Leitsatz (amtlich)
Die Ausschlussfrist des § 2 Satz 1 VBVG gilt nicht für die Vergütung des Nachlassverwalters.
Normenkette
VBVG § 2 S. 1; BGB § 1915 Abs. 1 S. 1, § 1987
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2) werden der Beschluss des 20. Zivilsenats des OLG Frankfurt vom 25.4.2017 und das Verfahren aufgehoben, soweit darin der Antrag der Beteiligten zu 2) vom 14.2.2013 auf Vergütung für ihre Tätigkeit als Nachlassverwalterin für die Zeit vor dem 19.12.2008 zurückgewiesen worden ist.
Die weitergehende Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2) und die Anschlussrechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1) werden zurückgewiesen.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 76.695,50 EUR festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
I. Die Beteiligten zu 3) bis 5) und deren am 13.12.2015 verstorbene Schwester sind die Kinder und gesetzlichen Erben des am 31.5.2008 verstorbenen Erblassers. Auf Antrag der Erben ordnete das Nachlassgericht mit Beschluss vom 16.7.2008 Nachlassverwaltung an. Als Nachlassverwalterin wurde auf Vorschlag der Erben die Beteiligte zu 2) bestellt.
Rz. 2
Im Februar 2010 erklärte sie, das Amt aus gesundheitlichen Gründen niederlegen zu müssen. In einem am 19.3.2010 beim Nachlassgericht eingegangenen Schreiben bat sie um schriftliche Bestätigung der Amtsniederlegung. Dem lag eine an den Nachlass gerichtete Rechnung für ihre Tätigkeit als Nachlassverwalterin in der Zeit vom 17.7.2008 bis 12.2.2010 über 594 Arbeitsstunden zu je 100 EUR bei. Am 8.4.2010 wurde an ihrer Stelle der Beteiligte zu 1) zum Nachlassverwalter bestellt. Am 14.2.2013 beantragte die Beteiligte zu 2) beim Nachlassgericht die Festsetzung ihrer Vergütung auf 76.695,50 EUR. Dem lag nunmehr eine Aufstellung ihrer Arbeitszeit als Nachlassverwalterin (644,5 Stunden) in der Zeit vom 17.7.2008 bis 20.7.2010 zugrunde.
Rz. 3
Das Nachlassgericht hat die Vergütung wie beantragt festgesetzt. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) hat das Beschwerdegericht mit dem angefochtenen Beschluss die Entscheidung des Nachlassgerichts teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags der Beteiligten zu 2) die Vergütung für ihre Tätigkeit als Nachlassverwalterin im Zeitraum 17.7.2008 bis 6.2.2012i.H.v. 25.912,25 EUR gegen den vom Beteiligten zu 1) verwalteten Nachlass festgesetzt. Hiergegen richten sich die vom OLG zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2) und die Anschlussrechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1).
Rz. 4
II. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist teilweise begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens, soweit der Antrag der Beteiligten zu 2) auf Festsetzung ihrer Vergütung als Nachlassverwalterin für die Zeit vor dem 19.12.2008 zurückgewiesen worden ist, unter Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht (§ 74 Abs. 6 Satz 2 Alt. 1 FamFG).
Rz. 5
1. Das Beschwerdegericht (FGPrax 2017, 177 = FamRZ 2017, 1881) hat ausgeführt, die Beteiligte zu 2) sei - ausgehend vom Eingang ihres Vergütungsantrags am 19.3.2010 - mit allen Vergütungsansprüchen vor dem 19.12.2008 ausgeschlossen.
Rz. 6
Nach §§ 1915 Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 3 BGB i.V.m. § 2 Satz 1 VBVG erlösche der Vergütungsanspruch des Nachlassverwalters, wenn er nicht binnen 15 Monaten ab der Entstehung beim Nachlassgericht geltend gemacht werde. Der Nachlassverwalter sei in Anlehnung an § 1836 BGB zu vergüten, da die Nachlassverwaltung nach der Legaldefinition in § 1975 BGB eine Nachlasspflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassgläubiger sei. Als Unterart der Pflegschaft fänden auf sie über § 1915 Abs. 1 BGB die Vorschriften über die Vormundschaft Anwendung, soweit sich nicht etwas anderes daraus ergebe, dass die Pflegschaft einen Nachlass betreffe sowie einen regelmäßig unbekannten Pflegling. § 1987 BGB habe daneben keine völlig eigenständige Bedeutung, sondern bestimme nur, dass der Nachlassverwalter immer zu vergüten sei, wobei es auf seine berufsmäßige Tätigkeit nicht ankomme.
