Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestellung zum Institutsverwalter. Vorschlagsrecht bei Bestellung des Zwangsverwalters
Leitsatz (redaktionell)
Zur Bindung des Vollstreckungsgerichtes an den Vorschlag der Gläubigerin bei der Auswahl des Zwangsverwalters ist Voraussetzung, dass der Vorgeschlagene Beamter der vorschlagenden Körperschaft oder Arbeitnehmer der Gläubigerin ist. Ein Vertragsverhältnis zwischen der Gläubigerin und einem Rechtsanwalt reicht hierfür nicht aus.
Normenkette
ZVG § 150a
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 03.08.2004; Aktenzeichen 81 T 529/04) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 81 des LG Berlin v. 3.8.2004 wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 EUR.
Gründe
I.
Mit Schriftsatz v. 19.2.2004 beantragte die Gläubigerin, aus einer eingetragenen Grundschuld die Zwangsverwaltung eines Grundstücks in B.-N. anzuordnen. Sie erklärte, die Haftung des Verwalters gem. § 154 S. 1 ZVG zu übernehmen und beantragte, Rechtsanwalt W. gem. § 150a ZVG zum Verwalter zu bestellen. Rechtsanwalt W. sei bei ihr beschäftigt.
Nach einer Zwischenverfügung ordnete das AG mit Beschluss v. 15.4.2004 die Zwangsverwaltung des Grundstücks an und bestellte Rechtsanwältin H. zur Verwalterin. Die Bestellung von Rechtsanwalt W. lehnte es ab, weil er in keinem festen Arbeitsverhältnis zu der Gläubigerin stehe.
Gegen diesen Beschluss hat die Gläubigerin sofortige Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, die Bestellung von Rechtsanwältin H. aufzuheben und an ihrer Stelle Rechtsanwalt W. zum Verwalter zu bestellen, hilfsweise ihr unter Aufhebung des Beschlusses des AG eine Frist zum Vorschlag eines anderen Institutsverwalters zu setzen. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, Rechtsanwalt W. habe sich durch Vertrag v. 1.2.2004 verpflichtet, auf ihr Verlangen die Zwangsverwaltung von ihr beliehener Grundstücke zu übernehmen. Das LG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihre Anträge weiter.
II.
Das Beschwerdegericht meint, die Bestellung zum Institutsverwalter setze voraus, dass der Vorgeschlagene in einem festen Arbeitsverhältnis zu dem Gläubiger stehe. Dem genüge der Vertrag zwischen der Gläubigerin und Rechtsanwalt W. nicht.
III.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
1. Die Bestellung von Rechtsanwalt W. zum Verwalter ist zu Recht abgelehnt worden. Gemäß § 150a ZVG sind öffentliche Körperschaften, unter staatlicher Aufsicht stehende Institute, Hypothekenbanken und Siedlungsunternehmen i.S.d. Reichssiedlungsgesetzes berechtigt, eine in ihren "Diensten stehende Person als Verwalter vorzuschlagen". An den Vorschlag ist das Vollstreckungsgericht nach Maßgabe von § 150a Abs. 2 S. 1 ZVG gebunden.
Die Gläubigerin ist Hypothekenbank und damit gem. § 150a Abs. 1 ZVG vorschlagsberechtigt. Der Vorschlag, Rechtsanwalt W. zum Zwangsverwalter zu bestellen, bindet das Vollstreckungsgericht aber nicht, weil Rechtsanwalt W. nicht i.S.v. § 150a ZVG in den Diensten der Gläubigerin steht. In den Diensten des Vorschlagenden im Sinne dieser Vorschrift steht nur, wer in einem Arbeits- oder Beamtenverhältnis zu dem Vorschlagenden steht. Das folgt aus dem Wortlaut, der Geschichte und der Systematik von § 150a ZVG.
Der Zwangsverwalter ist ein besonderes Rechtspflegeorgan. Er übt seine Tätigkeit auf Grund eigenen Rechts aus, das ihm mit der Ernennung übertragen wird (Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 3. Aufl., § 150a ZVG Rz. 2; Steiner/Hagemann, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 152 ZVG Rz. 17; Weis, ZInsO 2004, 233 [234]). Er ist von Weisungen des Schuldners und des Gläubigers unabhängig und unterliegt gem. § 153 ZVG bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben nur den Vorgaben des Vollstreckungsgerichts (Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 3. Aufl., § 1 ZwVwV Rz. 4). Hierbei hat er die berechtigten Interessen des Schuldners und des Gläubigers zu beachten. Das Vollstreckungsgericht überwacht seine Tätigkeit und wacht so über Inhalt und Art der Ausführung seines Amtes (Motive zum ZVG, S. 330; Dassler/Muth, ZVG, 11. Aufl., § 153 Rz. 1; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 3. Aufl., § 1 ZwVwV Rz. 22). Die Auswahl des Verwalters erfolgt nach pflichtgemäßem Ermessen des Vollstreckungsgerichts (Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 3. Aufl., § 150a ZVG Rz. 11). Die Bestellung eines Verwalters, der sich in einer rechtlichen oder tatsächlichen Beziehung zu einem Beteiligten des Zwangsverwaltungsverfahrens befindet, scheidet grundsätzlich aus (Stöber, ZVG, 17. Aufl., § 150 Rz. 2 Anm. 2.6).
