Leitsatz (amtlich)
Der Zwangsverwalter ist befugt, einen auf dem beschlagnahmten Grundstück geführten grundstücksbezogenen Gewerbebetrieb des Schuldners fortzuführen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Nutzung des Grundstücks erforderlich ist und er dabei nicht in Rechte des Schuldners an Betriebsmitteln eingreift, die unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu dem Gewerbebetrieb absolut geschützt sind.
Normenkette
ZVG § 152 Abs. 1; ZwVwV § 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Stralsund (Beschluss vom 16.07.2004; Aktenzeichen 2 T 268/04) |
AG Bergen/Rügen |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Stralsund v. 16.7.2004 aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des AG Bergen auf Rügen v. 3.5.2004 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren hat der Schuldner zu tragen.
Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 3.000 EUR.
Gründe
I.
Im Januar 2004 ordnete das AG Bergen auf Rügen auf Antrag der Gläubigerin die Zwangsverwaltung des im Rubrum bezeichneten Grundstücks des Schuldners an, auf dem dieser ein Schlosshotel mit zwei Restaurants betrieb. Der zum Zwangsverwalter bestellte Rechtsanwalt beantragte nach der Inbesitznahme des Grundstücks die Genehmigung, das Hotel - zumindest vorübergehend - selbst zu betreiben.
Mit Beschluss v. 3.5.2004 hat das AG dem Verwalter die beantragte Genehmigung für die Übergangszeit bis zum Abschluss eines Pachtvertrags mit einem Dritten erteilt. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners hat das LG Stralsund den Beschluss des AG aufgehoben.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung der Schuldner beantragt, erstrebt die Gläubigerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
II.
Die gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
1. Das Beschwerdegericht hält eine Fortführung des Hotelbetriebs durch den Zwangsverwalter für unzulässig, weil sich seine Befugnisse auf das beschlagnahmte Grundstück und die mithaftenden Gegenstände beschränkten. Der Gewerbebetrieb des Schuldners, zu dem auch immaterielle Betriebsmittel wie Firmenname, Beziehungen zu Kunden und Lieferanten, Betriebsorganisation und Geschäftsbücher gehörten, sei demgegenüber beschlagnahmefrei. Den Gläubigern gebührten deshalb nur die Einnahmen aus dem Verwaltungsobjekt, nicht aber die Einnahmen aus dem Gewerbebetrieb. Das gelte auch dann, wenn sich Grundstück und Gewerbebetrieb, wie hier, praktisch nicht trennen ließen. Dass der Schuldner dem Zwangsverwalter die Buchungsunterlagen für das Hotel überlassen habe, sei unmaßgeblich, da dieser auch mit Zustimmung des Schuldners nicht befugt sei, einen Gewerbebetrieb auf dem beschlagnahmten Grundstück fortzuführen. Einer sinnvollen Zwangsverwaltung seien damit zwar Grenzen gesetzt, jedoch dürften die Unterschiede zwischen der Zwangsverwaltung und einem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners nicht verwischt werden.
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Zutreffend geht das Beschwerdegericht allerdings davon aus, dass es sich bei der Zwangsverwaltung um eine Einzelvollstreckungsmaßnahme handelt und sich die Befugnisse des Zwangsverwalters auf den von der Beschlagnahme erfassten Teil des schuldnerischen Vermögens beschränken. Betreibt der Schuldner auf dem beschlagnahmten Grundstück ein gewerbliches Unternehmen, teilt sich sein Vermögen mit der Anordnung der Zwangsverwaltung deshalb in einen beschlagnahmten, insb. das Betriebsgrundstück nebst Zubehör (§§ 148 Abs. 1, 20 Abs. 2 ZVG, §§ 1120, 94, 97, 98 BGB) umfassenden Teil und in das Übrige, von der Beschlagnahme unberührte Betriebsvermögen (OLG Hamm v. 28.2.1994 - 15 W 369/93, OLGReport Hamm 1994, 131, m.w.N.). Der Zwangsverwalter übt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nur hinsichtlich des beschlagnahmten Teils aus, hier also hinsichtlich des Grundstücks, der darauf befindlichen Gebäude und des dem Schuldner gehörenden Betriebsinventars, zu dem u.a. die Einrichtung von Hotel, Restaurants und Küche sowie Geschirr, Wäsche und Vorräte zählen (BGH v. 2.11.1982 - VI ZR 131/81, BGHZ 85, 234 [237 f.] = MDR 1983, 388; Vollkommer, AP BGB, § 613a Nr. 19 Bl. 216).