Rz. 7
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der gegebenen Begründung durfte das Beschwerdegericht den Antrag der Beteiligten zu 2) auf Festsetzung der Vergütung, soweit dieser Vergütungsansprüche vor dem 19.12.2008 betrifft, nicht zurückweisen, denn diese Ansprüche sind nicht nach § 2 Satz 1 VBVG erloschen.
Rz. 8
a) Die Frage, ob für den Vergütungsanspruch des Nachlassverwalters die Ausschlussfrist des § 2 Satz 1 VBVG gem. §§ 1915 Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 3 BGB gilt, wird in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beurteilt.
Rz. 9
aa) Neben dem Beschwerdegericht vertreten das Saarländische OLG (NJW-RR 2015, 844 Rz. 31 f. mit zust. Anm. Stein, NZFam 2015, 574) sowie ein Teil der Literatur (Erman/Horn, BGB, 15. Aufl., § 1987 Rz. 2; Palandt/Weidlich, BGB, 77. Aufl., § 1987 Rz. 1; BeckOGK-VBVG/Bohnert, § 2 Rz. 8 (Stand: 1.11.2017); vgl. auch MünchKomm/BGB/Küpper, 7. Aufl., § 1987 Rz. 3) die Auffassung, dass auch bei einem Vergütungsfestsetzungsantrag des Nachlassverwalters die 15-monatige Ausschlussfrist des § 2 Satz 1 VBVG zu beachten sei.
Rz. 10
bb) Demgegenüber hält die überwiegende Auffassung im Schrifttum die Bestimmung des § 2 Satz 1 VBVG auf den Fall der Nachlassverwaltung wegen des mit der Regelung verfolgten Zwecks für nicht entsprechend anwendbar (Staudinger/Dobler, BGB (2016) § 1987 Rz. 19; BeckOGK-BGB/Herzog, § 1987 Rz. 30 (Stand: 1.12.2017); jurisPK/BGB/Klinck, 8. Aufl., § 1987 Rz. 8, der allerdings nunmehr in Rz. 8.1 [Aktualisierung vom 5.9.2017] Zweifel äußert; Graf in Firsching/Graf, Nachlassrecht 10. Aufl. Rz. 4.848; Jochum/Pohl, Nachlasspflegschaft 5. Aufl. Rz. 1135; Schulz in Groll, Praxis-Handbuch Erbrechtsberatung 4. Aufl. Abschnitt C Rz. 169; Homann, Die Vergütung von Nachlasspfleger, Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter und Nachlassinsolvenzverwalter 2007 S. 184 f.; Otte, ZEV 2004, 9, 11; vgl. auch Rudolf/Eckhardt, ZErbR 2006, 112 ff. zur Vergütung des Nachlasspflegers).
Rz. 11
b) Die letztgenannte Auffassung trifft im Ergebnis zu. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts gilt die Ausschlussfrist des § 2 Satz 1 VBVG nicht für die Vergütung des Nachlassverwalters. Zwar ist die Nachlassverwaltung gem. § 1975 BGB eine Unterart der Nachlasspflegschaft und die Ausschlussfrist auf die Vergütung des berufsmäßig tätigen Nachlasspflegers anwendbar (vgl. BGH v. 24.10.2012 - IV ZB 13/12, ZEV 2013, 84 Rz. 7). Aber gem. § 1915 Abs. 1 Satz 1 BGB finden die für die Vormundschaft geltenden Vorschriften nur insoweit entsprechende Anwendung, als sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt. Für die Vergütung des Nachlassverwalters enthält § 1987 BGB jedoch eine von der Vormundschaft und der Nachlasspflegschaft im Übrigen abweichende Bestimmung, so dass die für die Vergütung des Vormunds geltenden Vorschriften einschließlich der Ausschlussfrist des § 2 Satz 1 VBVG dort nicht entsprechend gelten.
