Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 04.11.2002) |
Tenor
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 4. November 2002 aufgehoben:
- im Ausspruch über die Einzelstrafe für die gefährliche Körperverletzung (begangen am 13. März 2002) und
- im Gesamtstrafenausspruch.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Tatbestand
I.
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt und ihre Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Hiergegen richtet sich die Revision der Angeklagten, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Entscheidungsgründe
II.
Der Ausspruch über die Einzelstrafe für die gefährliche Körperverletzung (begangen am 13. März 2002) hat keinen Bestand.
Bei dieser Tat hatte die Angeklagte, der der Tatrichter für den Tatzeitpunkt rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen des § 21 StGB zugebilligt hat, dem Opfer mit bedingtem Tötungsvorsatz ein Messer in den Bauch gestoßen, anschließend aber seine Rettung veranlaßt. Zutreffend ist der Tatrichter davon ausgegangen, daß die Angeklagte vom Totschlagsversuch freiwillig zurückgetreten ist.
Bei der Strafzumessung für diese Tat hat der Tatrichter einen minder schweren Fall gemäß § 224 Abs. 1 letzter Halbsatz StGB verneint auch unter Berücksichtigung, daß die Voraussetzungen des § 21 StGB bejaht wurden. Der Tatrichter hat dabei insbesondere strafschärfend gewertet: „Durch ihre Tat hat sich die Angeklagte bewußt über das höchste Rechtsgut eines Menschen hinweggesetzt und letztlich den Tod des Opfers in Kauf genommen.”
Dies ist eine rechtsfehlerhafte Strafzumessungserwägung. Ist der Täter vom Versuch einer Straftat strafbefreiend zurückgetreten, gleichwohl aber wegen eines zugleich verwirklichten vollendeten Delikts zu bestrafen, darf jedenfalls der auf die versuchte Straftat gerichtete Vorsatz nicht strafschärfend berücksichtigt werden (vgl. BGHSt 42, 43 f.). Daß der Tatrichter hier mit dem anschließenden Satz (die Angeklagte hat andererseits nach dem Stich alles unternommen, um das Leben des Geschädigten zu retten) die strafschärfende Überlegung relativiert, räumt den Rechtsfehler nicht in seinem gesamten Gewicht aus. Der Senat kann – trotz der maßvollen Strafe – nicht mit Sicherheit ausschließen, daß der Tatrichter ohne die rechtsfehlerhafte Erwägung eine niedrigere Strafe verhängt hätte.
Hinzu kommt, daß der Tatrichter in den Urteilsgründen nicht deutlich macht, ob er von der Milderungsmöglichkeit gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB Gebrauch gemacht hat. Das Urteil verhält sich hierzu nicht. Die Strafzumessungserwägungen beschränken sich insoweit darauf zu betonen, daß auch die Bejahung der Voraussetzungen des § 21 StGB nicht zur Annahme eines minder schweren Falles führt.
Die Aufhebung der Einzelstrafe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Die zugehörigen Feststellungen können jedoch bestehen bleiben, da sie vom Rechtsfehler nicht berührt sind. Ergänzende – nicht in Widerspruch stehende – Feststellungen sind insoweit möglich.
Die Teilaufhebung zwingt hier nicht zur Aufhebung der weiteren Einzelstrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe für die Tat vom 13. Februar 2002.
Daß der Tatrichter bei dieser zugunsten der Angeklagten gewertet hat, daß neben der Strafe die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden ist, beschwert die Angeklagte jedenfalls nicht.
Unterschriften
Rissing-van Saan, Bode, Rothfuß, Fischer, Roggenbuck
Fundstellen
Haufe-Index 2558838 |
NStZ 2003, 533 |
StV 2003, 616 |
StraFo 2003, 386 |