Verfahrensgang
LG Paderborn (Urteil vom 10.11.2017) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 10. November 2017 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
- soweit der Angeklagte in den Fällen II. 4 bis 9 der Urteilsgründe wegen unerlaubten gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Dopingmitteln verurteilt worden ist,
- im Gesamtstrafenausspruch.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Dopingmitteln in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Die Verurteilung wegen unerlaubten gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Dopingmitteln gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 2b i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AntidopG in den Fällen II. 1 bis 3 der Urteilsgründe hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
Rz. 3
Die Strafvorschrift des § 4 Abs. 1 AntidopG ist verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BGH, Beschluss vom 7. August 2018 – 3 StR 345/17, Rn. 13 ff.). Auch die Annahme eines (mit-)täterschaftlichen Handeltreibens weist keinen Rechtsfehler auf. Zwar hat die Strafkammer auf eine nähere Darlegung ihrer rechtlichen Bewertung verzichtet. Den Urteilsgründen lässt sich aber noch hinreichend entnehmen, dass der Angeklagte an dem über das Internet betriebenen Handel mit konsumfähigen Dopingstoffen des anderweitig verfolgten „B.” nicht lediglich als Gehilfe (§ 27 StGB), sondern als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) beteiligt war. Die von ihm unter Zuhilfenahme eines Strohmannes in der Zeit von Oktober 2016 bis zum 28. Februar 2017 organisierte dreimalige Beschaffung von Dopingmittelgrundstoffen aus China war eine wesentliche Voraussetzung für den von „B.” betriebenen Internethandel. Seine Tathandlungen stellen sich dabei als eine Ergänzung des Tatbeitrags des „B.” dar (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 14. Februar 2017 – 4 StR 578/16, NStZ-RR 2017, 146 f. mwN).
Rz. 4
2. Die Verurteilung wegen unerlaubten gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Dopingmitteln gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 2b i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AntidopG in den Fällen II. 4 bis 9 der Urteilsgründe kann dagegen nicht bestehen bleiben.
Rz. 5
a) Nach den Urteilsgründen verkaufte der Angeklagte von September 2016 bis einschließlich Februar 2017 monatlich gebrauchsfertige Dopingmittel, deren genaue Menge nicht mehr festgestellt werden konnte, an Kunden aus der Bodybuilder-Szene in P. und Umgebung. Bei den Stoffen handelte es sich um Testosteron-Enanthat, Testosteron-Propionat und Sustanon. Dabei erzielte er Einnahmen in Höhe von mindestens 1.000 Euro im Monat.
Rz. 6
b) Diese Feststellungen reichen für die Annahme eines Handeltreibens mit Dopingmitteln gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 AntidopG in sechs Fällen nicht aus. Auch hat die Strafkammer mögliche Bewertungseinheiten nicht bedacht.
Rz. 7
aa) Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Handeltreiben” in § 4 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 2 AntidopG ist auf die zu dem gleichlautenden Merkmal in § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG entwickelten Grundsätze zurückzugreifen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. August 2018 – 3 StR 345/17, Rn. 18; Volkmer in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 9. Aufl., § 4 AntiDopG Rn. 29 f.; BT-Drucks. 18/4898, S. 23). Dies gilt sowohl hinsichtlich der Mindestfeststellungen als auch mit Blick auf mögliche rechtliche Bewertungseinheiten, wenn ein und derselbe Güterumsatz Gegenstand der strafrechtlichen Bewertung ist (vgl. BGH, Beschluss vom 7. August 2018 – 3 StR 345/17, Rn. 18 mwN).
Rz. 8
bb) Daran gemessen ist die pauschale Beschreibung, der Angeklagte habe monatlich gebrauchsfertige Dopingmittel (Testosteron-Enanthat, Testosteron-Propionat und Sustanon) an verschiedene Kunden aus der Bodybuilder-Szene verkauft, für die Feststellung einer Straftat nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 AntidopG unzureichend. Es fehlt jede Individualisierung, die eine Unterscheidung von anderen gleichartigen Taten zuließe. Auch wäre die Angabe einer Mindestmenge erforderlich gewesen (vgl. dazu die Nachweise bei Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 9. Aufl., § 29 BtMG Rn. 365 f.). Zudem hätte sich das Landgericht mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob die verkauften Dopingmittel ganz oder teilweise aus den unter II. 1 und 2 der Urteilsgründe festgestellten Beschaffungstaten stammten und deshalb insoweit Bewertungseinheiten vorlagen. Zur Erörterung bestand Anlass, weil der geständige Angeklagte angegeben hat, für die Beschaffung von Dopingmittelgrundstoffen aus China von seinem Mittäter „B.” neben Geld auch „konsumfähige Doping-präparate” erhalten und diese an seine Abnehmer weiterverkauft zu haben (UA 6).
Rz. 9
c) Die Teilaufhebung führt zum Wegfall der insoweit verhängten Einzelstrafen und entzieht dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage. Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
Unterschriften
Sost-Scheible, Roggenbuck, Quentin, Feilcke, Bartel
Fundstellen
Haufe-Index 13002690 |
NStZ-RR 2019, 155 |
SpuRt 2019, 133 |
StV 2020, 315 |