Rz. 12
aa) § 1987 BGB bestimmt zunächst, dass der Nachlassverwalter, anders als der Vormund oder sonstige Pfleger, stets zu vergüten ist. Grund dieser Regelung ist, dass der Nachlassverwalter zu einer Amtsübernahme nicht verpflichtet ist und seine Tätigkeit vorrangig den privaten Interessen des Erben und der Nachlassgläubiger dient (Erman/Horn, BGB, 15. Aufl., § 1987 Rz. 1; BeckOGK-BGB/Herzog, § 1987 Rz. 2 (Stand: 1.12.2017); Staudinger/Dobler, BGB (2016) § 1987 Rz. 1; jurisPK/BGB/Klinck, 8. Aufl., § 1987 Rz. 1; MünchKomm/BGB/Küpper, 7. Aufl., § 1987 Rz. 1; vgl. auch Protokolle zum BGB, Bd. V 1899 S. 820). § 1987 BGB spricht dem Nachlassverwalter darüber hinaus einen Anspruch auf eine "angemessene" Vergütung zu. Insoweit ist der Nachlassverwalter - anders als der Nachlasspfleger - dem Testamentsvollstrecker, § 2221 BGB, gleichgestellt (vgl. MünchKomm/BGB/Küpper, 7. Aufl., § 1987 Rz. 1; Homann, Die Vergütung von Nachlasspfleger, Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter und Nachlassinsolvenzverwalter 2007 S. 164). § 1987 BGB regelt damit den Vergütungsanspruch des Nachlassverwalters nach Grund und Höhe eigenständig und abschließend (vgl. Staudinger/Dobler, BGB (2016) § 1987 Rz. 3 f.; MünchKomm/BGB/Küpper, 7. Aufl., § 1987 Rz. 2; Graf in Firsching/Graf, Nachlassrecht 10. Aufl. Rz. 4.848; Klingelhöffer, Vermögensverwaltung in Nachlasssachen 2002 Rz. 126; Jochum/Pohl, Nachlasspflegschaft 5. Aufl. Rz. 1129; Pfeuffer in Roth/Pfeuffer, Praxishandbuch für Nachlassinsolvenzverfahren 2009 S. 281; Schulz in Groll, Praxis-Handbuch Erbrechtsberatung 4. Aufl. Abschnitt C Rz. 170; Fromm, ZEV 2006, 298, 300; Otte, ZEV 2004, 9, 11). Daher geht der speziell für den Nachlassverwalter geschaffene § 1987 BGB der allgemeinen Regelung in §§ 1915 Abs. 1, 1836 Abs. 1 BGB vor (vgl. Staudinger/Dobler, BGB (2016) § 1987 Rz. 4; BeckOGK-BGB/Herzog, § 1987 Rz. 2 (Stand: 1.12.2017)).
Rz. 13
Damit ist der Nachlassverwalter von vornherein aus dem Anwendungsbereich des § 1836 BGB, der für den Vormund und gem. § 1915 Abs. 1 Satz 1 BGB auch für sonstige Pfleger gilt, ausgenommen. Nach § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB wird dem grundsätzlich unentgeltlich tätigen Vormund oder Pfleger bei einer berufsmäßigen Führung der Vormundschaft oder Pflegschaft ausnahmsweise ein Vergütungsanspruch gewährt. Nur für diesen Vergütungsanspruch gilt dann aber nach § 1836 Abs. 1 Satz 3 das VBVG einschließlich seines § 2 Satz 1.