Von diesem Grundsatz macht § 150a ZVG eine Ausnahme. Erfüllt der Gläubiger die in § 150a Abs. 1 ZVG genannten Eigenschaften, ist er berechtigt, "eine in seinen Diensten stehende Person als Verwalter" vorzuschlagen. An den Vorschlag ist das Vollstreckungsgericht nach Maßgabe von § 150a Abs. 2 S. 1 ZVG gebunden. Die Bestimmung ist durch das Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiet der Zwangsversteigerung v. 20.8.1953 (BGBl. Teil I, 952 ff.) in das Zwangsversteigerungsgesetz eingeführt worden. Die Vorschrift war jedoch nicht neu. Sie entspricht vielmehr wörtlich § 10 der durch das Gesetz v. 20.8.1953 aufgehobenen Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiet der Zwangsvollstreckung v. 26.5.1933 (RGBl. I, 302 ff., ZwVVO). § 10 ZwVVO stimmte wiederum wörtlich mit § 10 des Dritten Titels der Vierten Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutze des inneren Friedens v. 8.12.1931 (RGBl. I, 1931, 699 ff., 710 f.) überein. Ziel der in der Weltwirtschaftskrise erlassenen Verordnung war es, die mit der Bestellung eines Zwangsverwalters verbundenen Kosten dadurch zu verringern, dass der sog. Institutsverwalter keine Vergütung gem. § 153 Abs. 1 ZVG erhält und das Verwaltungsverfahren so weniger aufwändig ist (LG Berlin JW 1936, 2364 Nr. 57; Jonas, Das Zwangsvollstreckungsnotrecht, 9. Aufl. 1934, § 10 ZwVVO Anm. 1; Jonas/Pohle, Zwangsvollstreckungsnotrecht, 12. Aufl., § 10 ZwVVO Anm. 1). Die Verordnung v. 8.12.1931 lehnte sich ihrerseits an die im Ersten Weltkrieg erlassene Bekanntmachung über die Zwangsvollstreckung von Grundstücken v. 22.4.1915 (RGBl. I, 233 ff.) an (Jonas/Pohle, Zwangsvollstreckungsnotrecht, 12. Aufl., § 10 ZwVVO Anm. 1; Jonas/Pohle, Das Zwangsvollstreckungsnotrecht, 9. Aufl. 1934, § 10 ZwVVO Anm. 1). Nach § 3 der Bekanntmachung konnte "eine unter staatlicher Aufsicht stehende Anstalt" eine in ihren Diensten befindliche Person als Verwalter vorschlagen. Der Vorgeschlagene war zu bestellen, eine Vergütung erhielt er nicht. Die Bindung des Vollstreckungsgerichts an den Vorschlag setzte indessen voraus, dass es sich bei dem Gläubiger um eine unter staatlicher Aufsicht stehende Anstalt handelte. Daran hat sich der Sache nach durch § 10 ZwVVO und § 150a ZVG nichts geändert. Der Verzicht auf den Grundsatz, nur eine von dem Gläubiger unabhängige Person zum Verwalter zu bestellen, und das Entfallen des Auswahlermessens des Vollstreckungsgerichts finden ihren Grund darin, dass die staatliche Aufsicht über den vorschlagsberechtigten Gläubiger trotz der rechtlichen Beziehung zwischen dem Vorgeschlagenen und dem Gläubiger Gewähr für die Ordnungsmäßigkeit der Amtsführung des Vorgeschlagenen bietet. So verhält es sich indessen nur, wenn sich die Tätigkeit des bediensteten Verwalters ggü. der jeweiligen Aufsichtsbehörde als Tätigkeit des Gläubigers darstellt. Das setzt voraus, dass der Vorgeschlagene Beamter der vorschlagenden Körperschaft oder Arbeitnehmer des Gläubigers ist.