b) Nicht gefolgt werden kann dem Beschwerdegericht aber, soweit es den Zwangsverwalter deshalb rechtlich gehindert sieht, die bisherige gewerbliche Nutzung des Grundstücks als Hotel aufrechtzuerhalten.
Allerdings erfasst die Beschlagnahme eines Grundstücks im Zwangsverwaltungsverfahren einen auf dem Grundstück ausgeübten Gewerbebetrieb des Schuldners als solchen nicht (allg. M.: OLG Hamm v. 28.2.1994 - 15 W 369/93, OLGReport Hamm 1994, 131; Stöber, ZVG, 17. Aufl., § 152 Anm. 6.6; Vollkommer, AP BGB, § 613a Nr. 19 Bl. 216; Hintzen, Rpfleger 1992, 310). Ist dieser von dem Grundbesitz "ablösbar", kann er also auch an einem anderen Ort ausgeübt werden, steht außer Zweifel, dass der Zwangsverwalter den Betrieb nicht fortführen darf, sondern dem Schuldner entweder die Räume gegen ein angemessenes Entgelt vermieten oder ihn von dem Grundstück verweisen muss (OLG Celle v. 18.7.1989 - 4 W 108/89, Rpfleger 1989, 519 [520]; OLG Dresden v. 3.6.1998 - 13 W 599/98, MDR 1999, 889 [890]; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 3. Aufl., § 5 ZwVwV Rz. 19).
Umstritten sind die Befugnisse des Zwangsverwalters dagegen bei Betrieben, die auf der Grundlage eines für eine bestimmte gewerbliche Nutzung dauerhaft ausgebauten Grundstücks geführt werden, deren wirtschaftlicher Schwerpunkt also auf dem Grundstück liegt (BGH v. 2.11.1982 - VI ZR 131/81, BGHZ 85, 234 [237 f.] = MDR 1983, 388). Solche grundstücksbezogenen Unternehmen, wie etwa Hotel, Gaststätte, Freizeitpark (OLG Hamm v. 28.2.1994 - 15 W 369/93, OLGReport Hamm 1994, 131) oder Kurklinik (BAG, Urt. v. 9.1.1980 - 5 AZR 21/78, NJW 1980, 2148), lassen sich einerseits von dem beschlagnahmten Grundstück nicht lösen, andererseits kann auch das Grundstück i.d.R. wirtschaftlich sinnvoll nur zu dem Zweck genutzt werden, für das es besonders eingerichtet ist.
aa) Im Hinblick auf die Verpflichtung, das beschlagnahmte Grundstück in seinem Bestand und damit auch in seinem besonderen Nutzungswert zu erhalten (§ 152 Abs. 1 ZVG), wird der Zwangsverwalter überwiegend als berechtigt angesehen, ein grundstücksbezogenes Unternehmen im eigenen Namen fortzusetzen, wenn dies in tatsächlicher Hinsicht möglich und ohne Verletzung anderweitiger gesetzlicher Vorschriften durchführbar ist (RGZ 135, 197 [202]; OLG Celle v. 18.7.1989 - 4 W 108/89, Rpfleger 1989, 519; OLG Dresden v. 3.6.1998 - 13 W 599/98, MDR 1999, 889, für eine Tankstelle mit Waschanlage; FG Saarl. v. 12.1.2001 - 1 K 86/00, EFG 2001, 606 [608]; LAG Bremen v. 6.2.1987 - 4 Sa 328/85, DB 1987, 1847; LG Trier v. 17.11.1988 - 4 T 74/88, Rpfleger 1989, 76; Mohrbutter/Drischler/Radtke/Tiedemann, Die Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungspraxis, 7. Aufl., S. 835 [887]; Vollkommer, AP BGB, § 613a, Nr. 19; Meyer-Stolte, EWiR 1990, 103; Dauenheimer, BB 1979, 989 [990]; Herold, DB 1958, 1063 f.; Berges, KTS 1956, 113 [115]; wohl auch: Selke, ZfIR 2002, 622 [624 ff.]; RGZ 93, 1 [3]).
bb) Nach einer anderen Auffassung soll der Zwangsverwalter ein grundstücksbezogenes Unternehmen des Schuldners dagegen weder verpachten noch selbst fortführen dürfen. Andernfalls werde in dessen Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und damit in ein selbstständiges, von der Zwangsverwaltung nicht erfasstes Rechtsgut eingegriffen (OLG Hamm v. 28.2.1994 - 15 W 369/93, OLGReport Hamm 1994, 131; Stöber, ZVG, 17. Aufl., § 152 Anm. 6.6. ff.; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 3. Aufl., Einl. 37 u. § 5 ZwVwV Rz. 14 ff.; Steiner/Hagemann, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 152 ZVG Rz. 81 ff.; Dassler/Muth, ZVG, 12. Aufl., § 152 Rz. 18; Eickmann, Zwangsversteigerung- und Zwangsverwaltungsrecht, 2. Aufl., S. 408 f.; Hintzen, Rpfleger 1992, 310). Dies gelte unabhängig davon, ob der Schuldner einer Betriebsfortführung zustimme, denn der in § 152 ZVG festgelegte Aufgabenkreis des Zwangsverwalters könne von den Verfahrensbeteiligten nicht erweitert werden (Stöber, ZVG, 17. Aufl., § 152 Anm. 6.8; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 3. Aufl., § 5 ZwVwV Rz. 13; Steiner/Hagemann, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 152 ZVG Rz. 85; insoweit a.A.: OLG Celle v. 18.7.1989 - 4 W 108/89, Rpfleger 1989, 519 [520]; LG Bamberg v. 26.2.1992 - 3 T 7/92, Rpfleger 1992, 309; Richardi, RdA 1976, 56). Wolle der Gläubiger auf die Einnahmen aus dem Gewerbebetrieb zugreifen, und sei es nur mittelbar durch Überlassung des Gewerbebetriebs an einen Pächter, könne er dies nur in einem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners erreichen (OLG Hamm v. 28.2.1994 - 15 W 369/93, OLGReport Hamm 1994, 131 [132]).
cc) Diese Auffassung überzeugt indessen nicht.
(1.) Die Aufgaben des Zwangsverwalters bestimmen sich durch den Zweck der Zwangsverwaltung, die Ansprüche der Gläubiger aus den Nutzungen des beschlagnahmten Grundstücks zu befriedigen. Er hat deshalb das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsgemäß zu benutzen (§ 152 Abs. 1 ZVG; BGH, Beschl. v. 10 Dezember 2004, IXa ZB 231/03, BGHReport 2005, 602 = MDR 2005, 653 = WM 2005, 244 [245]). Dabei soll die bei der Anordnung der Verwaltung bestehende Art der Grundstücksnutzung beibehalten werden (§ 5 Abs. 1 ZwVwV).
Sind hierzu gewerbliche Tätigkeiten erforderlich, gehören auch sie zu den Aufgaben des Zwangsverwalters (allg. M.: Stöber, ZVG, 17. Aufl., § 152 Anm. 6.2; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 3. Aufl., § 5 ZwVwV Rz. 17; Steiner/Hagemann, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 152 ZVG Rz. 94; Dassler/Muth, ZVG, 12. Aufl., § 152 Rz. 19). Wie die umfassende Einbeziehung von Grundstückszubehör in die Verwaltungsmasse (§ 148 Abs. 1 ZVG) und das Recht zur Hinzuziehung von Hilfskräften (§ 1 Abs. 2 S. 4 ZwVwV) deutlich machen, ist der Verwalter dabei nicht auf die reine Bodennutzung beschränkt (Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 3. Aufl., § 5 ZwVwV Rz. 11). Auch unternehmerischen Tätigkeiten wie der Betrieb eines Parkhauses, eines Campingplatzes oder einer Tennishalle werden allgemein für zulässig erachtet (Stöber, ZVG, 17. Aufl., § 152 Anm. 6.3; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 3. Aufl., § 5 ZwVwV Rz. 17; Steiner/Hagemann, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 152 Rz. 100).
(2.) (a.) Die rechtlichen Grenzen einer solchen, zur ordnungsgemäßen Nutzung des Grundstücks erforderlichen, gewerblichen Tätigkeit des Zwangsverwalters bestimmen sich nicht danach, ob mit ihr eine Betriebsfortführung verbunden ist. Richtig ist zwar, dass der Zwangsverwalter nicht zur Fortführung des - nicht beschlagnahmten - Gewerbebetriebs des Schuldners berufen ist. Hierauf zielt seine im eigenen Namen und auf Rechnung der Masse ausgeübte Tätigkeit aber auch nicht ab, wenn er ein grundstücksbezogenes Unternehmen fortsetzt. Dem Zwangsverwalter kommt es darauf an, das beschlagnahmte Grundstück seinem besonderen wirtschaftlichen Gepräge gemäß zu nutzen. Wenn er sich vor diesem Hintergrund entschließt, den Gewerbebetrieb des Schuldners aufrechtzuerhalten, insb. dessen Angestellten und die vorhandene Betriebsorganisation zu übernehmen, maßt er sich nicht die Stellung eines Insolvenzverwalters an (so aber: OLG Hamm v. 28.2.1994 - 15 W 369/93, OLGReport Hamm 1994, 131 [132]); insb. ist mit seiner Entscheidung keine "Universalsukzession" in alle den Gewerbebetrieb betreffenden Schuldverhältnisse des Schuldners verbunden (BAG, Urt. v. 9.1.1980 - 5 AZR 21/78, NJW 1980, 2148 [2149]). Der Zwangsverwalter greift allein zum Zweck der ordnungsgemäßen Nutzung des Grundstücks auf die vorhandenen Betriebsstrukturen zurück, weil es in aller Regel unsinnig ist, diese abzuwickeln, um anschließend einen neuen Betrieb gleicher wirtschaftlicher Prägung einzurichten (so aber der Vorschlag von: Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 3. Aufl., § 5 ZwVwV Rz. 11). Dies mag sich mittelbar als Verfügung über beschlagnahmtes Vermögen (vgl. BGH v. 26.4.1991 - V ZR 53/90, BGHZ 114, 277 [282 f.] = MDR 1991, 1167) und arbeitsrechtlich als Fortführung des schuldnerischen Betriebs (BAG, Urt. v. 9.1.1980 - 5 AZR 21/78, NJW 1980, 2148 [2149]) darstellen. In erster Line erfüllt der Zwangsverwalter aber die ihm durch § 152 ZVG gesetzlich zugewiesene Aufgabe, die durch das Grundstück nebst Bestandteilen und Zubehör verkörperte wirtschaftliche Sachgesamtheit (Dauenheimer, BB 1979, 989 [990]) zu erhalten und im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung zum Zwecke der Zwangsverwaltung zu nutzen (RGZ 135, 197 [202]).
(b.) Gehindert an der Fortführung eines grundstücksbezogenen Unternehmens ist der Zwangsverwalter nur insoweit, als er damit in unzulässigerweise Weise in nicht beschlagnahmte Rechte des Schuldners eingreift (so zutreffend Vollkommer, AP BGB § 613a Nr. 19 Bl. 217). Entgegen der unter II. 2. b) bb) dargestellten Auffassung ist das nicht deshalb der Fall, weil der Zwangsverwalter bei Fortführung des schuldnerischen Gewerbebetriebs mittelbar auch dessen - nicht der Beschlagnahme unterliegenden - immaterielle Bestandteile nutzt.
(aa) Es fehlt bereits an einem Eingriff in den Schutzbereich des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.
Geschäftsidee und -organisation, Know-how, good will, Kundenstamm, Lieferantenbeziehungen und ähnliche immaterielle Betriebsmittel sind für sich genommen kein sonstiges Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB. Sie werden einem solchen nur gleichgestellt, wenn auf ihrer Grundlage ein Betrieb eingerichtet und ausgeübt wird, also nur, soweit sie Teil einer bestehenden wirtschaftlichen Einheit sind (Erman/Schiemann, BGB, 11. Aufl., § 823 Rz. 55). Auch kann das Recht am eingerichteten Gewerbebetrieb nur gegen "betriebsbezogene" Eingriffe, also gegen Beeinträchtigungen in Anspruch genommen werden, die die Grundlagen des Betriebs bedrohen, den Funktionszusammenhang der Betriebsmittel auf längere Zeit aufheben oder die Tätigkeit des Inhabers als solche in Frage stellen (BGH, Urt. v. 18.1.1983, VI ZR 270/80, MDR 1983, 390 = NJW 1983, 812 [813]). Ein abwehrfähiger Eingriff setzt mithin einen im Zeitpunkt der Verletzungshandlung noch bestehenden Funktionszusammenhang der Betriebsmittel voraus.
Ein solcher Zusammenhang ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Zwangsverwalters, einen auf dem beschlagnahmten Grundstück geführten Gewerbebetrieb des Schuldners fortzusetzen, jedoch nicht mehr vorhanden. Die organisatorische Einheit des Betriebsvermögens ist bereits mit der - durch die Anordnung der Zwangsverwaltung bewirkte (§§ 20 Abs. 1, 146 Abs. 1 ZVG) - Beschlagnahme des Grundstücks zerfallen (so auch: Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 3. Aufl., § 5 ZwVwV Rz. 11). Die Beschlagnahme hat zur Folge, dass der Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Betriebsgrundstück und - weil die einem grundstücksbezogenen Unternehmen zugeordneten Sachen in aller Regel als Zubehör des Betriebsgrundstücks anzusehen sind (BGH v. 2.11.1982 - VI ZR 131/81, BGHZ 85, 234 [237] = MDR 1983, 388) - über die gesamten auf dem Grundstück befindlichen sächlichen Betriebsmittel verliert (§§ 148, 20 Abs. 2 ZVG, §§ 1120, 94, 97, 98 BGB). Damit ist der Schuldner außer Stande, seinen Gewerbebetrieb aufrechtzuerhalten (Vollkommer, AP BGB, § 613a Nr. 19 Bl. 216; Herold, DB 1958, 1063). Bewirkt aber bereits die Anordnung der Zwangsverwaltung das Auseinanderfallen der Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über das materielle und immaterielle Betriebsvermögen, greift die spätere Entscheidung des Zwangsverwalters, den Betrieb im eigenen Namen fortzusetzen, nicht in einen bestehenden Funktionszusammenhang von Betriebsmitteln ein. Sie führt - im Gegenteil - zur Wiederherstellung der wirtschaftlichen und organisatorischen Einheit.
(bb.) Im Übrigen fehlte es auch an der Rechtswidrigkeit eines Eingriffs. Das Recht am Gewerbebetrieb stellt einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Interessen- und Güterabwägung mit der im Einzelfall konkret kollidierenden Interessensphäre anderer ergeben (st.Rspr.: BGH, Urt. v. 21.4.1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311 [318] = MDR 1998, 841, m.w.N.). Die Rechtswidrigkeit eines Eingriffs wird hier nicht indiziert, sondern ist in jedem Einzelfall unter Heranziehung aller Umstände zu prüfen (BGH, Urt. v. 30.5.1972 - VI ZR 6/71, BGHZ 59, 30 [34]). Bei der danach gebotenen Abwägung der Interessen des Schuldners mit denen der die Vollstreckung betreibenden Gläubiger stellt sich die Fortführung des Betriebs durch den Zwangsverwalter nicht als unzulässig dar, sondern erweist sich geradezu als geboten.
Dürfte der Zwangsverwalter einen grundstücksbezogenen Gewerbebetrieb nicht fortführen und nicht an Dritte verpachten, müsste er ihn schließen oder das Grundstück dem Schuldner gegen Entgelt überlassen. Die zuletzt genannte Möglichkeit wird häufig unzweckmäßig sein, insb. wenn das Zahlungsverhalten des Schuldners in der Vergangenheit Anlass zur Zwangsvollstreckung gegeben hat und deshalb zu erwarten ist, dass der Schuldner auch das Nutzungsentgelt alsbald schuldig bleiben wird. Das Recht am Gewerbebetrieb verpflichtet den Zwangsverwalter auch nicht, dem Schuldner die Fortführung seines Gewerbebetriebs zu ermöglichen, denn es schützt nicht vor den Auswirkungen einer rechtmäßigen Zwangsvollstreckung in Teile des Unternehmens (BGH v. 13.3.1979 - VI ZR 117/77, BGHZ 74, 9 [14 f.]).
Eine auch nur vorübergehende Schließung des Betriebs führt regelmäßig zu erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen für das Grundstück und für das Unternehmen; sie liegt daher weder im Interesse der Gläubiger noch des Schuldners. Für die Zwecke der Zwangsverwaltung lässt sich das Grundstück dann nur nutzbar machen, wenn sich ein geeigneter Pächter findet, dem es lohnend erscheint, darauf einen neuen Betrieb zu eröffnen. Das wird vor allem dann kaum aussichtsreich sein, wenn mit der Zwangsverwaltung - wie häufig, und so auch hier - die Zwangsversteigerung des Grundstücks eingeleitet worden ist, ein Pächter nach deren Abschluss also mit einer Sonderkündigung des Erstehers (§ 57a ZVG) rechnen muss (OLG Celle v. 18.7.1989 - 4 W 108/89, Rpfleger 1989, 519; Selke, ZfIR 2002, 622 [625]).
Aus Sicht des Schuldners ist zu berücksichtigen, dass die Zwangsverwaltung nur als vorübergehende Maßnahme gedacht ist; sie ist aufzuheben, sobald die Ansprüche der Gläubiger befriedigt sind (§ 161 Abs. 2 ZVG). Mit der Aufhebung der Zwangsverwaltung erlangt der Schuldner wieder die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnisse über sein Grundstück und die von der Beschlagnahme erfassten sächlichen Betriebsmittel. Hiermit ist ihm freilich wenig gedient, wenn sein Gewerbebetrieb im Rahmen der Zwangsverwaltung eingestellt und so, infolge des Auseinanderlaufens der Belegschaft und des Verlusts der Kunden, am Boden liegt oder gar zerstört ist. Demgegenüber stellt es die mildere Belastung dar, wenn der Betrieb im Rahmen einer ordnungsgemäßen Nutzung des Grundstücks durch den Zwangsverwalter fortgeführt worden ist (so auch: Selke, ZfIR 2002, 622 [625]).
Auch soweit die Zwangsverwaltung in erster Linie mit dem Ziel beantragt worden ist, die Zwangsversteigerung vorzubereiten (dazu: BGH, Beschl. v. 10.12.2004, IXa ZB 231/03, BGHReport 2005, 602 = MDR 2005, 653 = WM 2005, 244 [245]), liegt die Aufrechterhaltung der bisherigen gewerblichen Nutzung des Grundstücks im Interesse des Schuldners. Sie ist i.d.R. eher als eine Betriebsschließung geeignet, den Versteigerungserlös günstig zu beeinflussen, führt also nicht nur zu höheren Einnahmen der Gläubiger, sondern auch zu einer weiter gehenden Rückführung der Verbindlichkeiten des Schuldners (OLG Celle v. 18.7.1989 - 4 W 108/89, Rpfleger 1989, 519).
(c.) Der Fortführung eines Gewerbebetriebs stehen Rechte des Schuldners damit nur entgegen, soweit diese unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zum Unternehmen durch § 823 Abs. 1 BGB geschützt sind, wie etwa gewerbliche Schutzrechte, Namensrechte oder das Eigentum an Geschäftsbüchern. Ihre Nutzung kann der Zwangsverwalter aber über vertragliche Regelungen mit dem Schuldner erreichen (BAG, Urt. v. 9.1.1980 - 5 AZR 21/78, NJW 1980, 2148 [2149]; Vollkommer, AP BGB, § 613a Nr. 19 Bl. 217; für zulässig halten dies im Allgemeinen auch: Stöber, ZVG, 17. Aufl., § 152 ZVG Anm. 6.8; Steiner/Hagemann, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 152 ZVG Rz. 91).
3. Nach diesen Grundsätzen ist der Zwangsverwalter hier befugt, den Hotelbetrieb des Schuldners fortzuführen. Dass er in beschlagnahmefreie und unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zum Gewerbebetrieb geschützte Rechtspositionen des Schuldners eingegriffen hätte, behauptet der Schuldner nicht; die Buchungsunterlagen hat er freiwillig an den Zwangsverwalter herausgegeben. Der Schuldner meint lediglich, der Zwangsverwalter dürfe das Hotel nicht selbst führen, sondern müsse es an einen Dritten verpachten. Hierzu mag der Zwangsverwalter nach § 5 Abs. 2 ZvVwV gehalten sein, wenn er einen geeigneten Pächter findet. Solange dies nicht gelingt oder aus anderen Gründen unzweckmäßig erscheint, ist er aus den dargelegten Erwägungen - erforderlichenfalls auch für die gesamte Dauer der Zwangsverwaltung (RGZ 135, 197 [202]) - befugt, den Betrieb selbst fortzusetzen.
III.
Der angefochtene Beschluss kann somit keinen Bestand haben. Der Senat ist in der Lage, in der Sache selbst zu entscheiden, da auch im Übrigen keine Gründe vorliegen, die einer Fortführung des Hotelbetriebs durch den Zwangsverwalter entgegenstehen (§ 577 Abs. 5 ZPO). Insbesondere besitzt er die dazu erforderliche öffentlich-rechtliche Genehmigung in Form einer Stellvertretererlaubnis nach § 9 GastG (Michel/Kienzle/Pauly, Das Gaststättengesetz, 14. Aufl., § 9 Rz. 3). Das führt zur Wiederherstellung der Entscheidung des AG.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1379353 |
BGHZ 2005, 9 |
DB 2005, 2633 |
BGHR 2005, 1140 |
NJW-RR 2005, 1175 |
NZM 2006, 73 |
WM 2005, 1418 |
ZAP 2005, 1066 |
ZIP 2005, 1195 |
ZfIR 2005, 560 |
GewArch 2005, 480 |
InVo 2005, 521 |
MDR 2005, 1251 |
Rpfleger 2005, 557 |
ZInsO 2005, 771 |
GuT 2005, 224 |
NJW-Spezial 2005, 437 |
RENOpraxis 2005, 158 |
ZVI 2005, 494 |