Rz. 14
bb) Allein dieses Ergebnis wird auch dem Zweck der Ausschlussfrist gerecht. § 2 Satz 1 VBVG entspricht - wie das Beschwerdegericht insoweit zutreffend erkannt hat - sinngemäß der bis zum 30.6.2005 geltenden Regelung in § 1836 Abs. 2 Satz 4 BGB (BT-Drucks. 15/4874, 30), die vor allem im Interesse der Staatskasse geschaffen worden war (BT-Drucks. 13/7158, 22 f., 27). Sie soll - wie die vergleichbaren Bestimmungen in den §§ 1835 Abs. 1 Satz 3, 1835a Abs. 4 BGB - den Vormund zur zügigen Geltendmachung seiner Ansprüche anhalten, um zu verhindern, dass Ansprüche in einer Höhe auflaufen, welche die Leistungsfähigkeit des Mündels überfordert, seine Mittellosigkeit begründet und damit eine Eintrittspflicht der Staatskasse auslöst, die bei einer rechtzeitigen Inanspruchnahme nicht begründet gewesen wäre (vgl. BT-Drucks. 13/7158, 27; vgl. auch BGH v. 24.10.2012 - IV ZB 13/12, ZEV 2013, 84 Rz. 9; BGH, Beschl. v. 6.11.2013 - XII ZB 86/13, NJW 2014, 1007 Rz. 20; v. 25.11.2015 - XII ZB 261/13, NJW-RR 2016, 129 Rz. 15; BVerfG FamRZ 2015, 2040 Rz. 15; OLG Köln FamRZ 2013, 1837, 1838 [juris Rz. 10]; OLG Naumburg Rpfleger 2012, 319, 320 [juris Rz. 13]; Fröschle in MünchKomm/BGB, 7. Aufl., § 2 VBVG Rz. 1; Palandt/Götz, BGB, 77. Aufl. Anh. zu § 1836 (VBVG), § 2 Rz. 1; jurisPK/BGB/Jaschinski, 8. Aufl., § 2 VBVG Rz. 1).
Rz. 15
Anders als bei der Nachlasspflegschaft (vgl. insoweit Senatsbeschluss vom 24.10.2012, a.a.O.) steht dieser mit der Einführung der Ausschlussfrist vom Gesetzgeber verfolgte - verfassungsrechtlich legitime (BVerfG, a.a.O.) - Zweck einer Reduzierung der (Ersatz-)Haftung der Staatskasse (vgl. zu § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB: BGH, Beschl. v. 5.10.2016 - XII ZB 464/15, NJW 2017, 574 Rz. 23) bei der Nachlassverwaltung nicht in Rede. Während § 1960 BGB das Nachlassgericht unter den dort genannten Voraussetzungen als Ausfluss der staatlichen Fürsorge- und Aufsichtspflicht und damit im öffentlichen Interesse von Amts wegen verpflichtet, vorübergehend für die Sicherung und Erhaltung des Nachlasses zu sorgen (vgl. Palandt/Weidlich, BGB, 77. Aufl., § 1960 Rz. 1), erfolgt die Anordnung der Nachlassverwaltung nur auf Antrag und dient - wie schon ausgeführt - vorrangig den privaten Interessen des Erben und der Nachlassgläubiger.
Rz. 16
Demgemäß scheidet bei der Nachlassverwaltung eine subsidiäre Haftung der Staatskasse für die Vergütung des Nachlassverwalters auch dann aus, wenn der Nachlass mittellos ist (vgl. KG FamRZ 2006, 559 [juris Rz. 4]; Staudinger/Dobler, BGB (2016) § 1987 Rz. 18; BeckOGK-BGB/Herzog, § 1987 Rz. 13.1 (Stand: 1.12.2017); Joachim in Burandt/Rojahn, Erbrecht 2. Aufl., § 1987 BGB Rz. 2; ders., Die Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten 3. Aufl. Rz. 299; jurisPK/BGB/Klinck, 8. Aufl., § 1987 Rz. 6; MünchKomm/BGB/Küpper, 7. Aufl., § 1987 Rz. 3; BeckOK/BGB/Lohmann, § 1987 Rz. 4 (Stand: 1.11.2017); Soergel/Stein, BGB, 13. Aufl., § 1987 Rz. 4; Jauernig/Stürner, BGB, 16. Aufl., § 1987 Rz. 1; Palandt/Weidlich, a.a.O., § 1987 Rz. 1; Jochum/Pohl, Nachlasspflegschaft, 5. Aufl. Rz. 1133; Wiester in MAH Erbrecht, 4. Aufl., § 24 Rz. 84; Homann, Die Vergütung von Nachlasspfleger, Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter und Nachlassinsolvenzverwalter 2007 S. 184 f.; vgl. auch RG SeuffArch 69 [1914] Nr. 161; a.A. Zimmermann, ZEV 2007, 519, 520 f.).
Rz. 17
c) Da sich das Beschwerdegericht bislang - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - mit der Angemessenheit der von der Beteiligten zu 2) für die Zeit vor dem 19.12.2008 geltend gemachten Vergütung nicht befasst hat, ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif, weil hierfür die tatsächlichen Feststellungen nicht ausreichen.
