Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 11.05.2022; Aktenzeichen 7 KLs 262 Js 158966/19) |
Tenor
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 11. Mai 2022 wird verworfen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unzulässig verworfen (§ 349 Abs. 1 StPO).
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel ist unzulässig.
Rz. 2
1. Die Revision ist nicht wirksam begründet, weil der Schriftsatz der Verteidigerin nicht den Formerfordernissen des § 32d StPO genügt.
Rz. 3
a) Nach dem seit dem 1. Januar 2022 geltenden § 32d Satz 2 StPO müssen Verteidiger und Rechtsanwälte u.a. die Revision und ihre Begründung als elektronisches Dokument übermitteln. Insoweit handelt es sich um eine Form- und Wirksamkeitsvoraussetzung der jeweiligen Prozesshandlung. Ihre Nichteinhaltung bewirkt die Unwirksamkeit der Erklärung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Juli 2022 - 4 StR 68/22 Rn. 3 und vom 24. Mai 2022 - 2 StR 110/22 Rn. 3 mwN).
Rz. 4
b) Diesen Anforderungen genügt die Revisionsbegründung nicht. Denn der Angeklagte hat seine Revision am 6. Juli 2022 lediglich mit einem per Fax übermittelten Schriftsatz seiner Verteidigerin begründet. Anhaltspunkte dafür, dass eine elektronische Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich war (§ 32d Satz 3 StPO), sind nicht dargetan.
Rz. 5
2. Die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision kommt nicht in Betracht.
Rz. 6
a) Die Verteidigerin des Angeklagten hat mit Schriftsatz vom 7. November 2022, eingegangen am 8. November 2022, nach Zustellung des Antrags des Generalbundesanwalts auf Verwerfung der Revision als unzulässig gemäß § 349 Abs. 1 StPO vom 19. Oktober 2022 einen Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gestellt und die Revisionsbegründung formgerecht vorgenommen. Der Antrag wird damit begründet, dass die Revisionsbegründung per Telefax vom 6. Juli 2022 auf einem Versehen der Sekretärin beruhe und dies wegen eines Anwaltsverschuldens nicht bemerkt worden sei. Auch seien der Verteidigerin in der Folge weitere Schreiben des Generalbundesanwalts und des Landgerichts erst verspätet zugeleitet worden.
Rz. 7
b) Die Voraussetzungen für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§ 44, 45 StPO) gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision liegen nicht vor.
Rz. 8
Der Angeklagte selbst war ebenso wie seine Verteidigerin bereits durch das Schreiben des Generalbundesanwalts vom 18. August 2022 auf die Unwirksamkeit der bisher eingereichten Revisionsbegründung vom 6. Juli 2022 und auf die Möglichkeit, einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen, ausdrücklich hingewiesen worden. Dieses Schreiben wurde ihm am 26. August 2022 persönlich zugestellt. Der Angeklagte war auch unter Berücksichtigung der im Urteil festgestellten psychischen Beeinträchtigungen in der Lage, einen solchen Antrag zu stellen wie die von ihm persönlich eingelegte Revision mit einer gemäß § 345 Abs. 2 StPO formunwirksamen Revisionsbegründung vom 16. Mai 2022 belegt. Die erst am 7. November 2022 beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist folglich nicht ohne Verschulden (§ 44 Satz 1 StPO) nicht fristgemäß (§ 45 Abs. 1 StPO) erfolgt (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 19. Juli 2022 - 4 StR 68/22 Rn. 5 und vom 30. November 2017 - 3 StR 539/17 Rn. 2). Für eine gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 StPO von Amts wegen zu gewährende Wiedereinsetzung in den vorigen Stand besteht kein Anlass.
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Fundstellen
Dokument-Index HI15555010 |