Leitsatz (amtlich)
Zum Eintritt der Unverfallbarkeit des bei einer Zusatzversorgungseinrichtung des öffentlichen Dienstes erlangten Anrechts auf dynamische Versorgungsrente mit dem Tod des Versicherten (im Anschluß an BGHZ 84, 158).
Normenkette
BGB § 1587a Abs. 2 Nr. 3 S. 3, § 1587e Abs. 4
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Beschluss vom 03.10.1984) |
AG Mönchengladbach-Rheydt |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Rheinischen Zusatzversorgungskasse für Gemeinden und Gemeindeverbände gegen den Beschluß des 5. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 3. Oktober 1984 wird zurückgewiesen.
Die Rh. Zusatzversorgungskasse für Gemeinden und Gemeindeverbände und die Antragstellerin haben die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin je zur Hälfte zu tragen. Im übrigen trägt jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde werden zu 1/16 der Antragsteller in und zu 15/16 der Rh. Zusatzversorgungs- Kasse für Gemeinden und Gemeindeverbände auferlegt.
Beschwerdewert: 1.000 DM.
Tatbestand
I.
Der im Jahre 1915 geborene Ehemann (früher Antragsteller) und die im Jahre 1921 geborene Ehefrau (Antragsgegnerin) haben am 24. Juni 1942 die Ehe geschlossen. Am 23. November 1977 ist der Ehefrau der Scheidungsantrag des Ehemannes zugestellt worden.
Beide Parteien haben während der Ehezeit (1. Juni 1942 bis 31. Oktober 1977, § 1587 Abs. 2 BGB) Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, und zwar der Ehemann in Höhe von monatlich 772,30 DM und die Ehefrau in Höhe von monatlich 301,90 DM. Für den Ehemann bestand außerdem eine Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst bei der Rh. Zusatzversorgungskasse für Gemeinden und Gemeindeverbände (RZVK; weitere Beteiligte zu 3). Aus der Zusatzversorgung hatte er in der Ehezeit eine Anwartschaft auf eine Versicherungsrente aufgrund des Betriebsrentengesetzes in Höhe von monatlich 118,51 DM erlangt. Die Höhe der ehezeitlich erworbenen Anwartschaft auf die bei Ehezeitende noch verfallbare Versorgungsrente hat die Zusatzversorgungskasse in einer Auskunft an das Amtsgericht vom 22. Dezember 1978 mit monatlich 276,60 DM angegeben.
Das Amtsgericht – Familiengericht – hat durch Urteil vom 3. November 1978 die Ehe der Parteien vorab geschieden (insoweit rechtskräftig). Am 25. Februar 1982 ist der Ehemann verstorben. Er ist von seiner zweiten Ehefrau, der jetzigen Antrag stellerin, beerbt worden.
Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich am 1. April 1983 (VAHRG, BGBl I 1983, 105) hat das Amtsgericht den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), weitere Beteiligte zu 1 Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 235,20 DM (Hälfte des Wertunterschiedes zwischen 772,30 DM und 301,90 DM), bezogen aus den 31. Oktober 1977, auf das Konto der Ehefrau bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Rh. (weitere Beteiligte zu 2) übertragen hat. Ferner hat es zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des – verstorbenen – Ehemannes bei der RZVK für die Ehefrau Rentenanwartschaften von monatlich 33,78 DM (Hälfte der auf 67,56 DM dynamisierten Anwartschaft auf die qualifizierte Versicherungsrente von 118,51 DM), bezogen auf den 31. Oktober 1977, bei der LVA Rh. begründet.
Gegen die Entscheidung über den Ausgleich der Zusatzversorgung hat die RZVK Beschwerde eingelegt und geltend gemacht: Die Anwartschaft des Ehemannes aus der Zusatzversorgung dürfe nicht im Wege des Quasi-Splitting nach § 1 Abs. 3 VAHRG zu ihren, der Beschwerdeführerin, Lasten ausgeglichen werden, da der Ehemann bereits vor Inkrafttreten des Härteregelungsgesetzes verstorben sei und das Gesetz keinen rückwirkenden Eingriff in einen bereits abgeschlossenen Lebenssachverhalt, wie er hier vorgelegen habe, rechtfertigen könne.
Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die RZVK mit der zugelassenen weiteren Beschwerde, mit der sie ihre Einwände gegen die Anwendung des § 1 Abs. 3 VAHRG weiter verfolgt. Die Antragsteller in hat eine ebenfalls eingelegte weitere Beschwerde wieder zurückgenommen.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel der RZVK hat keinen Erfolg.
1. Wie der Senat bereits entschieden hat (Beschluß vom 18. September 1985 – IVb ZB 57/84 = FamRZ 1985, 1240) steht einem Quasi-Splitting aufgrund von § 1 Abs. 3 VAHRG nicht entgegen, daß der ausgleichspflichtige Ehegatte bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes verstorben ist. Von diesem Gesetz sind sämtliche noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren über den Versorgungsausgleich erfaßt worden. Daß die Ausgleichsform des Quasi-Splitting in jedem Fall für den Träger der Versorgungslast kostenneutral sein muß, ist gesetzlich nicht vorausgesetzt. Eine verfassungsrechtlich bedenkliche Rückwirkung des Härteregelungsgesetzes kann nicht angenommen werden. Das Härteregelungsgesetz hat nicht in bereits der Vergangenheit angehörende und abgewickelte rechtliche Sachverhalte eingegriffen; denn aus § 1587e Abs. 4 BGB ergibt sich, daß das Versorgungsausgleichsverfahren mit dem Tod des ausgleichspflichtigen Ehegatten nicht abgeschlossen ist. Im einzelnen wird hierzu auf die Gründe des Senatsbeschlusses vom 18. September 1985 verwiesen.