Rz. 18
3. Soweit das Beschwerdegericht für die Zeit nach dem 19.12.2008 die Vergütung der Beteiligten zu 2) auf einen geringeren Betrag festgesetzt hat als beantragt, lässt der angefochtene Beschluss keine rechtlichen Fehler erkennen.
Rz. 19
III. Die Anschlussrechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Rz. 20
1. Entgegen der Auffassung der Anschlussrechtsbeschwerdeerwiderung begegnet allerdings ihre Zulässigkeit keinen Bedenken. Die Frage, ob bei einer beschränkten Zulassung der Rechtsbeschwerde zwischen dem Streitgegenstand der Haupt- und dem der Anschlussrechtsbeschwerde wenigstens ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang bestehen müsste (vgl. zu § 554 ZPO: BGH, Urt. v. 22.11.2007 - I ZR 74/05, BGHZ 174, 244 Rz. 40 f.; zu § 556 ZPO a.F.: BGH, Urt. v. 21.6.2001 - IX ZR 73/00, BGHZ 148, 156 [juris Rz. 42]), stellt sich hier nicht, da die Rechtsbeschwerde uneingeschränkt zugelassen worden ist. Die Erklärung des Beschwerdegerichts, die umstrittene Frage der Anwendbarkeit des § 2 VBVG auf die Vergütung des Nachlassverwalters habe grundsätzliche Bedeutung, ist nicht als inhaltliche Beschränkung der - nach dem Tenor unbeschränkten - Zulassungsentscheidung zu verstehen, sondern dient nur der Begründung der Zulassung.
Rz. 21
2. Die Anschlussrechtsbeschwerde ist aber unbegründet. Die Annahme des Beschwerdegerichts, die Tätigkeiten der Beteiligten zu 2) als Nachlassverwalterin seien ausgehend von einem einheitlichen, insgesamt angemessenen Stundensatz von 100 EUR in der festgesetzten Höhe zu vergüten, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Rz. 22
a) Die Vergütung des Nachlassverwalters ist angemessen i.S.v. § 1987 BGB, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls der Billigkeit entspricht. Ihrer Natur nach kann die Vergütung nur im Rahmen eines Ermessensspielraums bestimmt werden (vgl. zu § 2221 BGB: BGH v. 27.10.2004 - IV ZR 243/03, ZEV 2005, 22 unter 1b [juris Rz. 9]). Die Ausübung des Ermessens hinsichtlich der Vergütungshöhe ist in der Rechtsbeschwerde nur beschränkt daraufhin zu überprüfen, ob das Gericht den Tatsachenstoff vollständig gewürdigt, die Denkgesetze, Auslegungsgrundsätze und die Ermessensgrenzen beachtet hat (BGH, Beschl. v. 31.8.2000 - XII ZB 217/99, BGHZ 145, 104, 112 unter II 2b [juris Rz. 21]; vgl. auch BGH, Beschl. v. 31.5.2017 - XII ZB 590/16, NJW-RR 2017, 965 Rz. 11).
Rz. 23
Das Beschwerdegericht hat die Grenzen dieses Ermessens nicht dadurch überschritten, dass es seiner Vergütungsfestsetzung die Vorschriften zur Vergütung des Pflegers nach §§ 1915 Abs. 1, 1836 Abs. 1 BGB unmittelbar zugrunde gelegt hat, obwohl sich der Vergütungsanspruch des Nachlassverwalters aus § 1987 BGB ergibt. Im Hinblick auf die Kriterien zur Ausfüllung der Angemessenheit enthält § 1987 BGB keine entgegenstehenden Bestimmungen (Homann, Die Vergütung von Nachlasspfleger, Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter und Nachlassinsolvenzverwalter 2007 S. 172). Auch bei der Bemessung der angemessenen Nachlassverwaltervergütung nach § 1987 BGB kann daher auf die in § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB für die Vergütung des Pflegers genannten Kriterien der für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnisse sowie auf Umfang und Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte zurückgegriffen werden (Staudinger/Dobler, BGB (2016) § 1987 Rz. 5; vgl. auch Homann, a.a.O., S. 180). Von diesen Grundsätzen ist das Beschwerdegericht - wie auch die Anschlussrechtsbeschwerde einräumt - ausgegangen.
