit keine Bindung für andere Gerichte entfaltet, die der Bindungswirkung des § 281 Abs. 2 Satz 5 ZPO entgegenstünde oder vorginge.

Da das Amtsgericht Peine in dem Urteil vom 28. Dezember 1995 den von dem Antragsteller erhobenen Scheidungsantrag wegen angenommener örtlicher Unzuständigkeit abgewiesen hat, kommt dem genannten Urteil daher – entgegen der von dem Amtsgericht Peine in dem Beschluß vom 8. Oktober 1996 unter Bezugnahme auf die Kommentarstellen bei Baumbach/Lauterbach/Hartmann und Zöller vertretenen Auffassung – nicht die Bindungswirkung des § 11 ZPO zu. Das Urteil enthält vielmehr, ebenso wie der Beschluß vom 8. Oktober 1996, eine (weitere) rechtskräftige Unzuständigerklärung des Amtsgerichts Peine i.S. von § 36 Nr. 6 ZPO (vgl. Stein/Jonas/Schumann aaO § 36 Rdn. 22), die als solche die Zuständigkeitsbestimmung durch den Bundesgerichtshof ermöglicht, den aufgetretenen Kompetenzkonflikt jedoch nicht löst.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI609827

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