2. Daran ist auch gegenüber den Einwänden der weiteren Beschwerde festzuhalten. Es kann nicht auf rein verfahrensrechtliche Gesichtspunkte ankommen wie auf den Umstand, daß der Versorgungsträger von der Rechtshängigkeit des Versorgungsausgleichsverfahrens zunächst nicht betroffen war. Ohne Bedeutung ist auch, ob der Gesetzgeber bei der Ablösung des Versorgungsausgleichs in der Form der Beitragsentrichtung (§ 1587b Abs. 3 Satz 1 BGB) durch das Härteregelungsgesetz Lösungen hätte finden können, die ein Quasi-Splitting zu Lasten öffentlich-rechtlicher Versorgungsträger vermieden hätten. Wie das Bundesverfassungsgericht zwischenzeitlich durch Urteil vom 8. April 1986 (1 BvR 1186/83 u.a. NJW 1986, 1321) entschieden hat, hätte dies jedenfalls nicht durch eine ausnahmslose Anordnung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs geschehen dürfen. Nach den Gründen dieses Urteils gibt es im Bereich der betrieblichen Altersversorgung keinen verfassungsrechtlichen Grundsatz des Inhalts, daß den Unternehmen jegliche Belastung durch den Versorgungsausgleich bei Betriebsangehörigen selbst dann erspart bleiben müßte, wenn durch eine flexible gesetzliche Ausgestaltung ein spürbares Ausmaß vermieden wird. Daß der Versorgungsausgleich in den verhältnismäßig seltenen Fällen der vorliegenden Art zu einer grundlegenden Beeinträchtigung der Vermögenslage der Zusatzversorgungskassen führen könnte, ist eine fernliegende Annahme, wie der Senat bereits in dem Beschluß vom 18. September 1985 ausgeführt hat.
Die Anwartschaften des verstorbenen Ehemannes aus der Zusatzversorgung bei der RZVK sind nach alledem zu Recht nach Maßgabe des § 1 Abs. 3 VAHRG durch Quasi-Splitting in entsprechender Anwendung des § 1587b Abs. 2 BGB öffentlich-rechtlich ausgeglichen worden.
3. Der Höhe nach haben das Amtsgericht und – ihm folgend – das Oberlandesgericht nur die Anwartschaft des verstorbenen Ehemannes auf die qualifizierte Versicherungsrente in Höhe von monatlich 118,51 DM – nach Dynamisierung in einen Betrag von monatlich 67,56 DM – als unverfallbar in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen. Hingegen haben sie offenbar die Anwartschaft auf die dynamische Versorgungsrente als noch verfallbar behandelt, ohne eine Feststellung darüber zu treffen, ob nicht bei dem im Jahre 1915 geborenen Ehemann mit Vollendung des 65. Lebensjahres und damit bereits vor seinem Tod im Jahre 1982 die Versorgungsrente unverfallbar geworden war (§§ 28 I a, 30 I 1 f der Satzung der RZVK, Senatsbeschluß BGHZ 84, 158, 174). Unabhängig davon wäre aber die Anwartschaft des Ehemannes auf die Versorgungsrente – sofern er im Zeitpunkt seines Todes noch im öffentlichen Dienst beschäftigt und bei einer öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgungseinrichtung pflichtversichert war – jedenfalls mit seinem Tod unverfallbar geworden. Denn mit dem Tod des Versicherten tritt nach den insoweit maßgeblichen Satzungsbestimmungen der öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgungseinrichtungen ein Versicherungsfall ein, der sich allerdings nicht mehr zugunsten des Versicherten selbst, sondern nur noch für seine in die Versicherung mit einbezogenen Hinterbliebenen auswirkt (vgl. hier §§ 36 ff. der Satzung der RZVK). Demgemäß hätte an sich die im Zeitpunkt der Entscheidung unverfallbare ehezeitlich erworbene (Anwartschaft auf die) dynamische Versorgungsrente nach § 1587a Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 BGB im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich berücksichtigt werden müssen.
Dem kann indessen auf das allein von der RZVK eingelegte Rechtsmittel der weiteren Beschwerde aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht (mehr) Rechnung getragen werden. Wie der Senat in dem bereits erwähnten Beschluß vom 18. September 1985 (a.a.O. S. 1241 f) entschieden hat, gilt das Verbot der Schlechterstellung im Verfahren über den Versorgungsausgleich auch zugunsten des Versorgungsträgers, soweit eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung sich für ihn nur nachteilig auswirken kann. Das ist hier der Fall. Eine Berücksichtigung der von dem verstorbenen Ehemann in der Ehezeit erlangten Versorgungsrente (von monatlich 276,60 DM) im Rahmen des vorliegenden Verfahrens über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich würde zu einer Erhöhung des Quasi-Splittings zu Lasten der RZVK führen, die bei Eintritt eines Versorgungsfalles der Ehefrau gemäß § 1304b Abs. 2 Satz 2 RVO entsprechend höhere Erstattungsleistungen an die LVA Rh. zu erbringen hätte.
Auf die weitere Beschwerde kommt daher, auch soweit es die Höhe des Ausgleichsbetrages betrifft, eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht in Betracht.
Unterschriften
Blumenröhr, Krohn, Macke, Zysk, Nonnenkamp
Fundstellen
Haufe-Index 1237682 |
Nachschlagewerk BGH |