Ein Vertragsverhältnis zwischen dem Gläubiger und einem Rechtsanwalt, einem Hausverwalter oder einem gewerbsmäßigen Zwangsverwalter führt nicht zu der vom Gesetz vorausgesetzten Eingliederung des Betroffenen in das Institut oder Unternehmen des Gläubigers i.S.d. Aufsichtsrechts. Das verhält sich auch dann nicht anders, wenn sich der Betroffene ggü. dem Gläubiger verpflichtet hat, in sämtlichen von dem Gläubiger betriebenen Zwangsverwaltungsverfahren das Amt des Verwalters zu übernehmen. Das wird in der von der Gläubigerin in einem anderen Verfahren erwirkten unveröffentlichten Entscheidung des LG Heidelberg v. 8.7.2004 übersehen, während von der, soweit ersichtlich gesamten, juristischen Literatur als Voraussetzung einer bindenden Wirkung des Gläubigervorschlags im Ergebnis zutreffend verlangt wird, dass sich der Vorgeschlagene in einem Beamten- oder Arbeitsverhältnis zu dem Vorschlagenden befindet (Dassler/Schiffhauer/Gerhard, ZVG, 11. Aufl., § 150a Anm. 2c; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, ZVG, 11. Aufl., § 150a ZVG Rz. 30; Mohrbutter/Drieschler/Radtke/Tiedemann, Die Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungspraxis, 7. Aufl., § 148 1.; Stöber, ZVG, 17. Aufl., § 150a ZVG Rz. 3, Anm. 3.1; Steiner/Hagemann, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 150a ZVG Rz. 9; Jonas, Das Zwangsvollstreckungsnotrecht, 9. Aufl. 1934, § 10 ZwVVO Anm. 2; Jonas/Pohle, Das Zwangsvollstreckungsnotrecht, 12. Aufl., § 10 ZwVVO Anm. 2; Jonas/Pohle, Zwangsvollstreckungsnotrecht, 16. Aufl., § 150a ZVG Anm. 2; Weis, ZInsO 2004, 233 [236]).
2. Die angefochtene Entscheidung ist im Ergebnis auch insoweit nicht zu beanstanden, als das Beschwerdegericht die Bestellung von Rechtsanwältin H. zur Zwangsverwalterin bestätigt und der Gläubigerin keine Frist zum Vorschlag eines anderen Zwangsverwalters gesetzt hat.
a) Die Gläubigerin hat die Anordnung der Zwangsverwaltung des Grundstücks beantragt. Ihr steht hinsichtlich der Person des Zwangsverwalters gem. § 150a Abs. 1 ZVG ein Vorschlagsrecht, nicht jedoch ein Benennungsrecht zu. Damit kommt eine Auslegung ihres Antrags dahin grundsätzlich nicht in Betracht, die Zwangsverwaltung sei nur für den Fall der Bestellung von Rechtsanwalt W. zum Verwalter beantragt. Möchte die Gläubigerin die Zwangsverwaltung des Grundstücks und die Tätigkeit von Rechtsanwältin H. beenden, kann sie dies durch Rücknahme ihres Antrags jederzeit herbeiführen.
b) Soweit die Gläubigerin mit ihrem hilfsweise gestellten Antrag erstrebt, ihr eine Frist zum Vorschlag eines anderen Verwalters zu setzen, ist die Beschwerde unzulässig und die Rechtsbeschwerde aus diesem Grund zurückzuweisen.
Das Recht des Gläubigers, einen Verwalter vorzuschlagen, ist grundsätzlich nicht befristet. Die durch § 150a Abs. 1 ZVG dem Vollstreckungsgericht eingeräumte Möglichkeit, das Recht zu befristen, greift dann, wenn ein vorschlagsberechtigter Gläubiger in dem Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung keinen oder keinen geeigneten Verwalter vorgeschlagen hat. Denn die Anordnung der Verwaltung und die kostenträchtige Bestellung eines Verwalters können in diesem Fall dem Interesse des Gläubigers zuwider laufen. Dem soll § 150a Abs. 1 ZVG dadurch entgegen wirken, dass das Vollstreckungsgericht dem Gläubiger eine Frist für den Vorschlag eines geeigneten Verwalters setzt und so das Vorschlagsrecht des Gläubigers beschränkt. Mit Fristablauf erlischt das Recht des Gläubigers. Das Vollstreckungsgericht kann nunmehr ohne Rücksicht auf das Vorschlagsrecht des Gläubigers die Zwangsverwaltung anordnen und einen von ihm ausgewählten Verwalter bestellen.
Hat das Gericht es unterlassen, dem Gläubiger eine Frist zum Vorschlag eines Verwalters zu setzen und die Zwangsverwaltung angeordnet, besteht das Vorschlagsrecht des Gläubigers fort. Ein gem. § 150a Abs. 1 ZVG vorschlagsberechtigter Gläubiger kann jederzeit einen geeigneten Verwalter vorschlagen und so die Ablösung des bestellten Verwalters herbeiführen (Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, ZVG, 11. Aufl., § 150a ZVG Rz. 29; Mohrbutter/Drieschler/Radtke/Tiedemann, Die Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungspraxis, 7. Aufl., § 148 4.). Die Fristsetzungsbefugnis, erweitert die Rechtsstellung der Gläubigerin nicht, sondern beschränkt sie (Stöber, ZVG, 17. Aufl., § 150a ZVG Rz. 2 Anm. 2.3c; Jonas/Pohle, Zwangsverwaltungsnotrecht, 16. Aufl., § 150a ZVG Anm. 6). Diese Beschränkung ist jedoch kein Ziel, das er mit einem Rechtsmittel zulässig verfolgen kann.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen