Leitsatz (amtlich)
›Ist der Angeklagte als Alleintäter angeklagt worden, deckt ein Hinweis auf die Möglichkeit einer Verurteilung wegen Beihilfe nicht den Schuldspruch wegen Mittäterschaft ab.‹
Tatbestand
Die Revision hat mit der Verfahrensrüge Erfolg, das Landgericht habe den Angeklagten unter Verletzung des § 265 Abs. 1 StPO nicht darauf hingewiesen, daß er hinsichtlich der Herstellung unechter Urkunden auch als Mittäter verurteilt werden könne. Ein solcher Hinweis war hier deshalb notwendig, weil das Urteil entgegen Anklage und Eröffnungsbeschluß, die hinsichtlich der Herstellung der unechten Urkunden von Alleintäterschaft des Angeklagten ausgegangen waren, wahlweise angenommen hat, der Angeklagte habe entweder die gestohlenen Schecks allein ausgefüllt und unterschrieben oder aber dabei mit einer unbekannt gebliebenen Person zusammengewirkt, die die Unterschriften fälschte. Bei dieser Fallgestaltung ergibt sich die Notwendigkeit des Hinweises daraus, daß als Mittäter auch verurteilt werden kann, wer nicht alle tatbestandsmäßigen Handlungen ausgeführt hat, während Alleintäter nur sein kann, wer selbst den Tatbestand voll verwirklicht hat (vgl. BGH StV 1983, 404; 1983, 403; 1984, 368). Daran ändert nichts, daß die Verurteilung nur wahlweise erfolgt ist (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1973 - 3 StR 247/73 - bei Dallinger MDR 1974, 369).
Ein solcher Hinweis ist hier nicht in ausreichender Weise erfolgt. Zwar hat das Landgericht den Angeklagten darauf hingewiesen, daß statt zehn fortgesetzt begangener Vergehen der Urkundenfälschung auch zehn fortgesetzte Vergehen der Beihilfe zur Urkundenfälschung in Betracht kommen könnten. Aber abgesehen davon, daß dieser Hinweis nicht deutlich machte, auf welche der beiden angeklagten Begehungsweisen - Herstellen und Gebrauchmachen von unechten Urkunden - er sich bezog, deckte der Hinweis auf die Möglichkeit einer Verurteilung wegen Beihilfe nicht den Schuldspruch wegen Mittäterschaft ab. Zwar genügt jeder Hinweis den Anforderungen des § 265 Abs. 1 StPO, der den Angeklagten und seinen Verteidiger in die Lage versetzt, die Verteidigung auf den neuen rechtlichen Gesichtspunkt einzurichten (BGH, Urteil vom 14. Juni 1983 - 1 StR 82/83 - in StV 1983, 404 insoweit nicht abgedruckt). Der Hinweis auf die Möglichkeit einer Verurteilung wegen Beihilfe kann jedoch den Hinweis auf die Verurteilung wegen Mittäterschaft nicht ersetzen. Zur Verurteilung wegen Beihilfe können geringfügige, auch im Vorbereitungsstadium geleistete Hilfen genügen; der Angeklagte kann je nach Sachlage keine Möglichkeit sehen, diesem Schuldvorwurf entgegenzutreten. Der Vorwurf der Mittäterschaft geht weiter; Mittäter kann nur sein, wer den ganzen Erfolg der Straftat als eigene verursachen, insbesondere seine eigene Tätigkeit durch die Handlungen der anderen Teilnehmer vervollständigen und auch deren Tatbeiträge sich zurechnen lassen will (BGH NJW 1951, 410). Gegenüber diesem Vorwurf ist regelmäßig eine andere Verteidigung geboten als gegenüber dem Vorwurf der Beihilfe (vgl. BGH, Beschluß vom 3. November 1982 - 3 StR 338/82 - bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983, 358).
Der Hinweis erübrigte sich hier auch nicht deshalb, weil Anklage und Eröffnungsbeschluß dem Angeklagten hinsichtlich der tateinheitlich angeklagten Begehungsform des Gebrauchmachens von unechten Urkunden bereits wahlweise Mittäterschaft vorgeworfen hatten. Die Begehungsformen des Herstellens und Gebrauchmachens von unechten Urkunden unterscheiden sich derart, daß getrennte Hinweise auf die jeweilige Teilnahmeform geboten sind (vgl. BGH NStZ 1983, 34).
Der Senat kann nicht ausschließen, daß das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht. Die Möglichkeit einer anderen Verteidigung braucht nicht nahezuliegen. Es genügt, daß sie nicht mit Sicherheit auszuschließen ist (BGH, Urteil vom 17. Januar 1974 - 4 StR 601/73 - bei Dallinger MDR 1974, 548). So liegt es hier.
Fundstellen
Haufe-Index 2992789 |
NJW 1985, 2488 |
LM StPO § 248 Nr. 8 |
DRsp IV(457)85a-c |
NStZ 1986, 40 |
wistra 1985, 234 |
JZ 1985, 808 |
MDR 1985, 860 |
StV 1985, 490 |