Rz. 24
Die Rüge der Anschlussrechtsbeschwerde, das Beschwerdegericht habe sein Ermessen unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ausgeübt, indem es den Einwand des Beteiligten zu 1) unberücksichtigt gelassen habe, die Beteiligte zu 2) habe während der Ausübung der Nachlassverwaltung zumindest teilweise keine Bürokosten zu tragen gehabt, ist unbegründet. Die Bürokosten der Beteiligten zu 2) waren für die Vergütungsfestsetzung des Beschwerdegerichts ohne Bedeutung. Das Beschwerdegericht hat den Stundensatz allein mit den in § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB genannten Umständen und nicht mit dem finanziellen Aufwand der Beteiligten zu 2) begründet. Dies entspricht der weithin vertretenen Ansicht, dass die Bürokosten des Nachlassverwalters nicht in die Vergütung einfließen, sondern Aufwendungen sind, die - soweit trennbar - gesondert zu ersetzen sind (BayObLG Rpfleger 1985, 402, 403; BeckOK/BGB/Lohmann, § 1987 Rz. 2 (Stand: 1.11.2017); BeckOGK-BGB/Herzog, § 1987 Rz. 10 (Stand: 1.12.2017); jurisPK/BGB/Klinck, 8. Aufl., § 1987 Rz. 5; Soergel/Stein, BGB, 13. Aufl., § 1987 Rz. 2; a.A. OLG Schleswig FamRZ 2012, 1903; OLG Brandenburg ZEV 2010, 637, 638 [juris Rz. 16]; Palandt/Weidlich, BGB, 77. Aufl., § 1960 Rz. 23).
Rz. 25
Ebenso wenig überschreitet die Einordnung der Nachlassverwaltung als schwierig die Grenzen des dem Beschwerdegericht eingeräumten Ermessen. Entgegen der Ansicht der Anschlussrechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht nicht dem Vortrag des Beteiligten zu 1) entnommen, dass es sich hier um einen schwierigen Fall der Nachlassverwaltung handele, sondern nur unter Verweis auf die auch vom Beteiligten zu 1) bestätigten Tatsachen zur Zusammensetzung des Nachlasses seine eigene rechtliche Bewertung der Schwierigkeit vorgenommen.
Rz. 26
b) Soweit die Anschlussrechtsbeschwerde schließlich rügt, das Beschwerdegericht habe die von der Beteiligten zu 2) abgerechneten Zeitintervalle von einer halben Stunde für geringfügige Tätigkeiten, die innerhalb von Minuten zu bewerkstelligen gewesen seien, unbeanstandet gelassen, ist darauf hinzuweisen, dass das Beschwerdegericht bisher noch keinen Anlass hatte, sich mit diesem Einwand zu befassen, soweit es den Zeitraum vor dem 19.12.2008 betrifft.
Rz. 27
c) Die im Übrigen vom Beteiligten zu 1) gerügten Positionen hat das Beschwerdegericht im Rahmen des ihm eingeräumten Schätzungsermessens zeitlich jeweils um die Hälfte gekürzt. Dass es hierbei wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. BGH, Urt. v. 8.12.1987 - VI ZR 53/87, BGHZ 102, 322, 330 unter II 2b [juris Rz. 26]; Keidel/Meyer-Holz, FamFG 19. Aufl., § 72 Rz. 9), ist nicht ersichtlich. Entgegen der Auffassung der Anschlussrechtsbeschwerde muss der zu berücksichtigende Zeitaufwand nicht minutengenau belegt werden. Ausreichend ist, dass die Angaben die Feststellung der ungefähren Größenordnung ermöglichen und Grundlage einer ggf. durchzuführenden Schätzung entsprechend § 287 ZPO sein können (OLG München, Beschl. v. 16.3.2015 - 31 Wx 81/14, juris Rz. 7).
Fundstellen
Haufe-Index 11649900 |
NJW 2018, 2960 |
FamRZ 2018, 958 |
FuR 2018, 560 |
JurBüro 2018, 319 |
JurBüro 2018, 388 |
ZAP 2018, 482 |
ZEV 2018, 394 |
BtPrax 2018, 163 |
JZ 2018, 368 |
MDR 2018, 679 |
Rpfleger 2018, 461 |
ErbR 2018, 338 |
ErbStB 2018, 378 |
EE 2018, 91 |