Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 10.01.2003) |
Tenor
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 10. Januar 2003 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten K wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten G wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten haben mit der Sachrüge Erfolg. Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand.
Nach den Urteilsfeststellungen wurde die Nebenklägerin zweimal in der Wohnung des Angeklagten G vergewaltigt, am 17. Juni 1998 von diesem selbst, am Folgetag vom Angeklagten K. Das Landgericht sieht die hierzu erfolgten Bekundungen der Nebenklägerin durch die Angabe ihres Freundes, des Zeugen Ko, bestätigt, er habe auf dem Rücken der Nebenklägerin zehn Tage nach ihrer mit der Vergewaltigung einhergehenden Mißhandlung durch Faustschläge des Angeklagten G eine deutlich sichtbare „rote, etwa handtellergroße Schwellung” bemerkt. Eine derartige Verletzungsspur deutet indes, wie die Revision des Angeklagten K. zutreffend anmerkt, erfahrungsgemäß auf ein frisches Verletzungsbild hin. Daher kann in einer derartigen Beobachtung – jedenfalls ohne nähere Erläuterung – keine Bestätigung für die Bekundungen der Nebenklägerin gefunden werden.
Vor dem Hintergrund, daß im übrigen hinsichtlich beider Tatvorwürfe weitestgehend Aussage gegen Aussage steht, vermag der Senat ein Beruhen der Schuldsprüche auf dem Beweiswürdigungsfehler nicht auszuschließen (vgl. BGH NJW 2003, 2250). Dies gilt jedenfalls angesichts dessen, daß die Bekundungen der Nebenklägerin in mehrfacher Hinsicht fragwürdig sind. Die – vom Landgericht nicht verkannte – Problematik der Zeugin ergibt sich aus mehreren früheren Beschuldigungen anderer Personen wegen Sexualdelikten, die teils erwiesenermaßen, teils möglicherweise unrichtig waren, insbesondere aber aus ihrem festgestellten Nachtatverhalten, da sie, ohne unmittelbarem Zwang ausgesetzt gewesen zu sein, nach den Taten noch zehn Tage in G s Wohnung verblieben ist, in dieser Zeit auch auf seine Veranlassung in einem Bordell gearbeitet und Anzeige erst etwa sechs Wochen nach Verlassen dieser Wohnung erstattet hat.
Zur Gestaltung der Beziehung zwischen dem Angeklagten K. und der Nebenklägerin wäre bei der gegebenen Beweislage auch eine nähere Erörterung zu möglichen Feststellungen über Zeit und Inhalt eines an K. gerichteten Liebesbriefes der Nebenklägerin (UA S. 20) angezeigt gewesen. Die Sache bedarf insgesamt neuer tatgerichtlicher Überprüfung.
Unterschriften
Harms, Basdorf, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Gerhardt ist erkrankt und an der Unterschrift gehindert Harms, Raum, Brause
Fundstellen